10.

Bei der Betrachtung der Verhältnisse, welche in Wien auf Mozarts sociale und künstlerische Stellung, auf seine Ausbildung und Entwickelung von Einfluß gewesen sind, dürfen auch seine Beziehungen zum Freimaurerorden nicht außer Acht gelassen werden1.

Es ist bekannt2, wie in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Neigung durch geheime Verbindungen und Ordensverbrüderungen, welche sich meistens in irgend einer Weise an den Freimaurerorden anschlossen, den Fortschritt auf geistigem, sittlichem und politischem Gebiet zu fördern, in Deutschland allgemein verbreitet war und einen mächtigen Einfluß gewann, der sich vielleicht am dauerndsten in den Spuren erhalten wird, welche er auch der Litteratur jener Zeit aufgedrückt hat3. Wie viel oder wie wenig es sei, was zur wahren Erziehung des Menschengeschlechtes auf diesem Wege erreicht ist, zu welchen Excessen des Aberwitzes und Frevels auch Schwärmerei und Betrügerei die verführerischen Formen eines Geheimbundes mißbraucht haben mag: man darf darauf hinweisen, daß Fürsten – unter ihnen Friedrich der Große – daß selbst die edelsten und größten Geister unserer Nation – Lessing, Herder, Wieland, Goethe – im Freimaurerorden ein wirksames Mittel jene höchsten Zwecke zu erreichen gesucht haben. Es genügt hier an das zu erinnern, was Goethe in seiner Gedächtnißrede auf Wieland [398] sagt4: »Wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, bei uns seines Gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte.« Und dieser erklärte selbst5 daß durch den »geistigen Tempelbau« des Freimaurerordens nichts anderes und würdigeres angedeutet werde als »das ernste, thätige und anhaltende Streben aller echten und redlichen Maurer, vor allen sich selbst, und dann auch soviel möglich die übrigen mit ihm verbrüderten Menschen dem Ideal der Humanität, dem was der Mensch, gleichsam als ein lebendiger Stein in der ewigen Stadt Gottes zu sein bestimmt ist, und wozu er schon in seinem rohen Naturzustand alle Anlagen hat, durch unermüdete Bearbeitung immer näher zu bringen«6.

Sehr begreiflich ist es, daß auch in Wien, als dort das Streben nach Aufklärung und Bildung sich lebhaft regte, die Form der geheimen Gesellschaft als besonders wirksam und anziehend für diese Zwecke benutzt wurde. »Im Jahr 1781 [399] bildete sich ein Verein der vorzüglichsten Köpfe Wiens unter der Leitung des edlen und geistvollen Ignaz von Born. Der Zweck dieses Vereins war, zur Beförderung der nunmehr von der Regierung begünstigten Gewissens- und Denkfreiheit zu wirken und den Aberglauben und die Schwärmerei, mithin also auch die Hauptstütze von beiden, das Mönchswesen, zu bekämpfen. Reinhold und seine Jugendfreunde, Alringer, Blumauer, Haschka, Leon, Ratschky waren die eifrigsten Theilnehmer an diesem Bunde. Um die äußere Verbindung der durch Sinn und Herz Vereinten auf eine angemessene Weise zu unterhalten, bedienten sie sich der Formen der Maurerei. Ihre Loge führte den Namen zur wahren Eintracht7 und sie arbeiteten eine geraume Zeit hindurch, durch Josephs Walten mittelbar unterstützt, nach dem vorgezeichneten Plane mit vieler Thätigkeit und einem glücklichen Erfolg. Mit den Waffen der Gelehrsamkeit und Beredsamkeit, bald im ernsten, bald im scherzenden Tone, stritten die Einträchtigen wider ihre, in diesen Kampfesweisen ihnen keineswegs gewachsenen Gegner«8. Aus diesem Kreise, dem auch noch andere bedeutende Männer, wie Sonnenfels, Retzer, Gemmingen angehörten, gingen Borns und Blumauers satirische Gedichte gegen das Mönchswesen hervor, welche damals von außerordentlicher Wirkung waren. Die von Blumauer9 redigirte Wiener Realzeitung war das wissenschaftliche Organ [400] desselben, in welchem man nach Blumauers Grundsatz10, daß das Werk der Aufklärung allmählich fortschreite und das Verlernen von Dingen, die einmal in den Kopf gehämmert sind, viel mehr Zeit erfordere als das Lernen, Aberglauben und Vorurtheile leisen Ganges, wie sie gekommen waren, wieder zu entfernen suchte11. Natürlich machte man die Freimaurerei in Wien auch zur Modesache, und mancherlei Mißbrauch wurde damit getrieben. »Der Orden der Freimaurerei« berichtet Car. Pichler (Denkw. I S. 105f.) »trieb sein Wesen mit einer fast lächerlichen Oeffentlichkeit und Ostentation. Freimaurerlieder wurden gedruckt, componirt und allgemein gesungen. Man trug Freimaurerzeichen als joujoux an den Uhren, die Damen empfingen weiße Handschuhe von Lehrlingen und Gesellen, und mehrere Modeartikel hießen à la franc-maçon. Viele Männer ließen sich aus Neugier aufnehmen, traten in den Orden und genossen wenigstens die Freuden der Tafellogen. Andere hatten andere Absichten. Es war damals nicht unnützlich zu dieser Brüderschaft zu gehören, welche in allen Collegien Mitglieder hatte und überall den Vorsteher, Präsidenten, Gouverneur in ihren Schooß zu ziehen verstanden hatte. Da half dann ein Bruder dem andern; die Bruderschaft unterstützte sich überall, wer nicht dazu gehörte, fand oft Hindernisse: dies lockte viele. Wieder Andere, die ehrlicher oder beschränkter waren, suchten mit gläubigem Sinn höhere Geheimnisse und glaubten Aufschlüsse über geheime Wissenschaften, über den Stein der Weisen, [401] über Umgang mit Geistern in dem Orden zu erhalten. – Wohlthätig waren die Freimaurer gewiß; in ihren Versammlungen wurden sehr oft Collecten für Arme und Verunglückte gemacht.«

Im December 1785 erließ Kaiser Joseph – nachdem man in Bayern und anderswo in Folge der Untersuchungen gegen die Illuminaten auch die Freimaurer zu verfolgen anfing – ein Patent, in welchem er – allerdings mit der harten Aeußerung daß er die Geheimnisse des Ordens nicht kenne und die Gaukeleien desselben nicht zu erfahren verlange – den Freimaurerorden unter der Bedingung gewisser Reformen anerkannte und unter den Schutz des Staats stellte. Dieser Erlaß, der von einigen als ein Beweis der höchsten Weisheit und Huld gepriesen, von andern als das Verderben der echten Maurerei beklagt wurde, gab zu heftigen Streitigkeiten Veranlassung, mehr noch die Ausführung desselben, namentlich die vom Kaiser befohlne Verschmelzung der acht bestehenden Logen zu drei. Born, der die Reform mißbilligte und, früher allgemein verehrt, mancherlei persönliche Angriffe zu erdulden hatte – eine unangenehme Begegnung mit Jos. Kratter, das sogenannte Freimaurerautodafé, rief eine ganze Reihe gehässiger Flugschriften hervor – zog sich 1786 von der Loge ganz zurück12. Dies war ein empfindlicher [402] Verlust für die geistige Wirksamkeit der Loge, andere folgten seinem Beispiel, auch hatte der Orden bei der öffentlichen Anerkennung auch stets wachsende Angriffe und Verdächtigungen zu ertragen, die später zu offenkundiger Mißgunst gegen denselben führten. Nicht wenige Standhafte aber hielten aus, wie der schon (S. 244) genannte Loibl, welcher der Loge seine Wohnung für die Sitzungen einräumte. Die Tochter desselben erinnert sich noch wie der Vater sich stundenlang, mit einem Talar angethan, bei brennenden Kerzen, vor einem Crucifix in der Bibel lesend auf die Sitzungen vorbereitete, in denen die Kinder durchs Schlüsselloch mit Erstaunen die Herren um den Tisch sitzen und mit ernstem Gesichte Reden halten sahen. Mozart gehörte ebenfalls zu diesen Eifrigen und hat bis zu seinem Tode sich an der Loge betheiligt; ja, er hatte sogar den Gedanken gefaßt eine eigene geheime Gesellschaft »die Grotte« zu stiften und deren Statuten entworfen13.

[403] Der Gedanke durch den Freimaurerorden in seinem Fortkommen gefördert zu werden hat Mozart schwerlich zum Eintritt bewogen, dergleichen Berechnungen lagen nicht in seinem Charakter, auch spricht der Erfolg nicht dafür: ihm hat diese Verbindung nichts genützt14. Bei dem Ansehen, in welchem der Orden stand, als Mozart nach Wien kam, da die bedeutendsten, gebildetsten Männer, denen er in der besten Gesellschaft überall begegnete, demselben angehörten, ist es nicht zu verwundern, wenn auch Mozart sich demselben zuwandte; schon das Bedürfniß einer ernsteren, tiefer gehenden geistigen Unterhaltung, welches er hier befriedigt zu sehen hoffen durfte, konnte ihn dorthin führen. Allein wir finden auch andere in Mozarts Natur tief begründete Züge, welche mit dem was der Orden als seine Hauptaufgabe bezeichnete so sehr verwandt sind, daß sie wohl erklären, wie Mozart sich dieser Gesellschaft mit vollem Ernst anschloß. Vor allem seine echte Humanität, sein warmes Mitgefühl für menschliche Leiden und Freuden, sein herzliches Bedürfniß zu helfen und wohlzuthun, das bei ihm zur Schwäche werden konnte, ganz besonders aber ein bei ihm in eigenthümlicher Weise hervortretender lebhafter Sinn für Freundschaft. Wie schon im Knabenalter schöne, rührende Züge einer enthusiastischen Hingebung und Anhänglichkeit – an den jungen Hagenauer (I S. 639), an Pater Johannes in Seeon (I S. 518), an Thomas Linley (I S. 198)15 – hervortreten, so äußert sich [404] in späteren Jahren eine tief gemüthliche, liebende Freundschaft – ich erinnere an Bullinger (II S. 14), an Barisani (III S. 242f.), Gottfried v. Jacquin (III S. 327f. ) – in mannigfacher Weise, und wir finden daß die, welche mit Mozart verkehrten, grade den treuen Freund in ihm lebhaft anerkennen16. Ein Orden, der die Verbrüderung seiner Mitglieder als Aufgabe verfolgte, mußte starke Anziehungskraft auf ihn üben, um so mehr als das ihm, wie jeder bedeutenden Natur, eigene lebhafte Unabhängigkeitsgefühl, das den Menschen nicht bloß nach Rang und Stand und ähnlichen äußeren Kategorien, sondern nach seinem wahren Werth geschätzt wissen wollte, in dem entsprechenden Princip der Gleichstellung aller Ordensbrüder innerhalb des Ordens Befriedigung fand. Auch die polemische Stellung, welche derselbe gegen [405] das Pfaffen- und Mönchswesen damals einnahm, konnte ihn eher anziehen als abstoßen; denn wiewohl streng katholisch erzogen, hatte er doch schon von seinem Vater eine entschiedene Abneigung gegen solches Unwesen überkommen17, die wir schon wiederholt in bitterem Spott sich haben äußern sehen.

Finden wir Gründe genug uns Mozarts Anhänglichkeit an den Freimaurerorden zu erklären, so läßt sich auch mit Bestimmtheit annehmen, daß die Theilnahme an demselben auf seine Bildung von Einfluß gewesen sei. Wie tüchtig und sorgfältig auch die häusliche Erziehung gewesen war, welche den festen Grund zu allem legte, was in Mozart sich entwickelt hat, so waren doch die Verhältnisse in Salzburg zu beschränkt, um eine freie vielseitige Ausbildung des Geistes möglich zu machen, und die Reisen, der vorübergehende Aufenthalt in großen Städten, boten zwar vielfache, nie ungenutzt gebliebene Anregung, aber keine nachhaltige Einwirkung. [406] Das ernste und lebendige Streben nach einer auf geistiger und sittlicher Bildung beruhenden Freiheit, welches sich damals in Wien ernstlich regte, wurde in jenen Jahren in der That wesentlich durch die Freimaurer vertreten, und in einen Kreis von Männern eingeführt zu sein, die in zusammenhängender Thätigkeit die höchsten Probleme theoretisch und praktisch zu lösen beflissen waren, konnte auf ihn nur günstig wirken. Wie weit auch das Geheimnißvolle und Symbolische des Ordens ihn anzog und auf seine Phantasie wirkte, mag dahin gestellt bleiben; bei einer künstlerisch leicht erregbaren Natur ist auch ein solcher Einfluß wohl denkbar.

Daß es Mozart mit seiner Maurerei voller Ernst war, beweist am besten, daß er sich bemühete, und mit Erfolg bemühete, auch seinen Vater zum Eintritt in den Orden zu bewegen, und der bereits (S. 270f.) mitgetheilte Brief, in welchem er angesichts des nahen Todes sich mit ihm über die wahre Bedeutung, welche der Tod für den Maurer habe, ernst und würdig unterhält. Dies Zeugniß hat ihm auch seine Loge in einer auf ihn gehaltenen Trauerrede gegeben18, aus welcher die ihn unmittelbar angehenden Worte hier angeführt werden mögen.

»Dem ewigen Baumeister der Welt gefiel es eines unserer geliebtesten, unserer verdienstvollsten Glieder aus unserer Bruderkette zu reißen. Wer kannte ihn nicht? wer schätzte ihn nicht? wer liebte ihn nicht, unsern würdigen Bruder Mozart? Kaum sind einige Wochen vorüber und er stand noch hier in unserer Mitte, verherrlichte noch durch seine zauberischen Töne die Einweihung unseres Maurertempels. – Wer von [407] uns, meine Brüder, hätte ihm damals den Faden seines Lebens so kurz zugemessen? Wer von uns hätte gedacht, daß wir nach drei Wochen um ihn trauern würden? – Es ist wahr, es ist das traurige Loos der Menschheit mitten im Keimen die oft schon ganz ausgezeichnete Lebensbahn verlassen zu müssen; Könige sterben mitten in ihren Planen, die sie unausgeführt der Nachwelt überlassen; Künstler sterben, nachdem sie die ihnen verliehene Lebensfrist anwandten die Vervollkommnung ihrer Kunst auf den höchsten Grad zu bringen – allgemeine Bewunderung folgt ihnen in ihr Grab, ganze Staaten bedauern sie, und das allgemeine Loos dieser großen Männer ist – vergessen zu werden von ihren Bewunderern. Nicht so wir, meine Brüder! Mozarts früher Tod bleibt für die Kunst ein unersetzlicher Verlust – seine Talente, die er schon im frühesten Knabenalter äußerte, machten ihn schon dazumal zum seltensten Phänomen seines Zeitalters – halb Europa schätzte ihn – die Großen nannten ihn ihren Liebling und wir nannten ihn – Bruder. So sehr es aber die Billigkeit erfordert seine Fähigkeiten für die Kunst in unser Gedächtniß zurückzurufen, ebensowenig müssen wir vergessen ein gerechtes Opfer seinem vortrefflichen Herzen zu bringen. Er war ein eifriger Anhänger unseres Ordens; Liebe für seine Brüder, Verträglichkeit, Einstimmung zur guten Sache, Wohlthätigkeit, wahres inniges Gefühl des Vergnügens, wenn er einem seiner Brüder durch seine Talente Nutzen bringen konnte, waren Hauptzüge seines Charakters – er war Gatte, Vater, Freund seiner Freunde, Bruder seiner Brüder – nur Schätze fehlten ihm, um nach seinem Herzen hunderte glücklich zu machen«19.

[408] Der Verbindung mit dem Freimaurerorden verdankte Mozart auch als Componist mancherlei Impulse. Wir werden später sehen, wie die Zauberflöte nicht allein der Anlage und Intention des Textes nach in der Freimaurerei wurzelt, sondern daß auch die musikalische Auffassung wesentlich durch dieselbe bedingt worden ist. Hier sollen nur die Compositionen erwähnt werden, welche Mozart für bestimmte Festlichkeiten in der Loge verfaßte; sie sind natürlich nur für Männerstimmen geschrieben und verrathen auch sonst, daß er sich an gewisse Bedingungen binden mußte.

Ein einfaches Lied von sanftem gefälligem Charakter ist die Gesellenreise20, das, wie auch ein anderes schon [409] früher componirtes, das mir nicht näher bekannt geworden ist, von der Orgel begleitet wird21. Dieses schließt mit einem Chor für zwei Tenor- und eine Baßstimme, und ähnliche dreistimmige Chöre sind auch in anderen Freimaurercantaten angewendet worden; leicht und populär um von Dilettanten gesungen zu werden. Dagegen setzen die Tenorpartien einen gebildeten Sänger voraus, der ebenfalls Mitglied des Ordens war, vielleicht Adamberger.

Von den beiden sicher hieher gehörigen Cantaten22 ist [410] die Maurerfreude zu Ehren Borns am 20. April 1785 componirt23, kurz vor der Abreise des Vaters, in dessen Gegenwart [411] sie noch aufgeführt ist. Den Hauptbestandtheil derselben bildet ein langes, in freier Form ausgeführtes Tenorsolo, dessen erster größerer Theil nach Art des Allegros einer Concertarie gegliedert ist, aber nichts von italiänischer Form an sich trägt, sondern in der aus Mozarts echt deutschen Werken bekannten Weise eine innige, treue Empfindung mit Würde ausspricht. Die Lebhaftigkeit des Ausdrucks steigert sich in einem Recitativ, das dann zu einem ernsten und schwungvollen Lied von zwei Strophen überleitet, dessen Schlußworte vom Chor wiederholt werden.

Die zweite »kleine Freimaurercantate« wurde am 15. Nov. 1791 componirt24 und wenig Tage darauf von Mozart bei der Eröffnung der neuen Loge zur gekrönten Hoffnung aufgeführt; es ist die letzte Arbeit welche er vollendet hat. Sie hat in ihrer Anlage etwas mehr Abwechslung; [412] denn auf einen kurzen von kleinen Solos unterbrochenen Chor folgt ein Recitativ und eine Arie für Tenor, an die ein Recitativ sich anschließt, in welches Tenor und Baß sich theilen; auf dieses folgt ein Duett, nach welchem der erste Chor wiederholt wird. Sie ist sehr gefällig und populär gehalten und steht der eben erwähnten rücksichtlich der Tiefe und Energie des Ausdrucks nach.

Zwar nicht unmittelbar in Verbindung mit der Maurerei steht die Cantate: Die ihr des unermeßlichen Weltalls Schöpfer ehrt25, aber sie ist von Mozart offenbar als ein Ausdruck der Gesinnungen und Anschauungen aufgefaßt, welche die Freimaurerei zu verwirklichen strebte26. Frz. Heinr. Ziegenhagen, ein wohlhabender Kaufmann in Hamburg, fühlte sich, angeregt durch das Studium der Encyclopädisten, namentlich Rousseaus, berufen bei den verschiedenen Versuchen, welche man gegen Ende des vorigen Jahrhunderts machte die Pädagogik zu reformiren, auch mit [413] Hand anzulegen und energischer und unumwundener als man es sonst wohl wagte die Erziehung zur einfältigen nachten Natur zurückzuführen. Er veröffentlichte aus allgemeiner Menschenliebe und väterlicher Zärtlichkeit, wie er sagt, eine ausführliche Schrift27, in der er theils durch eine Kritik der biblischen Tradition nachzuweisen suchte daß die bisherigen Religionen einer gründlichen Aufklärung nicht genügen könnten, theils die wahre naturgemäße Erziehung und Ausbildung des Menschen theoretisch-praktisch begründete. Denn er hoffte dadurch alles Ernstes »theils weise Fürsten und aufgeklärte Universitäten zur Einführung der Verhältnißlehre zu bewegen, welche unverkennbare Vorzüge vor den gewöhnlichen Religionen behaupte, theils die Bekanntschaft solcher Eltern zu machen, welche ihre Kinder zur Landwirthschaft und zu einem kolonistischen Cirkel bestimmen möchten, wie er ihn seinen Ansichten gemäß in der Nähe von Straßburg zu errichten wünschte.« Um das Buch in jeder Weise zu empfehlen ließ er sich von Chodowiecki acht zierliche Kupfer stechen und bat Mozart ein Lied zu componiren, wie es in den Versammlungshäusern seiner Colonie unter Begleitung von Instrumentalmusik gesungen werden sollte. Den eigentlichen Inhalt des curiosen oder vielmehr wahnwitzigen Buchs hat Mozart gewiß nicht erfahren, Ziegenhagen wird ihm nur mit allgemeinen Andeutungen über seine weltverbesserischen [414] Pläne, mit denen er es wie es scheint ganz ehrlich meinte, seinen Hymnus zugeschickt haben. Dieser nun drückt in emphatischer Weise das Streben nach Wahrheit, Verbrüderung, Menschenbeglückung aus28, welche das letzte Ziel der Freimaurerei war, und Mozart konnte das um so eher im Sinne der letzten auffassen, als manche Freimaurerlieder von ganz ähnlichem Schlage sind. Denn allerdings ist ohne eine feste Ueberzeugung von dem inneren Gehalt und Werth solcher Phrasen schwer begreiflich, wie kahle abstracte Allgemeinheiten Mozart zu einer so tief empfundenen und ernsten Composition anregen konnten, als diese Cantate ist. Freilich gehörte auch eine nicht minder außerordentliche künstlerische Begabung und Bildung dazu um aus so nicht allein unpoetischen, sondern ganz formlosen Worten ein abgerundetes Kunstwerk zu machen. Das ist diese Cantate, wenn sie auch in der Anlage freier ist als gewöhnlich die Arien, und namentlich dem recitirenden Element großen Spielraum läßt, wie der rhetorisch docirende Text das mit sich bringt. Die Vereinigung dieser für den Verstand nöthigen declamatorischen Accentuation mit dem vollen Ausdruck des warmen Gefühls und das Begreifen beider unter ganz bestimmte [415] musikalische Formen ist an dieser Composition sehr merkwürdig und tritt vielleicht um so deutlicher hervor, je fremder für unsere Anschauungsweise die ganze Aufgabe ist. Dazu scheint Mozarts in der Maurerei wurzelnde Anschauungsweise wesentlich mitgewirkt zu haben. An einen specifisch freimaurerischen Charakter oder Stil der Musik wird Niemand denken wollen, allein in den schönsten Sätzen dieser Art – auch in der Zauberflöte – spricht sich etwas vom Wesen des Charakters, der sittlichen Ueberzeugung aus – ich möchte sagen der Tugend, wenn das nicht zu leicht mißverstanden werden könnte –, das der Musik fremd zu sein scheint, auch selten in ihren Aeußerungen hervortritt, aber z.B. auch bei Beethoven sich mitunter in großer Energie geltend macht. Wie sollte auch irgend etwas, das dem innersten Wesen des Menschen angehört, absolut von einer Kunst ausgeschlossen sein, die wenn irgend eine aus dem innersten Wesen des Menschen hervorgeht, wenn es gleich so wie es an und für sich ist durch dieselbe nicht dargestellt werden kann?

Eine Composition von wunderbarer Schönheit und höchst eigenthümlichem Charakter ist die im Juli 1785 componirte »maurerische Trauermusik bei dem Todesfalle der Br. Br. Meklenburg und Esterhazy« für Orchester29. Schon die Zusammenstellung der Instrumente ist ungewöhnlich30 und [416] die tiefen Klänge der Blasinstrumente sind für den Ausdruck des Feierlichen und Ernsten herrlich benutzt. Nach wenigen einleitenden Accorden derselben treten die Saiteninstrumente hinzu, und zwar behauptet die erste Violine durch das ganze Stück denselben Charakter, daß sie den Blasinstrumenten gegenüber in freien Figuren rhapsodisch sich ergeht und deren fester, tröstend mahnender Weise gegenüber die rührende Klage des tiefsten Schmerzes in den verschiedenartigsten Nuancen ausspricht31. Dies tritt am bedeutsamsten hervor, als nach der Einleitung ein Cantus firmus beginnt32


10.

anfangs von den Oboen und der Clarinette leise, vom sechsten Takt an von allen Blasinstrumenten mächtig vorgetragen. Dem entsprechend umspielen ihn anfangs die Geigen mit anmuthigen Figuren welche sanften Schmerz ausdrücken, [417] der sich dann aber mit immer gesteigerter Leidenschaftlichkeit gegen die ernste Mahnung empört. Indem dieser Sturm sich zu beschwichtigen beginnt, werden wir zu den einleitenden Motiven zurückgeführt, die aber jetzt in großartiger Weise gesteigert zugleich den Schluß vorbereiten, der zuletzt noch durch eine eigenthümliche kühne harmonische Wendung von tief schmerzlichem Ausdruck


10.

herbeigeführt wird. Vergleicht man die contrapunktische Behandlung dieses Cantus firmus mit ähnlichen Arbeiten früherer Zeit, wie in der Betulia liberata33. so sieht man, wie mit der technischen Meisterschaft auch die Tiefe der Empfindung und die Freiheit im Ausdruck derselben sich entwickelt hat; ähnliches finden wir in der Zauberflöte und im Requiem. Mozart hat nichts geschrieben das durch technische Behandlung und vollkommne Klangwirkung schöner, durch ernstes Gefühl und psychologische Wahrheit tiefer wirkte, als dieses kurze Adagio. Es ist der musikalische Ausdruck derselben männlich gefaßten Gesinnung, die dem Tod gegenüber dem Schmerz sein Recht läßt ohne sich durch ihn beugen oder blenden zu lassen, wie Mozart sie in jenem Brief an seinen Vater (S. 270f.) ausspricht.

Fußnoten

1 Es wird für Kundige schwerlich der Bemerkung bedürfen, daß hier ein Ungeweihter spricht, der also um so mehr sich mit Vorsicht zu äußern hat.


2 Eine Uebersicht der wichtigsten hierher gehörigen Erscheinungen giebt Schlosser Geschichte des achtzehnten Jahrh. III, 1, S. 278ff.


3 Gervinus Gesch. d. deutschen Nationallitt. V S. 274ff.


4 Goethe Werke XXI S. 329.


5 Wieland Werke LIII S. 435.


6 »Gutes thun, die Noth der Menschheit erleichtern, Aufklärung unter seinen Mitbrüdern bewirken, Menschenhaß vermindern, sich stets anfeuern, in allem diesen nicht müde werden dies – dies ist die wahre Pflicht des Maurers, das Geheimniß des Ordens. Die Nebengeheimnisse sind die Ceremonien, wodurch einer äußerlich ein Freimaurer wird. Wie viel der Orden zu der jetzt herrschenden Toleranz überhaupt und besonders unter den christlichen Religionsparteien beigetragen liegt zu klar am Tage, als daß ich nöthig hätte viel darüber zu sagen.« [Keßler v. Sprengseisen] Anti-Saint-Nicaise S. 62.


7 Es gab in Wien 1785 acht Logen. Die älteste zur gekrönten Hoffnung war die, welcher Mozart angehörte; es waren in derselben viele adeliche und reiche Mitglieder, man sagte ihr nach daß dort auf glänzende Festessen gehalten werde (Briefe eines Biedermanns üb. d. Freimänner in Wien. Münch. 1786 S. XLf.).


8 K.L. Reinholds Leben S. 18f.


9 Aloys Blumauer, geb. in Steyer 1755, trat in Wien 1772 in den Jesuitenorden, und privatisirte dort bis ihn van Swieten als Censor anstellte; er gab aber dieses Amt 1793 auf und starb 1798.


10 Blumauer pros. Schr. I S. 69.


11 »Blumauer ist außer seinen Gedichten ein sehr philosophischer Kopf« – schreibt Forster (sämmtl. Schr. VII S. 269), ein andermal (S. 273) »ein besserer Philosoph als Dichter« – »dem man aber weder Dichtkunst noch Philosophie ansieht, so nüchtern und lang und trocken sieht er aus.«


12 Voigt schreibt an Hufeland (20. Oct. 1786): »Wissen Sie schon daß Born in Wien sich ganz von der ± zurückgezogen? Der Kaiser nöthigte sie auf einmal über hundert einzunehmen, die zu diesem System nicht zum zehnten Theil paßten. Ueberdieß wurde eines der besten Glieder zum Verräther daran, was eigentlich die Basis der ± war. Born hielt es also Zeit abzugehen. Die Aufklärung der Wiener verliert viel dadurch. Der Kaiser sollte doch die stillen Operationen wirken lassen. Man sieht daß ihm die richtigen Begriffe in dieser Affaire entweder abgehen, oder daß er zu sehr Despot ist, um sich nicht für eine Gesellschaft erleuchteter Leute zu fürchten« (Aus Weimars Glanzzeit S. 46f.). Später schrieb Reinhold an Baggesen (18. Nov. 1793): »Seit Born den Hammer niedergelegt hat, habe ich meine maurerischen Verhältnisse in Wien völlig einschlafen lassen. Indessen sind Alxinger, Blumauer und Leon unter Anderen auch Brüder gewesen und wahrscheinlich noch; und diese werden Dir über den Zustand der Brüderschaft alle Auskunft geben. Ich vermuthe daß aller Geist aus dem Körper des Ordens ausgeflogen sei, und – –. Die Maurerei hat auch als bloßes Spielzeug in den Händen der Kinder, als bloße Gesellschaft von Leuten, die sich zu amusiren zusammenkommen, noch immer den Vortheil, daß ein Fremder in ihren Cirkeln schnelle und leichte Bekanntschaft macht« (Baggesens Briefw. I S. 304).


13 Die Wittwe Mozarts, welche den Aufsatz Mozarts über diese Ordensverbindung an Härtel mittheilte (27. Nov. 1799; 21. Juli 1800), gab an daß Stadler, mit dem Mozart alles besprochen habe, nähere Auskunft geben könne, sich aber bei den dermaligen Umständen einzugestehen scheue daß er darum gewußt habe. Wenn es gleich kein gutes Zeugniß für Mozarts Menschenkenntniß ablegt, daß er diesen Menschen zum Vertrauten wählte, so erklärt doch das gemeinsame Interesse für Ordensangelegenheiten in etwas die außerordentliche Nachsicht Mozarts gegen denselben (S. 248ff.).


14 Sein Verhältniß zu Puchberg (S. 230f.) war ein rein privates, wenn auch der Umstand, daß sie Freimaurer waren, daraufbedeutenden Einfluß übte. Ob die Loge oder die Musikliebe die erste Veranlassung ihrer näheren Bekanntschaft war ist mir unbekannt.


15 Auch Kelly erzählt daß Mozart bei ihrem ersten Zusammentreffen mit ihm viel und mit großer Liebe von Linley sprach, dessen Talent er in hohem Maaße geschätzt habe (Remin. I p. 225f.).


16 Der Sänger Fischer schrieb am 1. April 1787 folgende weniger geschickte als wohlgemeinte Verse in Mozarts Stammbuch


Die holde Göttin Harmonie

der Töne und der Seelen,

ich dächte wohl, sie sollte nie

uns Musensöhnen fehlen.

Doch oft ist Mund und Herz verstimmt;

dort singen Lippen Honig,

wo doch des Neides Feuer glimmt –

– glaub mir, es gebe wenig

Freunde, die den Stempel tragen

echter Treu, Rechtschaffenheit.

Laß Dir nur noch dieses sagen:

prüf mein Herz und Redlichkeit;

wirst Du mich im Grund recht kennen,

willst mich dann Dein Freund noch nennen,

gut! so sey dies ganz mein Lohn,

meine Freundschaft hast Du schon.


Sie lassen uns einen Blick thun in die damaligen Künstlerverhältnisse und Mozarts Stellung zu ihnen.


17 Leop. Mozart schrieb seiner Tochter, als diese in einer Köchin, welche sechs Jahr im Kloster gewesen war und für sehr fromm galt, eine abgefeimte Betrügerin erkannt hatte (14. Oct. 1785): »Da sieht man was Eure Betschwesterei für ein abscheulicher Unterschied vom wahren Christenthum ist. Es ist doch immer gut, wenn man die Weiberklöster aufhebt. Es ist weder wahrer Beruf, weder übernatürlicher Zug, geistlicher wahrer Eifer, noch echte Schule der wahren Andacht und Abtödtung der Leidenschaften darinnen, sondern nichts als Zwang, Gleisnerey, Verstellung, Scheinheiligkeit und unendlich viele Kinderey und am Ende versteckte Bosheit.« Und etwas später (16. Dec. 1785): »Ich habe in meinem Leben so vielerlei Menschen gekannt, aber allzeit ohntrüglich wahr gefunden, daß die Verschwesterey das ohnfehlbare Zeichen vieler moralischer Fehler ist, die solche abscheuliche boshafte Menschen durch die Scheinheiligkeit bedecken wollen.« Diese Mischung von strenger Observanz und Freisinnigkeit war damals nicht selten. Ganz ähnlich schildert der Verfasser der Traditionen zur Charakteristik Oesterreichs, Freih. v. Schönholz, seinen Großvater (I S. 13f.).


18 Maurerrede auf Mozarts Tod. Vorgelesen bey einer Meisteraufnahme in der sehr ehrw. St. Joh. ± zur gekrönten Hoffnung im Orient von Wien vom Bdr. H.....r. Wien, gedruckt beym Br. Ignaz Alberti 1792. 8.


19 In dem der Rede angehängten Gedicht heißt es:


Er war im Leben gut und mild und bieder,

ein Maurer nach Verstand und Sinn;

der Tonkunst Liebling! – denn er schuf uns wieder

zu höheren Empfindungen.

Getrennt ist nun das Band! ihn soll begleiten

der Maurersegen, froh und kühn –

denn unsere Bruderliebe soll ihn leiten

auch in das Land der Harmonien:

Die wir im Stillen folgten seinen Schritten,

zu suchen, die das Schicksal schlug,

wo er so oft in armer Wittwen Hütten

die ungezählte Gabe trug;

Wo er sein Glück auf Waisen-Segen baute,

das Kleid der nackten Armuth gab,

und Gottes Lohn dafür sich anvertraute,

der ihn begleitet bis aus Grab;

Der, eingewiegt durch die Sirenenlieder

der Schmeicheley, sich konnte freun

des frohen Blickes seiner armen Brüder,

und nicht vergaß ein Mensch zu seyn.


20 So ist das am 26. März 1785 componirte Lied im Original (André Verz. 93) überschrieben, das mit verändertem Text gedruckt ist (Oeuvres VI, 28). Die Worte des Originaltextes lauten


Die ihr einem neuen Grade

der Erkenntniß nun euch naht,

wandert fest auf eurem Pfade,

wißt, es ist der Weisheit Pfad;

nur der unverdroßne Mann

mag dem Quell des Lichts sich nahn.


21 André besaß aus Mozarts Nachlaß in authentischer Abschrift ein Lied zum Schluß der ± aus zwei von einer Solostimme vorgetragenen Strophen und einem Chorsatz mit Orgelbegleitung bestehend, dessen Anfang er (handschriftl. Verzeichn. XII) notirt hat


10.

22 Ich möchte vermuthen daß eine von Mozart unvollendet gelassene Cantate ebenfalls einen maurerischen Zweck hatte. Nach Nissen (Anhang S. 18f.) und André (handschr. Verz. F.) war von derselben der erste Chor für zwei Tenor- und eine Baßstimme mit Begleitung des Quartetts, 1 Flöte, 1 Clarinette, 2 Oboen und 2 Hörner


10.

in den Singstimmen mit beziffertem Baß vollständig niedergeschrieben und die Begleitung in Mozarts gewöhnlicher Weise skizzirt, ebenso die darauffolgende Tenorarie


10.

Von einer daran sich anschließenden zweiten Tenorarie in E-dur waren aber nur 17 Takte niedergeschrieben. Der dreistimmige Männerchor, die ausschließlichen Tenorsoli und die eigenthümliche Beschränkung des Orchesters machen eine freimaurerische Bestimmung wahrscheinlich, welcher der Charakter der Musik sehr wohl entspricht; über die Symbolik des Textes erlaube ich mir kein Urtheil. Im Mozarteum in Salzburg findet sich eine vollständige Partitur des ersten Chors und eines Theils der ersten Arie, aus Mozarts Nachlaß aber nicht von seiner Hand geschrieben. Der Chor aber ist vierstimmig, Sopran, Alt, Tenor und Baß, bearbeitet, dagegen sind die Blasinstrumente auf 2 Oboen und 2 Hörner beschränkt. Wahrscheinlich ist dies eine später, vielleicht mit Mozarts Bewilligung, gemachte Umarbeitung. Besonders der erste Chor ist sehr schön, schwungvoll und feierlich.


23 Sie ist mit einem von Mansfeld gestochnen Titelblatt in Wien gedruckt: »Die Maurerfreude, eine Kantate, gesungen am 24. April 1785 zu Ehren des H. w. Br. B..n von den B.B. der Loge zur G.H. im Orient von Wien, die Worte von Br. P..n, die Musik von Br. W.A. M....t.« In dem Vorwort heißt es: »Gerührt von der Wohltath, welche der weiseste und gerechteste Monarch, Joseph II, über einen ihrer Mitbrüder ausgoß, und voll Gefühls über das bevorstehende Glück dieses edlen Mannes, dieses tiefsinnigen Gelehrten, dieses verdienstvollen M. hat die Versammlung der B.B. genannt zur G.H. in Wien beschlossen, ihre Empfindungen bei einem freundschaftlichen Freudenmahle in brüderlicher Eintracht und in Fröhlichkeit durch Dicht- und Tonkunst auszudrücken. Gegenwärtige Kantate ist ein vorzüglicher Theil der bei diesem Feste gesungenen Freudenlieder.« Der Ertrag war zum Besten der Armen bestimmt. – In der Begleitung dieser Cantate ist außer dem Quartett, 2 Oboen und 2 Hörnern noch eine Clarinette verwendet, welche mit einiger Vorliebe behandelt ist – auch die tiefen Töne sind in der von Mozart oft gebrauchten Triolenfigur benutzt –; Stadler war wohl dabei thätig. In der Bibliothek des Conservatoriums in München findet sich eine geschriebene Partitur dieser Cantate, in welcher nicht allein der ursprüngliche Text »Sehen, wie dem starren Forscherauge« zu einem anderen »Sehen jenes Irrthums Nacht verschwinden« für den Gebrauch in der Kirche umgearbeitet, sondern auch der Schlußchor vierstimmig für Sopran, Alt, Tenor und Baß eingerichtet und durch Trompeten und Pauken verstärkt ist.


24 Sie ist die letzte Nummer in Mozarts Verzeichniß; das Autograph ist im Archiv des Vereins der Musikfreunde in Wien. »Verehrung und Dankbarkeit gegen den verewigten Mozart veranlaßten eine Gesellschaft Menschenfreunde« wie es in der Ankündigung (Wiener Zeitg. 25. Jan. 1792, N. 7 S. 217) heißt »die Herausgabe eines Werkes dieses großen Künstlers zum Vortheil seiner hülfsbedürftigen Wittwe und Waisen anzukündigen, eines Werkes, das man billig seinen Schwanengesang nennen kann, das er mit der ihm eigenen Kunst bearbeitet, und dessen Ausführung er zwei Tage vor seiner letzten Krankheit im Kreise seiner Freunde selbst dirigirt hat. Es ist eine Cantate auf die Einweihung einer Freimaurerloge in Wien, deren Worte die Arbeit eines Mitgliedes derselben sind.« Die Partitur mit dem Originaltext erschien in Wien bei Jos. Hraschansky unter dem Titel: »Mozarts letztes Meisterstück, eine Cantate, gegeben vor seinem Tode im Kreise vertrauter Freunde.« Angehängt ist der Cantate ein Lied zum Schluß der ±


10.

das allenfalls von Mozart sein könnte. Mit verändertem Text ist die Cantate unter dem Titel Das Lob der Freundschaft in Partitur bei Breitkopf u. Hartel erschienen.


25 Sie ist in Mozarts Verzeichniß als eine kleine teutsche Cantate für eine Stimme am Clavier im Juli 1791 angeführt, abgedruckt Oeuvres V und mehrmals allein.


26 Die Veranlassung zu dieser Composition ist, nachdem sie A. M. Z. I S. 745 kurz angedeutet war, ausführlich berichtet von G. Weber (Cäcilia XVIII S. 210ff.).


27 Dies Buch von 633 Seiten führt den Titel: Lehre vom richtigen Verhältnisse zu den Schöpfungswerken und die durch öffentliche Einführung derselben allein zu bewürkende allgemeine Menschenbeglückung herausgegeben von F.H. Ziegenhagen. Hamburg 1792. 8. Mozarts Composition ist auf vier Blättern in Typendruck angehängt. Es erschien auch mit einem neuen Titel Physidicaeologia ohne Namen des Verfassers 1794. – Ziegenhagen war 1753 in Straßburg geboren, kam später in seinen Verhältnissen zurück und machte 1806 im Steinthale bei Straßburg seinem Leben ein Ende.


28 Der Anfang wird zur Erläuterung genügen:


Die ihr des unermeslichen Weltalls Schöpfer ehrt –

Jehovah nennt ihn oder Gott, Tien ihn oder Brama –

hört! –Worte aus der Posaune des Allherrschers!

laut tönt durch Erden, Monden, Sonnen ihr ew'ger Schall;

hört, Menschen! sie auch ihr!

Liebt mich in meinen Werken!

Liebt Ordnung, Ebenmaaß und Einklang!

Liebt euch! euch selbst und eure Brüder!

Körperkraft und Schönheit sey eure Zierd,

Verstandeshelle euer Adel!

Reicht euch gleichseit ger Liebe Sich'rungshand,

die nur ein Wahn, nie Wahrheit euch so lang' entzog!

Und so geht es fort.


29 Sie ist als Op. 114 in Stimmen bei André in Offenbach gedruckt.


30 Außer den Saiteninstrumenten sind 2 Oboen, 1 Clarinette – auch hier nur eine –, 3 Bassethörner, 1 Horn in Es, 1 Horn in C, und Contrafagott angewendet; zwei Bassethörner sind auf einem Nebenblatt geschrieben. Die Anwendung von drei Bassethörnern, welche uns schon bei den Vocalterzetten als Begleitung vorgekommen sind (S. 331), und auch in einem Adagio für 2 Clarinetten und 3 Bassethörner sich wiederholt, wird wohl in zufälligen Umständen mit begründet sein. Unter den Entwürfen im Salzburger Mozarteum finden sich noch Anfange eines Adagio und Allegro für dieselben Instrumente.


31 Die zweite Geige und Bratsche treten zurück, sind aber zur harmonischen Stütze auf verschiedene Art mit der besten Wirkung verwendet.


32 Daß diese Melodie eine gegebene war und ihre bestimmte Bedeutung hatte, gebt auch daraus hervor, daß Mozart sich dieselbe auf einem Nebenblatt flüchtig notirt hat, um sich bei der Ausführung nicht zu irren. Nach einer Mittheilung meines Collegen Heimsoeth geben die ersten sechs Takte den ersten Psalmton mit der ersten Differenz (nach dem Kölner Antiphonar) wieder; was folgt ist höchstwahrscheinlich eine locale Compilation mehrerer Psalmtöne für den bei Begräbnissen allgemein angewendeten BußpsalmMiserere mei deus, wie deren an verschiedenen Orten verschiedene im Gebrauch sind. Die Melodie des ersten Gliedes findet sich unter römischen Differenzen vom Anfang des sechsten Psalmtons, die Melodie des zweiten kommt im siebenten Ton vor.


33 I S. 336ff. vgl. auch S. 512. 518.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 4, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1859, S. 1.
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