54. Kaiser Titus auf dem Heidknapp zwischen Tontelingen und der Platinerie-Mühle

[92] Als der römische Kaiser Titus auf dem Heidknapp bei Tontelingen weilte, wo er der Sage nach ein Heerlager aufgeschlagen hatte, vernahm er eines Tages eine Stimme, welche ihn dreimal mit seinem Namen rief und ihn aufforderte, sein Lager abzubrechen und nach einer weit entfernten Stadt im Süden zu ziehen, wo er innerhalb einer gegebenen Frist mit seinem Heere anlangen müsse. Titus war über die geheimnisvolle Stimme und den rätselhaften Befehl sehr erstaunt und rief seine Generäle zusammen, um ihnen das Geschehene mitzuteilen. – »Aber,« sagte er schließlich, indem er auf seine Lanze deutete, »eher wäre es möglich, daß aus diesem dürren Lanzenschaft eine Lilie hervorsprösse, als daß wir die Stadt in der festgesetzten[92] Zeit erreichen könnten!« Und, o Wunder! Kaum hatte Titus das Wort gesprochen, als auch schon eine herrliche schneeweiße Lilie auf seiner Lanze prangte. Da wich jeder Zweifel, und noch in demselben Augenblicke brach Titus mit seinem Heere auf und zog nach dem Süden.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 92-93.
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