27

[24] Original: wie Nr. 10


An Breitkopf & Härtel


Wien, den 21. Juli 1800.


Ich leihe Ihnen hiermit zum Gebrauch für die Biographie:

1. einen Aufsatz, größtenteils in der Handschrift meines Mannes, von einem Orden oder Gesellschaft, die er errichten wollte: Grotta genannt.[24]

Ich kann nicht mehr Erläuterung schaffen. Der hiesige Hofklarinettist Stadler der Ältere1, der den Rest geschrieben hat, könnte es, trägt aber Bedenken zu gestehen, daß er darum weiß, weil die Orden oder geheimen Gesellschaften so sehr verhaßt sind.

2. einen Kupferstich aus Paris2.

3. die 1797 in Prag aufgeführte (vollständige) Begräbnißfeier3.[25]

4. einen Contract mit Guardasoni4.

5. ein Eccehomo mit der Inschrift: Dessiné par W.A. Mozart, Linz ce 13. Nov. 1783, dedié à Mde. Mozart son épouse – woraus man sieht, daß er auch dazu Talent hatte5.

Indeß habe ich nun selbst das wahre Original [vonRequiem] von dem Anonymus [Grafen Walsegg] zur Durchsicht erhalten.

Sie können nicht glauben, wie unwillig oder vielmehr träge die Leute sind, Beyträge zur Biographie zu liefern.

Fußnoten

1 Anton Stadler, ein echter Bohemien, auch Freimaurer, einer von den Kumpanen, denen der arme Mozart von dem Gelde, was er hatte oder sich lieh, auch noch borgte.


2 Stich von J.B. Delafosse (1764) nach dem Aquarell von L.C. de Carmontelle; vgl. Leopold Mozart, Reise-Aufzeichnungen, S. 83 f.


3 Vgl. Franz Niemetschek, W.A. Mozart, 1798, Neudruck S. 37: »In Wien feyerte man sein Andenken mit Würde [?]; aber Prag zeichnete sich auch hierin durch die wärmste Theilnahme aus. Die Trauer um unsern Liebling war allgemein und ungeheuchelt. Zuerst veranstaltete der würdige Musikdirektor Joseph Strobach, ein Freund des Verstorbenen († 1794), in seiner Pfarrkirche bey St. Niklas den 14. Dezember des nämlichen Jahres [1791] ein feyerliches Seelenamt für Mozart. Nie gab es ein so rührendes und erhabenes Trauerbegängniß. Ein Chor von 120 Personen, aus den besten Künstlern Prags ausgewählt, die alle mit wehmüthigem Eifer sich dazu angebothen hatte, unter der Direktion des braven Strobach, führte das meisterhafte Requiem unseres berühmten Landsmannes Rosetti (eigentlich Rösler) mit einem so schwermuthsvollen Ausdrucke auf, daß es nothwendig auf das versammelte Volk den tiefsten Eindruck machen mußte. Mehr als 3000 Menschen, vom Adel und Bürgerstande, (soviel nemlich diese große Kirche faßte,) waren da beysammen, alle gerührt, alle voll Wehmuth über den frühen Tod des entrissenen Künstlers.« – Eine zweite Huldigung der Prager war ein Konzert am 13. Januar 1792. (Vgl. Oskar Teuber, Geschichte des Prager Theaters II, 274.) Konstanze meint die dritte Huldigung bei ihrer Anwesenheit: ein Konzert am 7. Februar 1794. Die Prager Neue Zeitung von 1794, Nr. 12, schildert es: »Der Akademiesaal war stark erleuchtet. Im Hintergrunde desselben über dem Orchester flammte Mozarts Name in einer Art Tempel, zu dessen beiden Seiten zwei Pyramiden mit den Inschriften: Dankbarkeit und Vergnügen transparent illuminiert standen. Man wählte für diesen Abend die besten Stücke von Mozart. Den Eingang machte eine Sinfonie in C [K. 425]; dann spielte Hr. Wittassek, ein sehr hoffnungsvoller junger Böhme, das prächtigste Konzert von Mozart in D-Moll [K. 466] auf dem Fortepiano mit ebensoviel Präzision wie Gefühl. Darauf sang Böhmens beliebte Sängerin Frau Duschek das himmlische Rondo der Vitellia aus der Opera seria La clemenza di Tito von Mozart. Ihre Kunst ist allgemein bekannt; hier begeisterte sie noch die Liebe für den großen Toten und seine gegenwärtige Frau Witwe, deren warme Freundin sie immer gewesen ist. Den Beschluss machte eine der besten Sinfonien, die es gibt, in D-Dur [K. 297] von Mozart. Die Musik ging sehr gut, obgleich es kritische und meist konzertierende Stücke waren: denn es exequierte das Prager Orchester und sie sind von Mozart! Man kann sich vorstellen, wenn man Prags Kunstgefühl und Liebe für Mozartsche Musik kennt, wie voll der Saal gewesen ist. Mozarts Witwe und Sohn [Karl] zerflossen in Tränen der Erinnerung an ihren Verlust und des Dankes gegen eine edle Nation. So wurde dieser Abend ... ein genußreiches Fest für gefühlvolle Herzen.« – Schließlich fand am 15. November 1797 abermals im Nationaltheater zugunsten der Witwe Mozart eine Akademie statt, wobei die als Prags Philomele gefeierte Primadonna Antonia Campi gesungen hat.


4 Wohl den Don Juan (1787) betreffend.


5 Auf der Rückreise von Salzburg, wohin Mozart zum ersten Male mit seiner jungen Frau gereist war und tiefenttäuscht zurückkehrte. In Linz rastete das Ehepaar ein paar Tage. Es entstand dort die Sinfonie in C-dur (K. 425) Dies Eccehomo (Christuskopf mit der Dornenkrone) beleuchtet Mozarts unglückliche Stimmung.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 26.
Lizenz:
Kategorien: