VIII.
(1820.)

Eine eigenthümliche Laune des Schicksals fügte es, daß unser großer Liedercomponist zuerst mit einem dramatisch-musikalischen Werke vor das große Publicum seiner Vaterstadt treten sollte. Von seinen Liedern, deren er schon ein paar Hundert geschrieben hatte, und von welchen einige in Privatkreisen unter großem Beifall gesungen, den Ruhm des jungen Mannes immer weiter und weiter trugen, war noch keines im Stich erschienen. Schubert selbst war nicht in der Lage, seine Werke auf eigene Gefahr und Kosten verlegen zu lassen, und noch weniger dazu angethan, sie den Musikalienhändlern aufzudringen, zumal bei der Zurückhaltung und der Voreingenommenheit dieser Leute gegen »erst aufkeimende Talente« an irgend einen Erfolg kaum zu denken war. Welche Mühe – doch vergeblich – von sachkundigen, mit den Praktiken der Verleger vertrauten Personen in dem darauffolgenden Jahre angewendet wurde, um die Herausgabe des »Erlkönig« zu Stande zu bringen, wird an geeigneter Stelle erwähnt werden.

Der Sänger Vogel, stets darauf bedacht, seinem Freunde Gelegenheit zu größerer und ausgedehnterer Anerkennung zu verschaffen, als ihm bis dahin geworden, bestimmte durch[167] seinen Einfluß die Direction des Operntheaters, daß sie Schubert mit der Composition eines, dem Französischen entnommenen, von dem Theatersecretär Hofmann für die deutsche Bühne bearbeiteten Textbuches beauftragte.

Schon im Jahre 1818 scheint er sich an die Arbeit gemacht zu haben; es ging wenigstens damals in Wien die Rede, daß Schubert mit der Musik zu einer Oper beschäftigt sei1.

Der Inhalt des Textbuches ist ein auf der Bühne schon abgenützter; er beruht auf fortwährenden Verwechslungen in der Person und dadurch herbeigeführten Mißverständnissen, was zu einigen possenhaften Scenen Veranlassung gibt, zumeist aber auch einen matten Schluß herbeiführt. Das Singspiel wurde unter dem Titel: »Die Zwillinge«, Posse mit Gesang in Einem Act, am 14. Juni 1820 zum ersten Mal im Kärnthnerthor-Theater gegeben. Die darin vorkommenden Personen sind: der Schulze, Lieschen seine Tochter (Sopran), Anton (Tenor), der Amtmann (Baß), Franz und Friedrich Spieß (Baß), Invaliden, von welchen der Erstere eine Binde um das rechte, der Letztere eine solche um das linke Auge trägt.

Die Fabel des Stückes ist folgende: Vor achtzehn Jahren war dem Schulzen ein Töchterlein geboren worden. Der beglückte Vater denkt eben nach, wen er als Pathen desselben wählen soll, als sein Nachbar Spieß, in's Zimmer[168] tretend, ihm mittheilt, daß er jetzt, wo er großjährig geworden, sich entschlossen habe, in die weite Welt und vorerst nach Frankreich zu gehen, um dort seinen Zwillingsbruder aufzusuchen, der schon als Knabe der Heimat entlaufen ist. Seinen Abgang noch durch eine löbliche Handlung zu bezeichnen, erbietet er sich, Pathenstelle bei dem Töchterchen zu vertreten, indem er zugleich einen Brautschatz von 1000 Thalern mit der Bedingung hinterlegt, daß, wenn er binnen achtzehn Jahren zurückkehren und das Mädchen ihm gefallen sollte, dasselbe seine Gattin werden müßte.

Lieschen ist mittlerweile herangewachsen, hat sich Anton zum Bräutigam auserkoren und heute eben – doch erst mit Sonnenuntergang – gebt der Termin zu Ende, welchen sich Franz Spieß zur allfälligen Geltendmachung seiner Rechte auf die Hand des Mädchens gesetzt hat. Anton und ein Chor von Landleuten haben durch ein Morgenständchen die Braut aus dem Schlummer geweckt (Anfang des Singspieles). Mit Ungeduld harrt das Paar des Sonnenunterganges, um zum Traualtar zu wandeln. Da erscheint Franz Spieß, gibt sich dem etwas unangenehm überraschten Schulzen zu erkennen, erzählt ihm seine bestandenen Abenteuer und erinnert ihn schließlich an die bezüglich der Tochter gemachte Zusage. Lieschen wird herbeigeholt, und da sie dem neuen Brautwerber gefällt, hält dieser seine Heirat mit ihr für abgemacht. Weder des Schulzen, noch Lieschen's und Anton's Protest helfen dagegen; Franz beharrt auf seinem Recht und befiehlt Ersterem, ein Frühstück zu besorgen, Letzteren aber, sich von einander für immer zu verabschieden, während er selbst zum Amtmann gehen wolle, um die Rechnung über die Wirthschaft zu fordern. Bestürzt, doch auf neue Mittel sinnend,[169] wie dem Spieß beizukommen wäre, ziehen sich der Schulze, Anton und Lieschen in das Haus zurück.

Da erscheint Friedrich Spieß, seinem Bruder zum Verwechseln ähnlich, und begrüßt freudig die heimatliche Erde. Der Schulze, in der Meinung, den Franz Spieß vor sich zu haben, ladet ihn zum anbefohlenen Frühstück ein, wobei er ihm fleißig das Gläschen füllt. Friedrich erklärt, nun wieder mit allen Heimatsgenossen, insbesondere auch mit dem Schulzen in Friede und Freundschaft leben zu wollen; dieser, ihn mißverstehend, eilt in das Haus, um seiner Tochter die frohe Botschaft zu hinterbringen. Lieschen kommt nun selbst, und es entsteht im Verlauf ihres Gespräches mit Friedrich das weitere Mißverständniß, daß dieser bei Lieschens Erklärung: »geheiratet muß werden« der Meinung ist, er müsse das Mädchen zur Frau nehmen, wogegen er sich aus verschiedenen Gründen und hauptsächlich auch darum verwahrt, weil er Vater eines schon erwachsenen Sohnes sei. Lieschen, hochbeglückt, eilt zu Anton in's Dorf zurück.

Der Amtmann erscheint, um im Namen der Gemeinde dem zurückgekehrten Franz Spieß zu seinen Großthaten Glück zu wünschen und wegen des Verlustes des Bruders sein Beileid auszudrücken. Sodann ersucht er ihn, als Erbe des letzteren, die deponirte Summe in Empfang zu nehmen und die Quittung darüber zu unterzeichnen. Friedrich und der Amtmann begeben sich sofort in das Amtshaus.

Lieschen und Anton freuen sich des errungenen Sieges; Franz Spieß tritt an sie heran und in voller Unkenntniß dessen, was mittlerweile mit seinem Bruder vorgegangen, besteht er consequent auf seiner Forderung. Lieschen erinnert[170] ihn an sein Versprechen, ihr zu entsagen, und droht ihm mit Anton's und ihres Vaters Rache.

Der Schulze kommt aus dem Hause; Franz Spieß begehrt zu frühstücken; der Schulze erwiedert, daß er mit ihm bereits wacker getrunken habe, was Franz wieder entschieden leugnet u.s.f. Endlich gesellt sich noch der Amtmann dazu, welcher Franzen ersucht, der Quittung über die 1000 Thaler seine Unterschrift beizufügen. Franz leugnet, irgend welche Summe erhalten zu haben, noch anerkennt er seine Unterschrift. Der Streit wird immer lebhafter: Anton, Lieschen und Landleute aus dem Dorfe kommen herbei. Der Amtmann, welchem Franz verdächtig vorkommt, bemerkt, daß Spieß nun die Binde über dem rechten Auge trage, während er früher das linke damit bedeckt gehabt; sofort wird Franz als Betrüger und Spion vor Gericht geführt.

Friedrich Spieß, einen Sack voll Geld tragend, naht von der andern Seite und ersucht den Schulzen um Aufbewahrung des Geldes, was aber dieser ablehnt. Neuerliche Verwirrung in Folge der an den vermeintlichen Franz Spieß gestellten Fragen, welche Friedrich nicht versteht. Endlich verfällt der Schulze auf den Einfall, daß da zwei Spieße ihr Unwesen treiben dürften. Anton kömmt mit der Nachricht, daß Franz Spieß vor Gericht seinen Ansprüchen auf Lieschen entsagt habe.

Nun erscheint dieser, die Brüder stürzen sich bewegt in die Arme und der Chor läßt das Brüder- und Brautpaar hochleben.

Das Singspiel enthält nebst der Ouverture, deren Allegrosatz (D-Dur 4/4) ohne Unterbrechung dahinrauscht, zehn Musikstücke, und zwar: Einen Chor der Landleute[171] (Introduction), aus welchen sich das Tenorsolo des seine Braut weckenden Anton heraushebt, ein zärtliches Duett (Lieschen und Anton), eine Arie Lieschens, eine Arie des Franz Spieß (Strofenlied), ein Quartett (Lieschen, Anton, Franz und der Schulze), eine Arie des Friedrich Spieß, ein Duett (Lieschen und Anton), ein Terzett (Lieschen, Anton und Franz), ein Quintett (Anton, Lieschen, Schulze, Franz und der Amtmann) mit Chor und den Schlußchor. Gesprochener Dialog scheidet die Musikstücke von einander.

Schubert ging mit wenig Luft an die Composition dieser Posse, da er sich von dem Inhalt derselben nicht angeregt fühlte. Die Musik ist auch thatsächlich seinen schwächeren Producten beizuzählen, womit übrigens nicht gesagt sein soll, daß die Vorführung des musikalischen Theiles derselben die Mühe nicht verlohnen würde.

Vogl hatte die Rolle der beiden Zwillinge, des Militär-Invaliden und des Landmannes übernommen, und that sein möglichstes, sie in gehöriger Weise auseinanderzuhalten.

Die Musik sprach im Ganzen an; der Eingangschor mußte wiederholt werden, auch die Arie des Franz Spieß (in C) fand Anklang. Am Schlusse wurde Beifall geklatscht, und man verlangte den Tonsetzer zu sehen, an dessen Stelle, da er abwesend war, Vogl den Dank aussprach.

Die Aufführung war im Ganzen befriedigend2, eine nachhaltige Wirkung wurde aber nicht erzielt, woran wohl auch das Textbuch mit die Schuld trug. Die Operette erlebte[172] sechs Vorstellungen, um dann für immer vom Repertoir zu verschwinden.

Die Kritik nannte dieselbe eine artige Kleinigkeit, das Product eines jungen Tonsetzers, der, wie der reine Styl der Oper darthue, ordentliche Studien gemacht haben müsse, und kein Neuling in der Harmonie sei. Freilich, heißt es weiter, sei die Musik hie und da ältlich und sogar unmelodisch, und man dürfe erwarten, der Tonsetzer werde das Compliment der Freunde, die ihn herausriefen, nicht mißverstanden haben3.

Wenige Wochen darauf vollendete Schubert eine ungleich bedeutendere, ebenfalls für die Bühne bestimmte Composition melodramatischer Art.

Am 19. August 1820 enthielten die Wiener belletristischen Blätter folgende Anzeige:

»Die liberale Denkungsart Seiner Excellenz des Herrn Grafen Ferdinand von Palffy, Eigenthümer des k.k. priv. Theaters an der Wien, hat drei Künstlern, deren Engagements-Verhältnisse ihnen keine freie Einnahme anzusprechen erlaubten, eine solche aus eigenem Antrieb bewilligt. Diese Künstler sind: die Herren Neefe4, Theatermaler, Roller,[173] Maschinenmeister, und Lucca Piazza, Costumier des genannten Theaters, welche durch ihre bedeutenden Verdienste um das Vergnügen des Publicums eine solche Auszeichnung im hohen Grade verdienen. Diese Einnahme wird nächsten Montag, den 21. August, auf die dritte Vorstellung des neuen Zauberspiels in drei Aufzügen: Die Zauberharfe, Musik von Herrn Schubert, Decorationen, Maschinen und Costüme von den Beneficianten erfolgen.«

Schubert war von Neefe und dem Regisseur des Theaters, Demmer, aufgefordert worden, zu diesem Melodram, dessen Verfasser ungenannt blieb, die Musik zu schreiben5. Er entschloß sich sogleich dazu und war in ein Paar Wochen damit fertig. Am 19. August 1820 ging das Stück in Scene und zwar mit mäßigem Erfolge. Es wurde mehrere Male gegeben, verschwand aber noch vor dem Eintritte des Winters vom Repertoir. Der Sologesang war nur wenig darin vertreten, die Hauptbestandtheile bildeten Chöre und Melodram. Das Textbuch war auch hier wieder ohne allen Werth, ja geradezu läppisch, und mißfiel entschieden.

Die damals aufgeführte Ouverture, ein hübsches Orchesterstück, ist dieselbe, welche als op. 26 im Clavierauszuge erschienen und unrichtiger Weise als zum Drama »Rosamunde« gehörig bezeichnet wurde. Ein artiges Solostück ist die Tenorromanze6 des Palmerin, welche Franz Jäger sang.[174]

Die Kritik fiel unbarmherzig über das insipide Textbuch7 dieses Spektakel- und Ausstattungsstückes her, fand aber auch an der Musik so manches auszusetzen; vor allem daß sie die Handlung eher aufhalte, als sie fortsetze und überhaupt die gänzliche Unkenntniß des Compositeurs mit den Regeln des Melodrams verrathe. Der Geschmack der Geisterharfen-Musik sei häufig dünn, fad und abgestorben, und es fehle an der nöthigen Kraft und Charakteristik, welcher auch die lustigen Geister nicht entrathen könnten8.

In diesen kritischen Beurtheilungen der damaligen Zeit mag manch Körnchen Wahrheit liegen; verfolgt man sie aber ihrem ganzen Inhalt nach, so kann man nicht umhin, eine gewisse Voreingenommenheit gegen den jungen Tondichter, der eben erst mit einigen kleinen musikalisch-dramatischen Versuchen in die Oeffentlichkeit getreten war, darin wahrzunehmen. Immerhin steht nach dem Zeugnisse competenter Musikrichter, welche der Vorstellung beigewohnt haben, die Thatsache fest, daß die Musik, welche Schubert zu einem sinnlosen Stück zu[175] componiren hatte, interessante Vocal- und Instrumentalsätze in sich schloß9.

Die dem Componisten damals gemachten Vorwürfe zu greller Harmonienfolgen, fortwährenden Modulirens, Ueberladung der Instrumentation u.s.w. würden sich bei der heutigen Geschmacksrichtung zweifellos in das Gegentheil verwandeln. Die Musik zur »Zauberharfe« verdiente aus dem Schutt herausgeholt zu werden, da sie in der That Schönes aufweist, und Schubert selbst sie zu seinen gelungeneren Arbeiten zählte10.

Es kommt nun abermals einer jener Züge zu verzeichnen, welche die Größe und Vielseitigkeit des Schubert'schen Genius in schlagender Weise darthun.

Beinahe um dieselbe Zeit, als unser Tondichter mit der musikalischen Bearbeitung abgeschmackter Textbücher für das Theater beschäftigt war, entstand in geweihten Stunden, und wie es scheint in völliger Abgeschiedenheit eine seiner bedeutendsten und eigenthümlichsten Tondichtungen religiösen Charakters, deren Genesis ein Geheimniß ist und es wahrscheinlich immerdar bleiben wird, da selbst Schubert's vertrauteste[176] Freunde, namentlich auch Franz von Schober, der doch gerade in dem Jahre 1820 mit ihm vielfach in persönlicher Berührung stand, über die Veranlassung und andere äußerliche Umstände, unter welchen das in Rede stehende Werk geschaffen wurde, keine Aufschlüsse zu geben vermögen, einem großen Theil von Schubert's Umgebung aber die Existenz desselben überhaupt verborgen geblieben ist. Das hier gemeinte »Oratorium« Lazarus oder die Feier der Auferstehung – von Schubert als Ostercantate bezeichnet – wurde, wie aus der Originalpartitur zu ersehen, im Februar 1820, also höchst wahrscheinlich in jener Behausung in der Wipplingerstraße, welche Schubert damals gemeinschaftlich mit Mayrhofer inne hatte, in Angriff genommen.

Die Feier der Auferstehung ist eines der religiösen Gedichte des, als pädagogischer und theologischer Schriftsteller bekannten August Hermann Niemeyer11, weiland Kanzler der Hochschule in Halle.

In dem Vorwort zu jener Gedichtsammlung findet sich unter andern auch folgende Stelle: »Die Oratorien, besonders die vier ersten, haben in den Jahren 1776 bis 1780 ein sehr großes Publikum bekommen. Sie hatten es vorzüglich einem in jener Periode sehr geschätzten Componisten, dem seligen Musikdirector Rolle12 zu danken, der sie zuerst[177] in den damals sehr glänzenden Magdeburger Concerten vollständig aufführte.« Diese Worte wurden am 8. April 1814 geschrieben; sechs Jahre darauf (im Februar 1820) setzte Schubert die Dichtung Niemeyer's in Musik, wovon dieser in den folgenden acht Jahren, die er – und Schubert – noch zu leben hatte, wohl nie etwas erfahren hat.

Aber selbst nach weiteren dreißig und mehr Jahren seit des Componisten Tod wirkte die erste Kunde von der Existenz eines Oratoriums von Franz Schubert noch immer überraschend, obwohl die Original-Partitur der ersten »Handlung« sich wahrscheinlich durch einen beinahe gleich langen Zeitraum bereits in dem Besitze der Musikalienhandlung Diabelli und Comp. (derzeit Spina) in Wien befunden hat. Es bedurfte der Entdeckung einer, in der Spaunschen Schubertsammlung enthaltenen Abschrift dieses Werkes durch den Verfasser dieses Buches, im Jahr 1860, und des im Spätherbst des darauffolgenden Jahres ebendemselben beschieden gewesenen Fundes des größten Theiles der Originalpartitur der zweiten »Handlung«, um das Werk aus dem Dunkel, in dem es so lange gelegen, endlich an's Tageslicht zu fördern13, und (im März 1863) in Wien zur ersten öffentlichen Aufführung zu bringen.[178]

Niemeyer's Dichtung zerfällt in drei Theile, oder »Handlungen«, wie sie Schubert nennt, von welchen der erste mit dem Tod des Lazarus, der zweite mit seinem Begräbniß und dem Trauergesang der Freunde über den Dahingeschiedenen, der dritte mit seiner Auferweckung abschließt. Von diesen ist der musikalische Theil der ersten Handlung im Original, und zwar in einer äußerst saubern Handschrift (im Besitz der Musikalienhandlung Spina in Wien) und in[179] Abschriften (welche Hofrath v. Spaun und der Musikverein in Wien besitzen) vollständig erhalten; der als Original-Manuscript aufgefundene zweite Theil reicht noch mit ein paar Recitativgesängen (des Nathanael und der Maria) über den Wechselchor der trauernden Freunde des Dahingeschiedenen hinaus, mit welchem, so lange der letzte Bogen der Partitur fehlt, dieser Theil abzuschließen sein wird. Das noch fehlende Fragment enthält, dem Text zufolge, als Musikstücke eine Arie der Martha, mehrere kurze Recitativstellen und einen Chor der Freunde14.[180]

Ob der dritte, umfangreichste Theil, in welchem auch vorgesang eine hervorragende Stelle angewiesen ist,[181] von Schubert ebenfalls componirt wurde, darüber fehlt zur Stunde jeder Anhaltspunkt.

Die in der Cantate auftretenden Personen sind: Der Bethanier Lazarus (Tenor), Maria und Martha, Schwestern des Lazarus (Sopran); Jemina, die Tochter des Jairus (Sopran); Nathanael, ein Jünger des Herrn (Tenor), und der Sadducäer Simon (Baß)15.

Jemina und Nathanael ausgenommen, deren Gesangspartien minder umfangreich, aber musikalisch auf das schönste ausgestattet erscheinen, sind die übrigen hier auftretenden Personen von dem Dichter und dem Componisten ziemlich gleichmäßig bedacht. Letzterer hat sich in dem Text mehrere Aenderungen erlaubt, durch welche er das Original für seine Zwecke gefügiger, mitunter auch poetisch bedeutsamer gestaltete16.[182]

Der musikalische Theil besteht – dem Gedicht gemäß – aus Arien und Ariosen, Chören und Recitativen. Dem Arioso und dem eigentlichen Recitativ ist aber in dieser Schubert'schen Tondichtung eine hervorragende Stelle eingeräumt, gegen welche die dünngesäeten Arien und die zu zwei Chöre, welche jede der Handlungen abschließen, entschieden zurücktreten. Der Componist war vorzugsweise auf den declamatorischen Gesang angewiesen, und die Meisterschaft, mit welcher. Schubert den Strom prägnant hervortretender Melodien, wie diese ihm jederzeit zu Gebot standen, einzudämmen und in inniger musikalischer Durchdringung der, von dem Geist der Asketik durchwehten Dichtung, die zu recitirenden Stellen in bedeutender, sein individualisirender Weise wiederzugeben verstand, verleiht dieser Cantate ein besonderes Interesse, und gestaltet dieselbe zu einer der eigenthümlichsten Tondichtungen, welche in dieser Art überhaupt geschaffen worden sind. Der Verfasser des Textes hat dem Componisten die Arbeit keineswegs erleichtert. Es bedurfte eines Genies, wie es eben jenes Schubert's war, um an der gefährlichen Klippe der Monotonie, welche in dem Mangel an bewegter Handlung, in dem fast ununterbrochenen Festhalten[183] einer und derselben Stimmung und dem überwiegenden Recitativgesang gelegen ist, glücklich vorbeizuschiffen. Schubert ging dabei nicht in beschreibender, sondern – wie es die Dichtung verlangt – in darstellender Weise zu Werke, und mit welch seinem Gefühl und überraschendem Geschick er sich der von dem Dichter ihm dargebotenen Gelegenheit zu dramatischer Entfaltung zu bemächtigen wußte, davon geben die, der Tochter des Jairus (Jemina) und dem Sadducäer Simon zugetheilten musikalischen Partien glänzendes Zeugniß. Ein verstandesmäßiges Zergliedern des zartgestalteten, aus Einem Guß hervorgegangenen und fast ohne Ruhepunkte sich dahinbewegenden Tonwerkes hieße das Mondlicht zerlegen wollen und würde wenig frommen, wenn auch nur auf diese Art viele verborgene Reize bezeichnet und aufgedeckt werden könnten; – hier möge nur im Allgemeinen auf die hohen Schönheiten der Schubert'schen Tondichtung hingewiesen werden.

Das Oratorium beginnt mit einem kurzen Vorspiel als Einleitung zu dem recitirenden Gesang des Lazarus, der eben von den beiden Schwestern Maria und Martha in den Garten unter einen schattenden Palmbaum geführt und auf blumigen Rasen niedergelassen ward. Auf den tiefempfundenen, sanften Gesang folgt (in rascherem Zeitmaß) ein Recitativ der Martha, und nach einem kurzen Vorspiel (Andantino G-Dur) ebenfalls ein recitirender Gesang der Maria. Die demselben sich anschließende Arie (Andantino sostenuto F-Dur 3/4 von Streichinstrumenten, Clarinett, Fagott und Horn begleitet) ist eines der schönsten Musikstücke und erhält namentlich durch das Hervortreten der Blasinstrumente eine eigenthümliche Färbung. Nun folgt[184] ein Recitativ des Lazarus von rührendem Ausdruck, und auf dieses abermals ein Recitativ des von dem Heiland zu Lazarus herbeigeeilten Jüngers Nathanael, welches in die schwungvolle Arie (Allegro moderato C-Dur 4/4) »Wenn ich ihm nachgerungen habe« u.s.w. hinüberleitet. Unter den darauf folgenden Recitativgesängen der Martha, des Lazarus und der Maria ragt jener der Letzteren:


Wenn nun mit tausendfacher Qual

Der Schmerzen Heer sich um ihn drängt u.s.w.


und die darauf folgende Arie:


Gottes Liebe! Fels im Meer u.s.f.


durch melodischen Zauber und schöne Charakteristik hervor.

Nun erscheint Jemina, die auferweckte Tochter des Jairus, eine der holdesten Gestalten des Evangeliums, die der Dichter sinnreich in die Handlung einführt, auf daß sie dem sterbenden Lazarus ein lebendiges Zeugniß der Auferstehung vor Augen stelle. Die große Scene, in welcher sie ihren Tod, ihre Himmelfahrt und Auferstehung erzählt, gab dem Componisten Gelegenheit, ein ebenso erhabenes als ergreifendes Tonstück zu schaffen, das unserer vollen Bewunderung werth ist.

Was nun folgt – die letzten Worte des sterbenden Lazarus, die Klagelaute der Schwestern und Jemina's, und endlich der Chor der nach und nach sich versammelnden Freunde – ist von einer Schönheit und Innigkeit des Ausdrucks, welche sich nur fühlen, nicht beschreiben läßt.

Die zweite Handlung beginnt mit einem durch 27 Takte anhaltenden Orchestersatz (Largo C-Moll 4/4), einer Art von Grabmusik, in welcher die Posaunen zu mächtiger[185] Wirkung gelangen. An diese schließt sich ein Recitativ des in wilder Unruhe zwischen Gräbern herumirrenden Sadducäers Simon17. Dieser Recitativgesang und die darauf folgende Arie:


Ach des grausen Todgedanken! u.s.f.


sind von einer dramatischen Gewalt, deren wohl Wenige Schubert's weichgestimmtes musikalisches Naturell für fähig gehalten haben. Noch folgen ein Paar Recitative Nathanael's und sodann der Chor der Freunde des Lazarus, die dem Leichenzug folgen, ein schöner ergreifender Wechselgesang, von Männer- und Frauenstimmen getragen, die sich am Schluß bei den Worten:


Du nimmst ihn auf, er keimt hervor,

Er wächst zur Ceder Gottes empor,


zu einem mächtigen, von dem vollen Orchester getragenen Gesammtchor vereinigen und so diesen Theil in herrlicher Weise abschließen18.

Ein zweites größeres Werk von zartem, duftigem Gewebe ist die Oper Sakontala, die, nach der Anlage zu urtheilen, bedeutend werden konnte, leider aber – aus mir[186] unbekannten Gründen – unvollendet bei Seite gelegt wurde19. Das Textbuch hält sich im Wesentlichen an das berühmte indische Schauspiel »Ring-Cacuntala« des Dichters Kalidasa, und die Verse unterscheiden sich durch höhern Schwung und ein gewisses Ebenmaß vortheilhaft von jener trostlosen Sorte gereimter Zeilen, welchen man so häufig in Opernbüchern begegnet. Gesprochener Dialog wechselt darin mit Gesang ab.

Die in dem Stück vorkommenden Personen sind: Duschmanta, König von Hindostan (Tenor); Madhawia, Hofnarr und Vertrauter des Königs (Baß); Sakontala (Sopran); Kanna, oberster Brame im Eremitenhain, Sakontala's Pflegevater (Baß); Durwasas, Bruder der Tagesgöttin Aditi (Baß); Saregarawa, Brame des Eremitenhaines; Gautami, Sakontala's Erzieherin; Amusia, Primawada, Sakontala's Gespielinnen; Menaka, eine Nymphe, Sakontala's Mutter, zwei Häscher, ein Fischer, Genien des Lichtes, Dämonen der Nacht, zwei Mädchen, tanzende Personen; Aditi, Göttin des Tages; Matali, Wagenlenker, und Misraki, ein Dämon.

Der Inhalt des Operntextes und die von Schubert skizzirten Musikstücke fassen sich in Folgendem zusammen:[187] König Duschmanta hat auf einer Jagd in dem Hain der Eremiten Sakontala erblickt, sie nach indischer Sitte mit einem Kuß zu seiner Gattin geweiht, und ist sodann mit seinem Gefolge nach der Hauptstadt zu ihrem Empfange vorausgeeilt. Kanna, von dem heiligen Ort Somathirta zurückgekehrt, wo er aus der Göttin Mund vernommen, daß Sakontala vor ihrer Verbindung mit dem König schwere Prüfungen zu überstehen haben werde, bereitet sie und ihre Begleiterinnen zur Abreise nach der Residenz Duschmanta's vor. Den Segen der Götter zu erflehen, wird diesen im »Hain der Erinnerungen« geopfert, und damit beginnt die Oper. Ein Chor, von Knabenstimmen eingeleitet (Andante con moto F-Dur 4/4), an welchem später auch die Eremiten und die Mädchen, sowie Kanna und Sakontala, diese im Sologesang, theilnehmen, begrüßt das Tageslicht und fleht zu den Göttern um gnädige Hinnahme der dargebrachten Opfer. Der allgemeine Chor:


Nehmet das Opfer,

Nehmt unser Herz

Mit seinen Freuden,

Mit seinem Schmerz!


schließt diese Scene.

Die Bühne verwandelt sich in eine andere Gegend des Hains; Durwasas, der Bruder der Tagesgöttin Aditi, stürzt wuthentbrannt herein und beschwört die Dämonen, ihm in seiner Rache gegen Sakontala, deren Mutter, die Nymphe Menaka, er, ohne Gehör zu finden, geliebt, und gegen Aditi, bei welcher Menaka Zuflucht gefunden und deren Sohn er geraubt, beizustehen. Die Dämonen antworten aus den Tiefen der Erde herauf:


Wir hören dich!
[188]

Durwasas singt eine Rache-Arie (Allegro mod. D-Moll 4/4), in welcher die bezeichnende Stelle enthalten ist:


Ein Zauber, mächtig und schwer,

Senk' über Duschmanta sich nieder,

Er soll die Sinne ihm binden,

Dein Bild soll dem Herzen entschwinden,

Und sieht auch sein Auge dich wieder,

Er kenne die Gattin nicht mehr!


Amusia und Primawada treten auf und dringen in Durwasas, daß er seinen Fluch zurücknehme. Dieser aber ruft die Dämonen abermals zum Beistand auf und sie sagen ihm denselben auch zu; die Mädchen aber tröstet er mit den Worten:


Doch seine Zauber sollen schwinden,

Und von des Königs Auge falle

Im Augenblick der Schleier ab,

Sobald er seinen Ring erblicket,

Den scheidend er der Gattin gab.


Ein Wechselgesang der Mädchen und der ihnen nicht sichtbaren Dämonen schließt das Ensemblestück, worauf sich alle entfernen und die Dämonen verschwinden. – Kurzes Zwiegespräch der Mädchen. Nun erscheint Sakontala und gibt in einer Arie (Andante agitato B-Moll) ihren Gefühlen, voll von bösen Ahnungen, und der Sehnsucht nach dem Gatten Ausdruck. Die Gespielinnen schmücken sie zur Abreise und Kanna verkündet den Nymphen des Haines den bevorstehenden Zug der Tochter nach des Königs Palast.

Weibliche Stimmen (Andantino G-Dur 6/8 dreistimmig mit Flötenbegleitung) ertönen lieblich aus den Gebüschen; Kanna führt die Pflegetochter fort, die übrigen folgen, die Waldnymphen wiederholen die letzte Strofe[189] ihres Gesanges. – Durwasas tritt auf und sendet seinen Diener Misraki zum Bach Melini mit dem Befehl, unsichtbar in seine Fluten zu tauchen, und wenn Sakontala sich wäscht, ihr den Ring vom Finger zu streifen und denselben in das Wasser zu werfen.

Die Scene verwandelt sich in Duschmanta's Palast. Der Hofnarr, eben aus einem schweren Traum erwachend, weheklagt (beiläufig wie Valentin in Raimund's »Verschwender«) in einer langen humoristischen Arie (Andante molto Es-Dur 4/4) über das »sogenannte« Jagdvergnügen, mit dem Refrain schließend:


Und das soll Erholung sein?

Nein, das geht mir nimmer ein.


Sakontala und ihre Begleitung werden angekündet – Finale des ersten Actes Andante maestoso (B-dur 4/4).

Die von Durawsas ersonnene List ist gelungen. Duschmanta erkennt die ihm angetraute Sakontala nicht wieder, und diese, da sie ihm als Gewähr ihrer Verbindung den Ring vorweisen will, nimmt mit Schrecken den Verlust desselben wahr. Es entwickelt sich nun eine Reihe lebendiger und dramatisch bewegter, zum Theil leidenschaftlicher Scenen, an welchen alle Anwesenden und der Chor im Wechselgesang theilnehmen. – Der König verstoßt Sakontala; Kanna führt die Verzweifelnde aus dem Pallast, ihre Begleiter folgen. Draußen aber senkt sich unter Blitz und Donnerschlag eine Wolke nieder und nimmt Sakontala auf, um mit ihr zu entschweben. Duschmanta, da er von diesem Ereigniß Kunde erhält, fühlt sich von Schmerz und Ahnungen ergriffen. Es erfolgt abermals ein Donnerschlag von Windsausen begleitet, und himmlische Stimmen singen im Chor (F-dur 3/4):
[190]

Lieblos verstoßen,

Ohne Erbarmen,

Bist du von frommen

Liebenden Armen

Gern' aufgenommen,

Sakontala!


Die Melodien tönen fort und verklingen in der Ferne.

Dieser Chor – ein Sfärengesang – mit Harmoniebegleitung, ist das einzige vollständig ausgearbeitete Musikstück.

Der zweite Act beginnt mit einem Männerterzett.

Ein Fischer, der den Ring gefunden, wird von zwei Häschern als Dieb gefangen genommen und in den Vorhof des königlichen Palastes gebracht. Der Fischer erzählt ihnen, daß er den Ring in einem Fisch entdeckt habe, worauf sich alle drei in dem Ausspruch vereinigen:


Respect für feine Nasen,

Sie forschen ohne Licht,

Sie folgen nur dem Dufte,

Und irren dennoch nicht.


Der eine der Häscher begibt sich in den Palast, um den Hergang der Sache anzuzeigen; ein Kämmerling kommt mit ihm heraus, schenkt dem Fischer die Freiheit und einen Beutel Geld.

Hierauf folgt ein launiges Terzett; der Fischer ladet die beiden Häscher auf ein Glas Wein in eine Schenke ein, wo sie den Wirth und die Gäste hochleben lassen20.[191]

Die Scene verwandelt sich in den Garten des Königs. Sakontala und Menaka schweben in einer Wolke nieder; zwei Mädchen mit Blumenkörben nahen sich ihnen und begrüßen sie mit Gesang, in welchen Sakontala und Menaka einstimmen (Frauenquartett).

Madhawia tritt kummergebeugt zu ihnen heran und erzählt, der König habe wohl, seitdem der Ring aufgefunden, das verlorene Gedächtniß wieder erlangt, aber tiefes Herzeleid verzehre ihn. Sakontala will zu ihm, Menaka aber erinnert sie an das den Göttern gegebene Versprechen, sich ihm nicht zu zeigen. Duschmanta tritt auf und ruft sehnsüchtig nach Sakontala; ihre Begleiterinnen bringen ihm das Bild des ihm angetrauten Weibes, er betrachtet es mit stummem Schmerz und sehnsüchtigem Verlangen. Folgt nun ein großes Duett zwischen Sakontala und Duschmanta, welches der Chor von dem Moment an, wo der König vor dem Bild die Kniee beugt, mit Gesang begleitet21. Duschmanta überzeugt, daß[192] ihm Sakontala nicht verziehen habe, versinkt in Trauer. Das Bild wird fortgetragen, Sakontala und Menaka rufen dem König ein Lebewohl zu und schweben auf Wolken davon. Kanna sucht ihn zu trösten und ihm Vertrauen zu den Göttern einzuflößen.

Folgt eine Arie des Kanna, in welcher er die fromme Zuversicht preist und männlichem Kampfe den endlichen Sieg profezeit. Der Hofnarr ladet sodann den König zu einem Fest mit Gesang und Tänzen. Im Garten findet sich eine Bühne aufgeschlagen, auf welcher dargestellt werden soll, wie Durwasas, in Liebe zu Menaka entbrannt, von dieser aber verschmäht, ihr und ihren Kindern Rache geschworen; wie Aditi die Bedrängte zu sich genommen und Durwasas der Schwester den Knaben geraubt und gelobt hat, ihn dann erst zurückzugeben, wenn eine Tochter aus Menaka's Stamm, verstoßen von ihrem Gatten, dennoch die Quelle ihrer Leiden lieben werde. Der Vorhang rollt empor und es beginnt auf der kleinen Bühne ein darstellender Tanz, von Gesang begleitet, den Madhawia mit dem »Singchor« ausführt22. Das Gedächtnißfest von Aditi's Vermählung mit[193] Kasapa wird da oben gefeiert. Durwasas steht lauernd im Hintergrund. Kasapa entfernt sich nach dem Tanz, Aditi folgt ihm, sendet aber vorher ihren Sohn Indra zu Durwasas, um ihn zu erheitern. Dieser ruft die Dämonen und befragt sie, wie er sich an Aditi rächen könne; sie deuten auf den Knaben, und er reißt ihn mit sich fort. Die Dämonen tanzen einen wilden Freudentanz, welchen Madhawia und der Chor mit Gesang begleiten23. Aditi und Kasapa kehren zurück und suchen den Sohn. Durwasas zeigt ihnen diesen, der auf einem Hügel steht, zu welchem Dämonen den Weg versperren. Abermals Tanz und Chor. Die Zurückgebliebenen trauern; Genien des Lichtes erscheinen, Alles fleht zum Himmel. – Chorgesang. – Auf einer Wolke erscheint der Gott der Liebe, Trost verheißend. Madhawia und der Chor begrüßen ihn. Auf ihr Rufen:


Sendet, sendet bald ihr Götter,

Was die Liebe hold verspricht!
[194]

antworten Stimmen von oben:


Bald, – bald, – bald.


Tänzer, Sänger und Zuseher blicken erstaunt gegen Himmel. Der Vorhang der kleinen Bühne fällt. Alle rufen durcheinander: »Was ist das? welche Töne!«

Nun folgt das Finale, eine ebenfalls sehr belebte, breit ausgeführte Scene, an welchem der »Singchor«, die Stimmen vom Himmel, die drei Genien, Duschmanta, Kanna und die Bramen, Madhawia und der allgemeine Chor abwechselnd sich betheiligen. Die Genien übergeben dem König zu dem Werk, das er vollbringen soll, um Sakontala wieder zu gewinnen, ein Schwert und einen Schild, und sichern ihm ihren Schutz zu.

Wolken senken sich auf die Erde herab. An der tiefsten derselben hängt ein Wagen mit einem Wagenlenker. Duschmanta besteigt ihn; Kanna und die Bramanen rufen dem König nach:


Leb' wohl Freund, den wir lieben,

Dir folget unser heiß Gebet.


Madhawia und die Uebrigen vereinigen sich in dem Abschiedsgruß:


Leb' wohl, o Vater, den wir lieben,

Für den dein Volk zum Herren fleht.


Ihnen antwortet der König:


Dank, liebe Freunde, Dank euch Kinder,

Bald wird mein Aug' euch wieder seh'n!


und nach diesen Worten fährt er den Wolken zu. Der allgemeine Chor:


Dann Heil und Sieg dem Ueberwinder,

Nun mag dich Muth und Kraft umweh'n!
[195]

schließt den zweiten Act und mit diesem die musikalische Skizze24.

Außer den eben aufgeführten größeren Werken schrieb unser Tondichter in diesem Jahr noch ein Streichquartett25 (in C-moll) und die Antifonen26 zur Palmenweihe, diese letzteren für seinen Bruder Ferdinand, der eben in der Charwoche als neuernannter Regenschori den Dienst in der Altlerchenfelder Kirche angetreten hatte. Da bei der Kirchenmusik aus Kastengeist kein Lerchenfelder mitwirken wollte, sah sich Ferdinand auf die Schulgehülfen und seine Lichtenthaler Freunde angewiesen, und da ihm noch überdies die Musik zu den kirchlichen Ceremonien fehlte, schrieb ihm Franz in einer halben Stunde mit schwarzer Kreide die Antifonen auf, componirte in aller Eile noch ein Paar andere eben benöthigte kleine Kirchenstücke und dirigirte am Ostersonntag die D-Dur- (Nelson-) Messe von Haydn27.[196]

Der 23. Psalm: »Gott ist mein Hirt«– für die vier Schwestern Fröhlich (welchen Schubert wohlbefreundet war) componirt28 – und der erhabene Chor: »Gesang der Geister über den Wassern« (von Goethe) fällt ebenfalls in diese Zeit. Von Liedern sind die bedeutendsten bekannt und veröffentlicht; zu den unbekannten zählen: Nachthymne von Novalis und vier italienische Canzonen von Monti, für Fräulein von Ronner (nachmals verehlichte Spaun) in Musik gesetzt. Auch die bekannte große Fantasie für Clavier in C (op. 15), welche Schubert dem Clavierspieler Liebenberg von Zittin widmete und auch für ihn componirte, gehört diesem Jahre an. Schubert brachte dasselbe größtentheils in Wien zu; nur den Spätherbst verlebte er mit Schober auf dem Schloß Ochsenburg bei St. Pölten, wo sie zusammen die Oper »Alfonso und Estrella« in Angriff nahmen, deren noch ausführlich erwähnt werden wird.

1

Auf der im Besitz des Wiener Musikvereines befindlichen Original-Partitur ist das Datum: 19. Jänner 1819 angegeben. – Einen Clavierauszug der Oper verfaßte Ferd. Schubert. Josef von Spaun besitzt eine Abschrift davon.

2

Die übrigen Rollen: Lieschen, Anton, der Amtmann und der Schulze wurden von Fr. Betti Vio, von Hr. Rosenfeld, Gottdank und Sebastian Mayer dargestellt.

3

Ein Kritiker in der allgemeinen musikalischen Zeitung meinte, es sei von wahrem Gesang wenig aufzufinden, die Musik leide an einem verworrenen, überladenen Instrumentenspiele, an einem ängstlichen Haschen nach Originalität, durch immerwährendes Moduliren, das zu keiner Ruhe kommen lasse. Nur der Introductionschor, ein Quartett und eine Baß-Arie berechtigten zu schönen Erwartungen, wenn der talentvolle, durch angenehme Lieder bereits bekannte junge Mann die nöthige Selbstständigkeit errungen haben werde. Seine Freunde mögen bedenken, daß zwischen einem Fiasco und einem Furore ein gewaltiger Unterschied sei.

4

Herrmann Neefe, Sohn des Christian Gottlob N., Beethovens Lehrer in Bonn.

5

Neefe und Demmer hatten bezüglich der zu componirenden Musik wohl an Schubert gedacht, sich aber vorher an Dr. L. v. Sonnleithner um Rath gewendet, welcher sie sofort mit Schubert in Berührung brachte.

6

Andantino in D-Dur mit Begleitung von Violinen, Viola, Flöte, Oboe, Fagott, Harfe, Cello und Baß – (die Pianofortebegleitung eingerichtet von F. Grutsch, ehemaligem zweiten Orchester-Director im Kärnthnerthor-Theater).

7

Verfasser desselben war der Theatersecretär Hofmann in Wien.

8

In der allgemeinen musikalischen Zeitung wurde darüber folgen des Urtheil abgegeben: »Der Tonsatz verräth hie und da Talent; im Ganzen fehlt es an der technischen Anordnung, es mangelt der, nur durch Erfahrung zu gewinnende Ueberblick; das meiste ist viel zu lang und ermüdend; die Harmoniefolgen zu grell, das Instrumentale überladen, die Chöre matt und kraftlos. Das einleitende Adagio der Ouverture und die Tenor-Romanze sind die gelungensten Sätze, und sprechen an durch herzlichen Ausdruck, edle Einfachheit und zarte Modulation. Ein idyllischer Stoff müßte dem Componisten ungemein zusagen.«

9

Einer der größeren Entreacte ist in der That ein interessantes Musikstück.

10

Die Partitur der Zauberharfe besaß noch im Jahre 1835 Ferd. Schubert; eine Copie mag sich wohl in dem Archiv des Theaters an der Wien befunden haben oder daselbst noch befinden. Die Verlagshandlung Spina besitzt das Autograf zweier Entreacte, einer Ouverture zum dritten und des Nachspieles dazu. – Eine Abschrift der Partitur der Tenorarie (Palmerins) und den Clavierauszug derselben befindet sich bei Joh. v. Spaun. – Die Ouverture (op. 26) wurde in Wien im Theater als Einleitung zu der Operette »der häusliche Krieg« aufgeführt.

11

A.H. Niemeyer, geb. 1754 in Halle a.d. Saale, wurde 1780 Professor der Theologie und Aufseher des königl. Pädagogiums daselbst, 1804 Oberconsistorialrath und 1814 Universitätskanzler und starb (gleich Schubert) im Jahre 1828. Er schrieb geistliche Briefe, religiöse Gedichte, Predigten, Pädagogisches, eine Charakteristik der Bibel u.s.w.

12

Rolle Johann Heinrich, geb. 1718, gest. 1785 als Musikdirector in Magdeburg, galt als correcter und geschmackvoller Tonsetzer. – In neuester Zeit (1862) erschien »Lazarus«, Oratorium in zwei Abtheilungen, componirt von Johann Vogt, nach den Worten der h. Schrift und wurde am 19. März 1863 zuerst in Dresden aufgeführt.

13

Schon im Jahre 1859, als ich mich mit der »Biographischen Skizze« beschäftigte, war mir bei der Durchsicht der Witteczek'schen (Spaun'schen) Schubertsammlung die Cantate »Lazarus« bekannt geworden, deren auch in der »Skizze« (S. 26 und 95) mit dem Bemerken Erwähnung geschieht, daß von ihr nur die erste Handlung componirt sei. Ich zweifelte an der Richtigkeit dieser Angabe um so weniger, als dem Schubertenthusiasten Witteczek nicht leicht eine Composition seines Freundes (zumal eine bedeutendere) entging, und Ferdinand Schubert (dessen Unzuverlässigkeit hier abermals in grellem Lichte erscheint) in seinen Aufzeichnungen nur von Einer Handlung spricht. Bald aber sollte ich eines Besseren belehrt werden. Im Spätherbst 1861 lud mich der als musikalischer Schriftsteller geschätzte Herr Alexander Thayer aus Boston (derzeit der nordamerikanischen Gesandtschaft in Wien zugetheilt) in seine Behausung ein (damals in Neuwien), um mir Schubert-Manuscripte vorzuweisen. Da wurde mir bei der Durchsicht des Notenpackes, den mir der zuvorkommende Mann zur Verfügung stellte, eine freudige Ueberraschung zu Theil. Ich fand daselbst die Original-Partitur der Opern »Alfonso und Estrella«, jene der »Zwillingsbrüder«, Streichquartette, Clavierstücke, Lieder und – die zweite Handlung des »Lazarus«, diese leider nicht ganz complet. Es schien mir geboten, von diesem Funde die Directionsmitglieder des Musikvereins: Herrn Dr. Bauer und Herrn Herbeck in Kenntniß zu setzen, welchen es auch gelang, von dem Besitzer der Manuscripte die Herausgabe derselben gegen angemessene Entschädigung im Rechtsweg zu erwirken, und sohin die sämmtlichen Autografe dem Wiener Musikvereinsarchiv als eine werthvolle Bereicherung seiner Schätze einzuverleiben. Glücklicher Weise fand sich bei der Witwe des Ferd. Schubert nachträglich noch ein Heft von »Lazarus« vor, womit ein passender Abschluß gewonnen war. Weitere Forschungen nach dem letzten Bogen blieben bis jetzt resultatlos.

14

Die betreffenden Stellen der Dichtung lauten:

Martha.

Und stünden selbst der Engel Reih'n

Um seinen Geist gedrängt,

Ich drängte mich in ihre Reih'n

Auf Fittigen der Liebe ein

Und rief: Ihr Engel, er ist mein!

Nathanael.

Einst wenn vom Abend und vom Morgen her

Der Weltenrichter ruft, dann Martha ist er dein,

Dann ist er unser, ewig ungetrennt!

Jetzt gebt dem Staube, was ihm angehört!

Singt, Jünglinge, singt,

Singt Töchter, – ihr vom Tod

Und ihr vom Auferstehen das Lied.

Ein Jüngling.

Mein stiller Abend ist gekommen:

Wo leg' ich nun das matte Haupt?

Jemina.

Im Hügel, der den Hain umlaubt,

Im heiligen Ruhethal der Frommen,

(Man senkt den Leichnam in die Grabhöhle.)

Ein Jüngling.

Ich bin des Pilgerlebens müde,

Wie säumt, wie säumt mein Vaterland!

Jemina.

Dich leite deines Engels Hand

Und über deinem Staub sei Friede!

Ein Jüngling.

Wer hat das Feld mit Saat bestreut?

Jemina.

Der Geber der Unsterblichkeit.

Ein Jüngling.

Heil mir, sie ist mein.

Jemina.

Heil dir, sie ist dein.

Beide.

Und himmlisches Entzücken.

Jüngling.

Ganz unsterblich wirst du mich –

Jemina.

Ganz unsterblich werd' ich dich –

Beide.

An diesen Busen drücken.

Chor.

Wiederseh'n! sei uns gesegnet,

Entzückungsvolles Wiederseh'n,

Wenn uns unser Freund begegnet,

Wo Engel liebend um ihn steh'n!

Dieser Tag der Wonne

Trocknet uns're Thränen ab;

Hoch schwebt uns're Seele

Ueber unser Grab.

15

In der ersten Aufführung des »Lazarus« in Wien (am 27. März 1863) unter der Leitung des Herrn Johann Herbeck wirkten als Solisten mit: Frl. Tellheim (Maria), Frl. König (Martha), Frau Wilt (Jemina), Herr Olschbauer (Lazarus), Herr Schultner (Nathanael) und Hr. Mayerhofer (Simon).

16

Daß Schubert selbst am Text geändert, ist sehr wahrscheinlich, wenngleich nicht erwiesen. Die hauptsächlichen Aenderungen beziehen sich auf einige Stellen in den ersten Arien der Martha, der Maria, in dem zweiten Gesang des Lazarus und in der großen Arie des Simon. So z.B. sind die Worte Martha's:

Und nun gehst du so fern von uns

In's unbekannte Land,

Und einsam bleibt die Hütte dann,

Des Schmerzes und der Sehnsucht öder Wohnplatz –

dahin abgeändert:

Und nun gehst du in die Schatten der Gräber

Ferne von uns, daß in öden Nächten

In der einsamen Hütte wir dich klagen,

Daß im Wipfel der Palme unser Jammer ertöne

An deiner Gruft zu verhallen.

In Simon's Recitativ sind energischere Textworte aufgenommen, als sich im Original finden, da der Componist hier dramatische Wirkung erzielen wollte.

17

Die Scene ist eine grünende Flur voll von Grabsteinen mit Palmen und Cedern umpflanzt; im Hintergrunde ein Hain und in der Ferne ein Weg zu Lazarus Wohnung.

18

Die Original-Partitur enthält, wie bereits bemerkt, ein Recitativ des Nathanael, der Martha und einen Theil der Arie dieser letzteren, und schließt mit den Worten: »Und stünden selbst der Engel Reih'n« u.s.w. – In dem dritten Theil vermied es der Dichter, den Heiland zum Behuf der Erweckung des Lazarus persönlich auftreten zu lassen; der Wunderthäter und das Wunder bleiben hinter der Scene.

19

Einer Mittheilung des Herrn Josef Hüttenbrenner zufolge hat sich Schubert durch die Einflüsterungen einiger Freunde, welchen die Dichtung als Operntext nicht zusagte, von dem vollständigen Componiren desselben abhalten lassen. Der Verfasser des Textbuches ließ es an angestrengten Bemühungen zu seinen Gunsten nicht fehlen, doch vergeblich. – »Sakontala« sollte einmal auch von Hugo Ebert als Operntext bearbeitet und von Tomaschek componirt werden. Ob es dazu gekommen, ist mir nicht bekannt.

20

Die beiden Häscher.

So, liebes Brüderchen,

So, so, so, so,

So sind wir Freunde,

So sind wir froh.

Fischer.

Der Hüter der Ordnung muß wachsam wohl sein

Und wachsam erhält ihn ein Liedchen und Wein

So kommt denn mit mir in die Schenke hinein

Und trinket euch wachsam im goldenen Wein,

Hoch leben die Gäste, die Seelen so zart.

Häscher.

Hoch lebe der Wirth, der nicht ängstlich spart u.s.w.

21

Wahnsinn ergreifet ihn

In seinen Schmerzen,

Verzweiflung tobet

In seinem Herzen u.s.f.

22

Chor und Madhawia.

Töne jubeln, Tänze wallen,

Laßt sie wallen, laßt sie schallen

Zu der heiligen Vermählung

Jahresfest im Feierton.

Wonne schwebe durch die Reihen,

Welche Lust (?) soll sich nicht freuen,

Aditi, wenn du dich freuest

Mit dem Gatten, mit dem Sohn.

23

Madhawia mit dem Singchor.

Seht die Lust der Hölle!

Ihre Freud' ist Wuth;

Nur wo Schmerzen wimmern

Jauchzt die dunkle Brut

Heulendes Gestöhne

Ist ihr Jubelklang,

Brüllendes Gehöhne

Ihr Triumfgesang,

Giftgenährte Schlangen,

Ihrer Schläfe Kranz

Grinsen ihre Scherze,

Rasen ist ihr Tanz.

24

In dieser sind die Singstimmen sammt Text vollständig ausgeschrieben; der Baß ist zum großen Theil angegeben, in den Violinen und Flöten erscheinen hie und da einzelne Tacte und Figuren bezeichnet; der Schlußchor des ersten Actes (Stimmen vom Himmel) ist das einzige vollständig componirte Musikstück. – Der dritte Act hätte einen Wechselchor der Dämonen und der Genien des Lichtes, einen Chor der letzteren, ein Duett zwischen Duschmanta und Sakontala und als Schluß den Freudengesang des versammelten Volkes über die endliche glückliche Vereinigung beider zu enthalten. – Das Autograf der Skizze besitzt Dr. Schneider.

25

Von diesem Quartett ist nur Ein (sehr schöner) Satz erhalten.

26

Sie sind mit schwarzer Kreide auf Löschpapier geschrieben; das Autograf besitzt Herr Spina.

27

Nach einer Mittheilung Ferd. Schubert's.

28

Der Psalm, dessen Original Frl. Anna Fröhlich besitzt, trägt das Datum December 1820. In dem alten Musikvereinssaal pflegten damals an jedem Donnerstag Concerte gegeben zu werden, deren Arrangement die Musikförderer Lannoy, Holz, Bogner, Fischer, Kaufmann, Kirchlehner, Dr. Beck, Pirringer, Schmidt, Dr. L. Sonnleithner (später auch Randhartinger) abwechselnd übernahmen. Frl. Anna Fröhlich besorgte den gesanglichen Theil und es kamen da der 23. Psalm: »Gott in der Natur« (August 1822), »Ständchen« und »Mirjam« zur Aufführung.

Quelle:
Kreissle von Hellborn, Heinrich: Franz Schubert. Wien: Carl Gerold's Sohn, 1865, S. 166-197.
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