Hydrazīn

[691] Hydrazīn (Diamid) H2N-NH2 entsteht als Sulfat N2H4.H2SO4 bei Reduktion von Stickoxydkaliumsulfit mit Natriumamalgam, beim Erwärmen von Triazoessigsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder von Amidoguanidin mit Natronlauge und Fällen des Filtrats mit Schwefelsäure. Aus dem Sulfat erhält man durch Behandlung mit Kalilauge Hydrazinhydrat N2H4.H2O, eine etwas schwerbewegliche, an der Luft rauchende Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,08 bei 21°; sie riecht eigentümlich, an Ammoniak erinnernd, schmeckt laugenhaft, brennend, siedet bei 119°, zieht an der Luft Kohlensäure an und oxydiert sich über Quecksilber in Berührung mit Sauerstoff zu Stickstoff und Wasser. Aus dem Hydrat kann reines H. durch Behandeln mit Baryumoxyd erhalten werden. Dies bildet Kristalle, die an der Luft rauchen und bei -4° schmelzen. Es siedet bei 114°, mischt sich mit Wasser unter Erhitzung, ist schwerer als Wasser, löst Schwefel zu einer braunroten Flüssigkeit, die dem Schwefelammonium ähnlich riecht und mit Wasser Schwefel abscheidet, und wirkt ungemein stark reduzierend. H. bildet Salze mit 2 Äquivalenten Säure, die aber leicht in Salze mit 1 Äquivalent Säure zerfallen. Sie sind in Wasser, kaum in Alkohol löslich. Die Salze sind für niedere Organismen außerordentlich giftig. Bei höhern Tieren stören sie das Bewußtsein, setzen die Körpertemperatur herab und töten durch Herz- und Atmungslähmung. Man benutzt die Salze als starke Reduktionsmittel in der chemischen Analyse.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 691.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: