20. Der h. Bernhard im Bardenburger Thal.

[46] Im Jahre 1147, lange Zeit bevor das von der luxemburgischen Gräfin Ermesinde gegründete Frauenkloster zu Bardenburg erbaut ward, kamen der h. Bernhard und der Papst Eugen III. mit einem Gefolge von achtzehn Kardinälen und einer großen Anzahl Bischöfe auf ihrer Reise von Reims nach Trier durch das stille Bardenburger Thal, welches damals Beaulieu hieß. Bei dem Herrn von Bardenburg fanden die hohen Kirchenfürsten die gastfreundlichste Aufnahme. Sie blieben einen Tag und eine Nacht auf dem Schlosse und reisten dann weiter.

Nun lag aber jemand in der Familie des Bardenburger Herrn sehr gefährlich krank danieder. Die Angehörigen hofften, als sie von dem Kommen des h. Bernhard hörten, daß dessen Gegenwart genüge, um den Kranken wieder gesund zu machen. Diese Hoffnung sollte nicht zu Schanden werden; denn sobald der Heilige ein kurzes Gebet über den Leidenden gesprochen, war derselbe sogleich vollkommen geheilt.

Der h. Bernhard hatte aber auch von der am Fuße des Bardenberges entspringenden Quelle mit dem wunderklaren Wasser sprechen hören. Dieselbe war bereits von dem in der Umgegend eifrig verehrten[46] h. Remakel, der ein Kapellchen auf einem Hügel ober halb des später entstandenen Klosters hatte, gesegnet worden. Der prophetische Geist des h. Bernhard erschaute die herrliche und ruhmreiche Zukunft, welche dem stillen Thälchen beschieden war. Deshalb segnete auch er die silberhelle Quelle und verlieh ihrem Wasser die Wunderkraft, von verschiedenen Krankheiten zu heilen.

Seitdem wurde die Quelle St. Bernhardsquell genannt und ward ihrer Heilkraft wegen weit und breit berühmt. Zahllose Pilgerscharen strömten jedes Jahr am St. Bernhardsfeste von nah und fern, besonders aber aus dem Arloner Lande nach Clairefontaine, um dort den großen Heiligen zu verehren und von dem gesegneten Quell zu trinken. Wer mit irgendwelcher Krankheit behaftet eines der zu Ehren des h. Bernhard geweihten Kreuze trug und unter Anrufung des Heiligen von dem gesegneten Quellwasser trank, der wurde gesund. Besonders brachte man Kinder, die von einer gewissen Krankheit, der sogenannten »Berenskränkt« befallen waren nach dem St. Bernhardsquell. Noch heute ist man überzeugt, daß Kinder, welche die »Berenskränkt« haben, genesen, sobald sie von dem Wasser der Quelle trinken.

Der Ueberlieferung gemäß nannte man zum Andenken an den hehren Gottesmann von Clairvaux, dessen Statue sich in allen Kirchen des Arloner Landes befindet, das ganze Thal Beaulieu nach der durch seinen Segen berühmt gewordenen klaren Quelle »Clairefontaine«.17

17

Reichling, 14, 15, 16, 147, 148.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 46-47.
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