Narwal

[428] Narwal (Nahl, Monodon L.), einzige Gattung der Familie der Narwale (Monodontidae) aus der Ordnung der Wale. Die einzige hinlänglich bekannte Art, der gemeine N. (Seeeinhorn, M. monoceros L., s. Tafel »Wale I«, Fig. 3), ist 6 m lang, mit walzigem, vorn abgerundetem Kopf, sehr kurzer, breiter, dicker Schnauze, tief an den Kopfseiten liegenden Augen, sehr kleinen Ohren, halbmondförmigem Spritzloch auf der Stirnmitte zwischen den Augen, 2 m langem, nach vorn gerichtetem, spiralig gefurchtem Stoßzahn (meist der linken Seite angehörig, während der der rechten Seite, wie beim Weibchen beide, verkümmert), kleinen, früh verkümmernden Zähnen in beiden Kiefern, fast spindelförmigem Leib, kurzen Brustflossen, ohne Rückenfinne und mit sehr großer, zweilappiger Schwanzflosse. Die Haut ist nackt, glatt, weiß oder gelblichweiß, braun gefleckt. Der N. findet sich in großen Rudeln in der Davisstraße, der Baffinbai, zwischen Grönland und Island, um Nowaja Semlja sowie weiter in den nordsibirischen Gewässern. Seegurken, nackte Weichtiere und Fische bilden seine Hauptnahrung. Im hohen Meer werden einzelne harpuniert, doch wird nirgends eifrig Jagd auf Narwale gemacht. Die Grönländer essen das Fleisch und den Speck, brennen das Fett in Lampen und verfertigen aus den Flechsen starken Zwirn. Der Stoßzahn wird wie Elfenbein verarbeitet. Den Alten war der N. wohl bekannt; Strabon nennt ihn den Oryx des Meeres, und Albertus Magnus spricht von der Furchtbarkeit seiner Waffe. Den Zähnen schrieb man allerlei Wunderkräfte zu und bezahlte sie mit enormen Summen. Man hielt sie für das Horn des in der Bibel als Einhorn aufgeführten fabelhaften Tieres, und im englischen Wappen trägt daher das Einhorn einen Narwalzahn. Kaiser und Könige ließen mit Schnitzwerk geschmückte Stäbe aus dem Zahne verfertigen, die ihnen nachgetragen wurden, und auch Bischofsstäbe wurden daraus gefertigt. Später benutzte man das Pulver des gebrannten Zahnes arzneilich, und gegenwärtig ist der Zahn noch in China und Japan sehr geschätzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 428.
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