Siebente Reise.

Der Vater mit dem Sohne allein nach Wien, im Julius 1773 bis Ende September 1773.


Briefe vom Vater an seine Frau und vom Sohne an die Mutter und die Schwester.


(Leopold M. Brief No. 149.)


Wien, den 12. August 1773.


Ihre Majestät die Kaiserin waren sehr gnädig mit uns; allein dieses ist auch Alles, und ich muss, es Dir mündlich zu erzählen, auf unsere Rückkunft versparen, denn Alles lässt sich nicht schreiben, und[275] Alles hat seine Hindernisse. Mit nächster Post wirst Du hören, wann wir abreisen. Wenn wir nicht kommenden Montag abreisen, so kommen wir vor Anfang Septembers nicht zurück. Zwischen heute und morgen werde ich es erfahren. N.N. hat wirklich Talent, so dass er nur mein Sohn seyn sollte, oder wenigstens sollte er bey mir seyn. Am Feste des heil. Cajetan haben uns die HH. Patres zum Speisen und zum Amt eingeladen, und weil die Orgel nichts nutz war, ein Concert zu spielen, so hat Wolfg. von Hrn. Trieber eine Violine und ein Concert entlehnt, und die Keckheit gehabt, ein Concert auf der Violine zu spielen. Bey den Jesuiten ist in der Octave des heil. Ignatius eine Messe von Wolfg. producirt worden, nämlich die Pater Dominicus-Messe: ich habe tactirt, und die Messe hat erstaunlich gefallen.


(Leopold M. Brief No. 150.)


Wien, den 14. August 1773.


Wann wir kommen? – Noch nicht; denn Se. hochfürstl. Gnaden haben uns erlaubt, annoch hier zu verweilen. Schreibe mir jeden Posttag, was Du von dem Aufenthalt oder der Abreise Sr hochfürstl. Gnaden hörst, damit ich mich darnach richten mag.


N.S. von Wolfg. Amad. Mozart (dessen Briefe No. 48).


An seine Schwester.


Ich hoffe, meine Königin, Du wirst den höchsten Grad der Gesundheit geniessen, und doch dann und wann, oder vielmehr zuweilen, oder besser bisweilen, oder noch besser qualche volta, wie der Wälsche spricht, von Deinen wichtigen und dringenden[276] Gedanken (welche allezeit aus der schönsten und sichersten Vernunft herkommen, die Du nebst Deiner Schönheit besitzest, obwohl in so zarten Jahren, Du, o Königin, auf solche Art besitzest, dass Du die Mannspersonen, ja sogar die Greise beschämest) mir etliche davon aufopfern. Lebe wohl.

Hier hast Du was Gescheutes.

(Im Briefe des Vaters stand: Das ganze Haus von Martinez und Bono empfehlen sich. Dazu hatte W.A. geschrieben: »wenn es die Witterung erlaubte.« Es war just sehr veränderliche Witterung in Wien.)


(Leopold M. Brief No. 151.)


Wien, den 21. August 1773.


Letzten Posttag habe ich nicht geschrieben, weil wir eine grosse Musik bey unsern Freunden Mesmers auf der Landstrasse im Garten hatten. Mesmer spielt sehr gut die Harmonica der Miss Devis. Er ist der Einzige in Wien, der es gelernt hat, und er besitzt eine viel schönere Gläsermaschine, als Miss Devis hatte. Wolfg. hat auch schon darauf gespielt: wenn wir nur eine hätten! Die des Mesmer hat 50 Ducaten gekostet.

– – – – – – –

Wir hätten Euch gerne bey uns; aber wir sind nicht in den Umständen, grosse Kosten aufzuwenden. Hätten wir einige Aussicht oder Geldeinnahme gehabt, so hätte ich Dich kommen lassen. Allein es sind viele Sachen, die man nicht schreiben kann. Und überdas muss man Alles verhindern, was einiges Aufsehen oder einigen Argwohn sowohl hier als[277] NB. in Salzburg machen kann, und welches Gelegenheit giebt, Prügel unter die Füsse zu werfen.

Wir wissen selbst nicht, wenn wir abreisen. Es kann geschehen gar bald, kann sich aber auch einige Zeit verziehen. Es kömmt auf Umstände an, die ich nicht benennen kann. Auf Ende Septembers sind wir ganz gewiss, wenn Gott will, zu Hause. Die Sache wird und muss sich ändern. Seyd getrost und lebt's gesund! Gott wird helfen. Sollte der Erzbischof lange ausbleiben, so eilen wir nicht nach Hause.


(Leopold M. Brief No. 152.)


Wien, den 25. August 1773.


Unser Beutel wird sehr leer; so wie mein Leib zunimmt und fetter wird, so wird der Beutel mager werden. Dass ich sichtbar fett werde, kannst Du sicher glauben.


(Leopold M. Brief No. 153.)


Wien, den 8. Septbr. 1773.


Ich bin den Herren Salzburgern höchst verbunden, dass sie für meine Zurückkunft so sehr besorgt sind. Das macht, dass ich mit mehr Vergnügen in Salzburg eintreffen und dann gleich die ganze Nacht in der Beleuchtung oder erleuchteten Stadt spaziren gehen werde, damit die Lichter nicht umsonst brennen. Wenigstens werde ich das Schlüsselloch an der Hausthüre eher finden, weil am Eck, wie ich vermuthe, sich zum guten Glücke, der Austheilung nach, eine Laterne treffen wird. Ich werde, wenn Gott will, gegen Ende der künftigen Woche abreisen. Allein, da ich diesen Weg öfters gemacht, und[278] zu Mariazell niemals gewesen, so könnte es geschehen, dass ich nach Mariazell und dann über St. Wolfgang nach Hause ginge, um den Wolfg. auf die Wallfahrt seines heil. Namenspatrons zu führen, wo er niemals gewesen, und ihm den berühmten Geburtsort seiner Mutter, St. Gilgen, zu zeigen. Dass mein Geld, was ich bey mir hatte, nun alles beym T-- ist, kannst Du Dir leicht vorstellen, und bald wird die Nachricht eintreffen, dass ich bei einem hiesigen Banquier mir zwanzig Ducaten habe bezahlen lassen. Das hat aber nichts anders zu bedeuten, als dass ich Geld nöthig habe und keinen Doctor. Die Ursache, warum ich hier so lange verbleiben muss, werde ich aller Welt zu seiner Zeit erzählen, und Jedermann wird sie gegründet finden. Ich habe die nämliche Ursache Sr. Hochfürstl. Gnaden gemeldet, und diese Ursache ist es bis diese Stunde.


(Leopold M. Brief No. 154.)


Wien, den 18. Septbr. 1773.


Schreibe an Hrn. N.N. und mahne ihn auf seine Schuld an mich; eine Frau kann die Commission ihres Mannes schärfer ausdrücken. Wolfgang componirt an Etwas ganz eifrig.


N.S. von Wolfg. A.M. (dessen Briefe No. 49.)


(An die Schwester.)


Wien, den 15. Septbr. 1773.


Wir sind, Gott Lob und Dank, gesund. Diess Mal haben wir uns die Zeit genommen, Dir zu schreiben, obwohl wir Geschäfte hätten. Wir hoffen, Du wirst auch gesund seyn. Der Tod des Dr.[279] Niderls hat uns sehr betrübt. Wir versichern Dich, wir haben schier geweint, geplärrt, gerehrt und trenzt. Unsere Empfehlung an – alle gute Geister loben Gott den Herrn – und an alle gute Freunde und Freundinnen. Wir bleiben Dir hiermit mit Gnaden gewogen. Wien, aus unserer Residenz.


Wolfgang.


W.A. Mozart an Hrn. v. Hefner.


Ich hoffe, wir werden Sie noch in Salzburg antreffen, wohlfeiler Freund. Ich hoffe, Sie werden gesund seyn, und mir nicht seyn Spinnefeind, sonst bin ich Ihnen Fliegenfeind, oder gar Wanzenfeind.


Also ich rathe Ihnen, bessere Verse zu machen. Sonst komm'

ich meiner Lebtag zu Salzburg nicht mehr in Dom;

denn ich bin gar capax zu gehen nach Constantinopel, die doch allen Leuten ist bekannt.

Hernach sehen Sie mich nicht mehr, und ich Sie auch nicht. Aber,

wenn die Pferde hungrig sind, giebt man ihnen einen Haber.

Leben Sie wohl. Ich bin zu aller Zeit,

Von nun an bis in Ewigkeit.

Quelle:
Nissen, Georg Nikolaus von: Biographie W.A. Mozart's. Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1828 [Nachdruck Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms, 1991], S. 275-280.
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