[202] Acht und zwanzigstes Schreiben.

Von des Königs in Sardinien Revenüen und Gewalt in geistlichen Sachen.

Mein Herr!


Ich muß frey bekennen, daß ich nicht im Stande sey, auf dessen Frage: wie hoch sich des Königes von Sardinien jährliche Einkünfte belaufen? zu antworten. Rand rechts: Einkünfte des Königs. Die Kammersachen werden an allen Höfen geheim gehalten, und also nothwendig am hiesigen noch vielmehr, ohne deren genaue Einsicht aber wäre es eine Verwägenheit, ein Urtheil fällen zu wollen. Ein sicherer Staatsmann schätzet des Königes sämmtliche jährliche Einkünfte auf zwanzig Millionen Livres de Piemont, worunter die Auflage auf die Seide fünf Millionen, und die vom Hanse und Reißedrey Millionen betragen sollten. Ich glaube aber, diese Rechnung sey zu hoch getrieben. Als R – – vor etlichen Jahren von seinen deutschen Reisen nach Turin zurück kam, und der König ihn über verschiedene Dinge von der Verfassung der deutschen Höfe befragte; meldete ihm R – – unter andern: wie er glaube, daß der König mehrere Einkünfte habe als der Churfürst von Braunschweig-Lüneburg (nämlich von denen in Deutschland gelegenen Provinzen), hingegen wenigere, als der Churfürst von Sachsen; und der König antwortete: daß ihm schon etliche Minister diese Vergleichung gemacht hätten. Dieses sieht man wohl, daß auf die Unterhaltung der Truppen und Civilbedienungen in dem Königreiche Sardinien insbesondere so viel gewendet werden müsse, daß der Ueberschuß von den jährlichen Einkünften des itztgedachten Königreichs nicht über etliche hundert tausend Livres steigen kann, und der Besitz solches Landes mehr wegen der wirklichen Krone, als wegen des Einkommens, dem Hause Savoyen schätzbar sey. Als im Jahre 1717 und 1718 das Haus Savoyen um den Besitz des Königreichs Sicilien kam, und dessen Stelle noch nicht durch ein anderes obwohl viel geringeres ersetzet war, schrieb ein Spötter:


Le Roy de Chypre & de Sicile

A le cul dans l'eau entre deux Isles.


Das königliche Gebieth im fußfesten Lande begreift sechszehn Bißthümer, worunter zwey Erzbißthümer, nämlich das von Turin und Tarantaise sind. Rand rechts: Anzahl der Eiwohner. Jenes hat außer der Stadt Turin dreyhundert und vierzig Dörfer und Flecken unter sich; und weil bey den Römischkatholischen um die Osterzeit jedermann zur Communion sich angeben und die Anzahl seiner Kinder und ganzen Familie bey den Pfarrern gemeldet werden muß: so kann man bey ihnen ziemlich genau hinter die Anzahl der sämmtlichen Einwohner eines Landes kommen, Nach solcher Rechnung hat man mich auch versichert, daß die Anzahl der Unterthanen, welche der König in Piemont, Savoyen und seinem übrigen fußfesten Lande habe, sich auf zwo Millionen und etliche tausend erstrecke. Man rechnet in Savoyen, Piemont und den neuerworbenen Plätzen der terra ferma über zweyhundert Städte. Die Verpachtung der Spielkarten steigt jährlich auf vierzigtausend Livres de Piemont. Rand rechts: Monopolium vom Toback. Der Schnupftoback bringt viermal hunderttausend Livres in die königliche Kammer, und haben sich Reisende wohl vorzusehen, daß man unter ihrer Bagage keinen fremden Toback finde. Anfänglich trug diese Verpachtung nur zwölftausend Livres, hernach aber ließ sich derselbe Jude, welcher sie anfänglich um solchen geringen Preis hatte, auf eine dreyfache und höhere Summe steigern:[203] und da ihm ein guter Freund zuredete, er würde sich in Schaden bringen, gab er zur Antwort: der Gebrauch des Schnupftobacks sey eine böse Sache, und demnach gewiß, daß der Gebrauch desselben immer mehr und mehr einreißen würde; daher auch bey der erhöheten Pachtung kein Verlust zu befürchten wäre, weil das menschliche Geschlecht also geartet sey, daß es allezeit nach dem Bösen mit unersättlicher Begierde renne. So hoch auch sonst die königlichen Einkünfte mögen gewesen seyn: so ist doch gewiß, daß sie durch die letzte Reduction der ehemaligen oder dafür angegebenen Domainen über eine Million Livres vermehret worden.

Die Gewalt, welche der König im weltlichen Regimente bisher gebraucht, ist so groß und unumschränkt, als sie kein Monarch in Europa hat: und wenig Könige von der römischkatholischen Religion werden in geistlichen Dingen mit so vieler Autorität handeln, als dieser König gethan und noch thut. Rand links: Des Königs absolute Gewalt. Rand links: Autorität in geistlichen Dingen. Man hat zwar dem Pabste viel geschmeichelt, auch in diesem Jahre, wie man saget, die Legendam, worinnen Gregors des siebenten angemaßte Gewalt, die weltlichen Fürsten ihrer Regierung zu berauben, als eine herrliche Heldenthat gelobet wird, und welche Legenda so vielen Widerspruch in Frankreich gefunden, als orthodox angenommen; allein nachdem sich das Interesse verändert, kann sie eben so leicht wieder aufgehoben werden. Indessen hat der König alles, was er nur verlangt, vom Pabste erhalten; und zwar nicht nur die Ernennung zu den meisten geistlichen Beneficien in Savoyen und Piemont, welche der König itzt auf das neuerworbene Bißthum Alexandria erweitert, sondern auch die Nennung zum Kardinalshute: wie man in der Person des Kardinals Ferreri gesehen, in welcher man dem Pabste Gelegenheit gab, seine persönliche Freundschaft dem Ferreri in der That genießen zu lassen, und desto eher das königliche savoyische Haus in den Genuß eines hohen Rechtes zu setzen, welches in der römischkatholischen Kirche nicht weniger Ehre, als Vortheil bringt1.

Was die Klöster vor dem 1600ten Jahrean sich gebracht, wird ihnen als eine aus den[204] königlichen Gütern herrührende Stiftung gelassen; von dem übrigen allen, es mögen bewegliche oder unbewegliche Güter seyn, müssen sie die bürgerlichen Auflagen, Contribution, Accise, Licent und andere Imposten tragen. Alle bürgerliche Contracte, wenn gleich die Geistlichkeit solche eingeht, müssen vor dem weltlichen Richter ausgemacht, und die Processe, worinnen Geistliche verwickelt sind, vor der ordentlichen weltlichen Obrigkeit geführet werden, es mag die Clerisey Kläger oder Beklagter seyn. In Savoyen hat man dasConcilium Tridentinum nicht angenommen, und stehet der König den Kirchen keine Asyla zu, wie in Piemont, da die Clerisey im Besitze davon ist, ob gleich solches auch nicht allenthalben angeht, und grobe offenbare Missethäter ohne viele Weitläuftigkeiten aus den Kirchen heraus geholet werden. Rand rechts: In Savoyen ist das Concilium Tridentinum nicht angenommen. So lange die Franzosen Pignerol inne hatten, gestattete man der Geistlichkeit kein Asylum, und der König von Sardinien thut dergleichen, nachdem es ihm wieder abgetreten worden; obgleich die Geistlichkeit behauptet, daß ihr vorher solches Recht nicht in Zweifel gezogen worden. Rand rechts: Keine Asyla.

Gegen die Jesuiten hat der König etwas unternommen, welches kaum die größten Monarchen würden wagen wollen. Rand rechts: Der König untersaget den Jesuiten die Schulen. Dieser Orden ist eine formidable Macht, und haben weder Päbste noch Könige jemals großen Vortheil gezogen, wenn sie sich feindlich gegen selbigen erkläret haben. Der itzige König aber, der von keiner Geistlichkeit, und am wenigsten von einem jesuitischen Beichtvater regieret wird, hat es gewagt, und in diesem Jahre den Jesuiten alle Haltung öffentlicher Schulen verbothen2. Es betraf dieses Verboth zwar auch etliche andere Orden, so im Besitze einiger öffentlichen Schulen waren, und insbesondere die Barnabiten zu Casal, Aqui und Quieri; allein den Hauptstoß empfanden vornehmlich die Jesuiten, welche, wie in andern Landen, also auch hier, schon von langen Jahren her so klug auf ihren Vortheil gewesen sind, daß sie, fast mit gänzlicher Ausschließung der andern geistlichen Orden, die Erziehung der Jugend an sich gebracht haben. Außer dem Respect und Anhange, welchen die Jesuiten bey ihren gehabten Discipeln behalten, haben sie[205] auch Gelegenheit, die geschicktesten Köpfe, reiche Erben, und Leute aus vornehmen Häusern in ihre Gesellschaft zu ziehen, von welchen dreyen Stücken der Nutzen einem jeden in die Augen fallen muß. So listig sie aber insgemein sind, so unmöglich war es ihnen dennoch dieses mal, etwas von des Königs Vorhaben zu entdecken und demselben noch bey rechter Zeit vorzubauen; daher leicht zu erachten ist, daß sie als vom Blitze gerühret worden, da das Wetter auf einmal ausbrach. Die Erziehung der Jugend wäre vielleicht noch zu vergessen, wenn der König nicht auch verlangete, daß sie diejenigen Güter, so ihnen in Absicht auf die Erziehung der Jugend geschenket oder vermacht worden, herausgeben sollten, zu Bestreitung der Unkosten, welche bey den Anstalten der neuen öffentlichen Schulen, die sowohl zu Turin als im ganzen Lande angeleget werden, und bey welchen die Jesuiten nichts zu sagen haben, erfodert werden. Anitzo aber heißt es: die Jesuiten genössen die Einkünfte von so vielen tausend Thalern, welche ihnen in keiner andern Absicht zugewendet worden, als daß sie die Jugend erziehen sollten; nun erfodere die Wohlfahrt des Staates, daß der König desfalls andere Anstalten mache, und die Jesuiten der bisher gehabten Mühe überhebe; bey solchen Umständen aber wäre nichts unbilligers, als daß andere umsonst für den Jesuiterorden arbeiten sollten, dieser aber die Belohnung für eine Mühe, die er inskünftige nicht mehr hat, behalten wollte. Wie weit der König durchdringen werde, muß die Zeit lehren. Die Jesuiten sind itziger Zeit allhier gar kleinmüthig; und weil man ihren schlechten Credit bey Hofe sieht, so machet man wenig Wesens aus ihnen: es freuen sich auchdie andern geistlichen Orden heimlich und öffentlich über den Unfall, der eine Gesellschaft, von welcher sie jederzeit mehr Böses als Gutes genossen haben, betrifft. Es wäre indessen ein rares Exempel, wenn die Jesuiten einmal recht unterliegen, und sich aus einer schlimmen Sache nicht wieder heraus wickeln sollten, weil sie auf die Zeiten wohl zu lauren, und sich hernach ihres Schadens insgemein mit doppelten Renten zu erholen wissen. Anitzt ist Geduld ihre Losung, weil sie wohl wissen, daß sie es mit einem Herrn zu thun haben, dem es weder an Witz noch an Standhaftigkeit fehlet.

Daß bisher der König die Geistlichkeit in Schranken gehalten, und nicht zugelassen, daß sie sich in das weltliche Regiment gemischet, hat ihm auch wegen der von Petro Waldensi ihren Namen habenden Waldenser bey den auswärtigen Protestanten vielen Ruhm, wie nicht weniger seinem eigenen Lande wahrhafte Vortheile und mehrere Stärke gebracht. Rand links: Aufführung gegen die Waldenser. Man drücket sie nicht öffentlich: welches ein Zeichen, daß die Clerisey noch nicht völlig im Lande herrsche, und der König noch nicht vollkommen bigot worden, denn sonst würde weder das Recht der Natur und die christliche Liebe, noch auch die besondern Verdienste dieser unschuldigen Leute ihnen zu statten kommen3. Die Dienste, welche sie unter der Anführung des Grafen Santena dem Könige in währendem letzten Kriege, und sonderlich bey dem Entsatze von Turin geleistet, sind bekannt: und trieb sie dazu sowohl die Treue gegen ihren König, der sie zurück berufen, als die Verbitterung wider die Franzosen, auf deren Anhalten sie vorher waren vertrieben worden, an; sie bewaffneten bey solcher Gelegenheit alles was nur Gewehr tragen konnte, und der König gab ihnen auf ihr Verlangen nichts als das tägliche Brodt. Sie machen itzt in allen etwan dreyßig bis vierzigtausend Seelen aus, die in etlichen und siebenzig Dörfern wohnen. An äußerlicher Uebung ihrer Religion hindert sie niemand, nur ist in jedem Kirchspiele auch eine katholische Kirche angelegt. Wo dergleichen[206] Verordnung nicht wider Verträge und ohne Ueberlast oder Unkosten der protestantischen Unterthanen geschieht, kann es keinem katholischen Regenten übel gedeutet werden, so wenig als die Anstalten, welche man in Turin à la Maison des Vaudois dans la place Caroline gemacht hat. Hierinnen werden die Waldenser, absonderlich die Kinder, so sich freywillig angeben, um zum römischkatholischen Glauben zu treten, unterrichtet und unterhalten, damit sie nicht nöthig haben zu betteln. Die Mägdchen sucht man, wenn sie groß werden, auszusteuren, uno die Knaben lernen Handwerke, womit sie hernach ihr Brodtverdienen können. Dieses Haus und Kirche hat viele und alte Stiftungen. Es ist natürlich und löblich, daß jeder dasjenige, was er für nützliche Wahrheiten hält, auszubreiten sucht, wenn es nur mit solchen Mitteln geschieht, die nicht wider das natürliche Recht und das Christenthum laufen.

Um von der Geistlichkeit hiesiger Länder noch etwas zu gedenken: so ist in Turin ein Erzbischof, welcher vierzigtausend Livres de Piemont jährliche Einkünfte hat. Rand rechts: Erzbischof zu Turin. Der König hat ihn kürzlich zum Grand-Aumonier gemacht, wodurch er den Titel von Excellenz erhalten, da er sonst nur Illustrissimus war. Weiter hat er noch nichts, weil das Patent noch nicht ausgefertiget ist, nach dessen Empfang erst die Besoldung von zwölftausend Livres anhebt. Dafür sieht er durch die Finger, und nimmt nicht alles gar zu genau, also daß der König mehr Gelegenheit hat, auch in geistlichen Dingen solche Verordnungen zu machen, wie sie von ihm nöthig erachtet werden. Wenn der Erzbischof ausfährt, reitet ein Bedienter im schwarzen Mantel und Rocke mit einem silbernen Kreuze voraus, darauf folgen fünf bis sechs Lackeyen, deren Livrée voritzo braun mit rothen Schnüren ist. Neben dem Wagen des Erzbischofs geht sein Kammerdiener mit entblößtem Haupte, und in einem andern Wagen folgen etliche Geistliche.

Der itzige Erzbischof in Turin heißt Francesco Arborio Gattinara, Gran Elemosiniere & Vescovo di Corte.

Zu Tarantaise ist Erzbischof Francesco Amadeo Miglietti de Chales. Rand rechts: Bißthümer in Terraferma. Die Bißthümer sind 1) Agosta. 2) Alba. 3) Alexandria. 4) Aqui. 5) Asti. 6) Casale. 7) Fossano. 8) Geneve zu Annessy. 9) Ivrea. 10) Mondovi. 11) Moriane. 12) Nizza. 13) Saluzzo. 14) Vercelly.

Was das Königreich Sardinien anbetrifft: so ist Erzbischof zu Cagliari, Monsign. Faletti di Barolo, Primate, Elemosiniere di S. M. Rand rechts: Erz- und Bischöfe in Sardinien.

Erzbischof zu Oristano, Monsign. Nini, ein Sardinier.

Erzbischof zu Sassari, Monsign. Giordini Carmelitano Scalzo, aus Turin.

Die Bischöfe sind 1) zu Ales. 2) Alghero. 3) Ampuria. 4) Bosa.

Uebrigens muß man der Geistlichkeit in den savoyischen und piemontesischen Landen das Zeugniß geben, daß sie äußerlich wohl leben und gute Ordnung halten; wozu die oberste Aufsicht des Königes nicht wenig beyzutragen scheint: und es wäre zu wünschen, daß in den übrigen italienischen Landen die katholische Clerisey ihren eigenen Glaubensgenossen nicht mehrere und größere Aergernisse gäbe. Rand rechts: Regulirte Lebensart der hiesigen Clerisey.

Fußnoten

1 Nach dem Tode des Pabstes Benedict des dreyzehnten, haben sich am päbstlichen Hofe neue Schwierigkeiten hervorgethan 1) wegen der Beneficiatmaterien, 2) wegen Immunität und Jurisdiction, 3) wegen der Souverainität überdie Lehen Cortanze, Cortanzone, Cisterna, Montasia und einige Ländereyen von der Lomeline. Rand links: Zwistigkeiten mit dem päbstlichen Stuhle. Der neue Pabst suchet dasjenige, was der turinische Hof unter Benedict dem dreyzehnten, kraft eines schon von Nikolaus dem fünften erhaltenen Indultes und einer langwierigen Besitzung, fest gestellet, wieder umzudrehen; der König von Sardinien aber will sich seines einmal erhaltenen Vortheils nicht begeben.


2 Bey dieser Gelegenheit suchten die Dominicaner dasjenige wieder gut zu machen, was sie durch einige heterodoxe Satze verdorben hatten. Es ist der Mühe werth, daß wir sie selbst reden lassen: Propositiones doctrinæ dictatæ in theologia a R. R. P. P. DRUITS & MILLETDominicanis Lectoribus in Universitate Taurinensi: 1. Papa est fallibilis etiam in materia religionis, quamvis loquatur e cathedra. Papa solus sine consensu eccleslæ universalis non potest decidere articulos in dogmatibus religionis. 2. Papa non est caput & magister aliarum ecclesiarum, sed unaquæque ecclesia potest pro suo lubitu præscribere & determinare particularem disciplinam. 3. Potestas concilii est supra Papam, qui potest a concilio deponi. 4. Potestas principum sæcularium dependet immediate a Deo, quæ se extendit supra clericos sæculares & ecclesiasticos. 5. Confessio auricularis est instituta per legem positivam & subrogata antiquæ pœnitentiæ publicæ. 6. Attritio super motivum supernaturale sufficit ad consequendam gratiam justisicantem cum sacramento pœnitentiæ, quamvis conjungeretur cum formali dolore & conversione ad Deum. 7. Contritio est donum Dei, quod dat pro libero suo arbitrio: hæc propositio sic explicatur, ut arbitrium humanum reddatur impotens & inhabile ad servanda præcepta divina sine gratia efficaci. 8.Concilia generalia sunt non absolute necessaria, sed sufficiunt litteræ circulares conciliorum particularium ad decidenda puncta religionis. 9. Sanctus Apostolus Petrus non est caput ecclesiæ, sed potestas clavium, & quantum ad ordinem & quantum ad jurisdictionem, fuit æqualiter communicata omnibus apostolis. Hinc non est differentia inter episcopum, sacerdotem & clericum ad altare, saltem quoad ordinem hierarchicum, nisi solum respectu quoad potestatem characteris. 10. In inferno non est ignis realis & physicus, & multo minus in purgatorio, de quo nulla erat cogitatio in primis eccleslæ sæculis. Eben diese Dominicaner hatten noch andere achtzehn verfängliche Satze aus dem Kirchenrechte mit vieler Freymüthigkeit abgefasset. Einige derselben mögen zur Probe genug seyn: 1. Episcopi non habent jurisdictionem de jure antiquo. 2. Iurisdictio episcoporum non est de jure divino, sed nata ex usurpatione & tolerantia principum. 10. Principes absque dependentia a Papa possunt bonis ecclesiasticis tributa imponere. 11. Bulla cœnæ Domini est oppressio principum & ideo non debet acceptari. 12. Excommunicationes & interdicta sunt abusus. 14. Excommunicationes injustæ inflictæ non sunt timendæ, & ideo censuratus debet in publico & privato exercere actus pertinentes ad christianum, qui vivit in communitate catholicorum. Alle diese nach dem Lehrbegriffe der herrschenden Religionspartey höchst verwagne Sätze, welche zur Kränkung der päbstlichen Hoheit die Macht eines Prinzen erheben, waren den Jesuiten entgegen gesetzt, und diesen mußte der Sieg ihrer Feinde nothwendig den schmerzlichsten Verdruß erwecken.


3 Im Jahre 1730, mitten in der größten Kälte des Decembers; mußten die waldensischen Einwohner des Thals St. Martin ihr Vaterland räumen oder die Religion ändern: welches ohne Zweifel dem Pabste, dessen man zu andern politischen Absichten nöthig hatte, zu gefallen geschah. Der Befehl war unterzeichnet den 20. Jun. 1730, und den Leuten eine halbjährige Bedenkzeit gegeben.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 1. Hannover 1751, S. 207.
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