Schleife.

[6] Früher, wie im dreissigjährigen Kriege die Feinde im Lande waren, schafften die Einwohner all' ihre Sachen an eine Stelle im Sumpfe hinter dem Kathrinenschlosse und gebrauchten dazu »Schleppen«, šlepe; die bestanden aus Holzstücken, mit Weidenruthen verbunden. Daher heisst das Dorf noch heute Slepe.

An dem einen hölzernen, gedeckten Thüreingange, třitwark27, der auf den Kirchhof führt, ist auf der Seite nach der Kirche eine kurze eiserne Kette mit Halseisen, etwa in einer Höhe von drei Fuss. Darin wurden früher Spitzbuben (paduch) festgeschlossen, so dass sie knieen mussten. Gingen die Leute nach der Kirche, so hatte jeder das Recht, dem Spitzbuben mit einer[6] Ruthe einen Schlag zu geben, dass er nicht wieder stehlen sollte. Andere Verbrecher bekamen ein Fass auf die Schultern gesteckt, so dass nur der Kopf heraussah und wurden so von den »Jüngsten« im Dorfe (te młodše)28 herumgeführt.

Früher waren auch vor dem Schulzenhofe im Kreise mannshohe Pfähle eingesetzt; in die wurde einer wegen kleinerer Vergehen auf einige Stunden eingesteckt, do tych kłodow zatkany.

Früher, wenn man Verdacht hatte, ein lediges Mädchen wäre beschwängert (tłusta), so musste das Liebespaar in die Gemeindeversammlung, gromada, kommen und beiderseitig gestehen, ob es wahr wäre; war das der Fall, so mussten sie in der Kirche während des Gottesdienstes vor dem Altare knieen.

In Schleife war das Schloss der Kathrina, ein kleines Gut, und gehörte nach Spremberg hin. Die letzten im Schlosse waren zwei Fräulein; von denen hat die eine den Mühlroser Teichdamm, die andere den Kathrinenteichdamm im Muskauer Thiergarten gebaut. Nachher musste das Dorf Schleife das Gut für 700 Thaler kaufen.

Am Wege von Rohno nach Schleife stehen zwei Steinkreuze seitwärts auf dem Felde. Den dritten Stein hat ein starker Mann bis nach Mulkwitz getragen; da liegt er noch über einem Graben. Auch diese Steine sind verrückt worden. Es sind Generäle (drei Excellenzen erschossen) im Kriege (im 13. Jahrhundert) gefallen und sollen da begraben liegen. Zum Andenken sind die Steinkreuze. Auf einem war früher eine Inschrift mit lateinischen Buchstaben. Der Fleck heisst Swěćetka. S.

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Der (Fuss-) Boden unter diesen třitwarki ist (in der Erde) etwa fusstief ausgehöhlt und leiterartig mit Holzsprossen, welche mehrere Finger breit auseinander liegen, überdeckt, so dass kein Federvieh den Kirchhof betreten kann, auch wenn die Thüren des třitwark geöffnet sind.

28

Die beiden mlodše, von der Gemeinde gewählt, haben im Dorfe z.B. allerhand kundzugeben, schnelle Bestellungen in Gemeinde-Angelegenheiten, wenn eine Kirchen-Collecte gesammelt werden soll u. dgl.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 6-7.
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