§. 11.

[39] Es giebt in langsamen Stücken gewisse Passagen, wo der Punct noch etwas länger gehalten werden muß, als die bereits vorgeschriebene Regel erfordert: wenn anders der Vortrag nicht zu schläferig ausfallen soll. Z.E. wenn hier


11.

der Punct in seiner gewöhnlichen Länge gehalten würde, würde es einmal zu faul und recht schläferig klingen. In solchem Falle nun muß man die punctirte Note etwas länger aushalten; die Zeit des längern Aushalten aber muß man der nach dem Puncte folgenden Note, so zu reden, abstehlen.

Man halte demnach in dem itzt beygebrachten Exempel die Note [e] mit ihrem Puncte länger; die [f] Note aber nehme man mit einem kurzen Striche so spät, daß die erste der 4 [g] Noten dem richtigen Zeitmaase nach alsogleich darauf komme. Der Punct soll überhaupt allezeit etwas länger gehalten werden. Denn nicht nur wird dadurch der Vortrag lebhafter; sondern es wird auch dem Eilen, jenem fast allgemeinen Fehler, Einhalt gethan: da hingegen durch das wenige Aushalten des Puncts die Musik gar leicht in das Geschwinde verfällt.[39] Es wäre sehr gut, wenn diese längere Aushaltung des Puncts recht bestimmet und hingesetzet würde. Ich wenigstens habe es schon oft gethan, und meine Vortragsmeinung habe ich mit zweenen Puncten nebst Abkürzung der darauf folgenden Note also zu Tage geleget:


11.

Es ist wahr, anfangs fällt es fremd in die Augen. Allein was verschlägt dieß? Der Satz hat seinen Grund; und der musikalische Geschmack wird dadurch beförderet. Man besehe es zergliedert. Die Note [e] ist ein Achttheil; der erste Punct gilt dessen halben Theil, folglich ein Sechzehentheil; der zweyte Punct gilt des ersten Puncts halben Theil, also ein zwey und dreyssigtheil; und die letzte Note ist dreymal gestrichen. Man sieht also mittelbar der zweenen Puncten eine einmal gestrichene, eine doppelt gestrichene und zwo dreymal gestrichene Noten, welche zusammen genommen ein Viertheil ausmachen.


11.
Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 39-40.
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