159. Mozarteum.

[297] Wien 16. Juni 1781.

Morgen wird das Portrait und die Bänder für meine Schwester unter Segel gehen. Ich weiß nicht, ob die Bänder nach ihrem Gusto sein werden; daß sie aber nach der wahren[297] Mode sind, kann ich sie versichern. Wenn sie mehrere will, oder vielleicht auch ungemalte, so soll sie es mir nur zu wissen thun, und überhaupt, wenn sie etwas gerne hätte, was sie glaubt, daß man in Wien schöner haben kann, soll sie es nur schreiben. Ich hoffe sie wird wohl das Fürtuch nicht bezahlt haben, denn es ist schon bezahlt; ich vergaß es zu schreiben, weil ich immer von der hundsfüttischen Affaire zu schreiben hatte. Das Geld werde ich, wie Sie mir geschrieben, übermachen.

Nun kann ich Ihnen doch endlich einmal wieder von Wien etwas schreiben, bisher mußte ich meine Briefe immer von der Sauhistorie anfüllen. Gott Lob, daß es vorbei ist. Die dermalige Saison ist die schlechteste für jemand der Geld gewinnen will, das wissen Sie ohnehin. Die vornehmsten Häuser sind auf dem Lande, mithin ist nichts anderes zu thun, als sich auf den Winter, wo man weniger Zeit dazu hat, vorzuarbeiten. – Sobald die Sonaten fertig sind, werde ich eine kleine wälsche Cantate suchen und sie schreiben, welche dann im Advent im Theater geben werde, versteht sich für meinen Profit. Da ist eine kleine List dabei, auf diese Art kann ich sie 2 Mal mit dem nämlichen Vortheil geben, weil ich, da ich sie das 2. Mal gebe, etwas auf einem Pianoforte spielen werde. Dermalen habe ich nur eine einzige Scolarin, welche ist die Gräfin Rumbeck, die Base vom Cobenzl. Ich könnte deren freilich mehrere haben, wenn ich meine Preise herabsetzen wollte; sobald man aber das thut, verliert man seinen Credit. Mein Preis ist: für 12 Lectionen 6 Ducaten, und da gebe ich ihnen noch zu erkennen, daß ich es aus Gefälligkeit thue, ich will lieber drei Instructionen haben, die mich gut bezahlen, als 6 die mich schlecht zahlen. Von dieser einzigen Scolarin kann ich mich durchbringen, und das ist mir unterdessen genug. Ich schreibe Ihnen dieß nur, damit Sie nicht glauben möchten, ich schickte Ihnen vielleicht aus Eigennutz nicht mehr als 30 Ducaten. Seien Sie versichert, daß ich mich gewiß ganz entblößen würde, wenn ich es nur hätte! Aber es wird schon kommen, man muß den Leuten niemals merken lassen, wie man steht.

Nun vom Theater. Ich habe Ihnen, glaube ich, letzthin[298] geschrieben, daß Graf Rosenberg bei seiner Abreise dem Schröder Commission gegeben hat, für mich ein Buch aufzutreiben. Das ist nun freilich schon da, und Stephanie (der Jüngere) als Inspicient über die Oper hat es in Händen. Bergobzoomer, als wahrer guter Freund von Schröder und von mir, hat es mir gleich gesteckt. Ich bin also gleich zu ihm gegangen en forme de visite, wir glaubten, er möchte etwa aus Partialität für den Umlauf [Hofmusiker] gegen mich falsch handeln, der Verdacht war aber ungegründet, denn ich hörte nach der Hand, daß er jemand Commission gegeben mir zu sagen, ich möchte zu ihm kommen, er hätte etwas mit mir zu sprechen; und gleich da ich eintrat, sagte er: »O Sie kommen wie gerufen.« Die Oper hat aber 4 Acte und wie er sagt, so ist der erste Act unvergleichlich, dann nimmt es aber sehr ab. Wenn es Schröder leidet, daß man es herrichten darf, wie man will, so kann ein gutes Buch daraus werden; er mag es der Direction so wie es ist gar nicht übergeben, bevor er nicht mit ihm darüber gesprochen hat, weil er ohnehin im Voraus weiß, daß es zurückgegeben würde, das können also diese zwei miteinander ausmachen. Ich verlangte es, nach dem was mir Stephanie davon gesagt, gar nicht zu lesen, denn wenn es mir nicht gefällt, so muß ich es ja doch sagen, sonst wäre ich der Angesetzte; und Schröder will ich mir nicht ungünstig machen, da er für mich alle Achtung hat. So kann ich mich doch immer entschuldigen, ich hätte es nicht gelesen.

Nun muß ich Ihnen erklären, warum wir auf den Stephanie Argwohn hatten. Dieser Mensch hat, was mir sehr leid thut, in ganz Wien das schlechteste Renommée, als ein grober falscher verläumderischer Mann, der den Leuten die größten Ungerechtigkeiten anthut. Da mische ich mich aber nicht darein. Wahr kann es sein, weil alles darüber schmält. Uebrigens gilt er alles beim Kaiser und gegen mich war er gleich das erstemal sehr freundschaftlich und sagte: »Wir sind schon alte Freunde, und ist mir sehr lieb, wenn ich werde im Stande sein können, Ihnen in etwas zu dienen.« Ich glaube und ich wünsche es auch, daß er selbst für mich eine Oper schreiben wird. Er mag nun seine Comödien allein oder mit[299] Hilfe gemacht haben, er mag nun stehlen oder selbst erschaffen, kurz er versteht das Theater und seine Comödien gefallen immer. Ich habe erst 2 neue Stücke von ihm gesehen, die gewiß recht gut sind, eins: »Das Loch in der Thüre« und das zweite: »Der Oberamtmann und die Soldaten.« Unterdessen werde ich die Cantate schreiben; denn wenn ich wirklich schon ein Buch hätte, so würde ich doch noch keine Feder ansetzen, weil der Graf Rosenberg nicht hier ist; wenn der auf die Letzt das Buch nicht gut fände, so hätte ich die Ehre gehabt umsonst zu schreiben, und das lasse ich fein bleiben. Wegen incontriren sorge ich mich gar nicht, wenn nur das Buch gut ist. – Glauben Sie denn, ich werde eine Opera comique auch so schreiben, wie eine Opera seria? So wenig Tändelndes in einer Opera seria sein soll und so viel Gelehrtes und Vernünftiges, so wenig Gelehrtes muß in einer Opera buffa sein, und um desto mehr Tändelndes und Lustiges. Daß man in einer Opera seria auch komische Musik haben will, dafür kann ich nicht; hier unterscheidet man aber in dieser Sache sehr gut. Ich finde halt, daß in der Musik der Hanswurst noch nicht ausgerottet ist, und in diesem Falle haben die Franzosen Recht.

Ich hoffe also mit künftigem Postwagen meine Kleider richtig zu erhalten. Ich weiß nicht, wann der Postwagen geht, doch glaube ich wird Sie dieser Brief noch eher antreffen, mithin bitte ich Sie, den Stock mir zu Lieb zu behalten. Man braucht hier Stöcke, aber wozu? Zum Spazierengehen, und dazu ist jedes Stöckchen gut. Also stützen Sie sich darauf anstatt meiner und tragen Sie ihn, wenn es möglich, beständig. Wer weiß, ob er nicht durch Ihre Hand beim Arco seinen vormaligen Herrn rächen kann, doch das versteht sich accidendaliter oder zufälliger Weise. Mein handgreiflicher Discours bleibt dem hungrigen Esel nicht aus, und sollte es in 20 Jahren sein; denn ihn sehen und mein Fuß in seinen A– ist gewiß eins, ich müßte nur das Unglück haben ihn zuerst an einem heiligen Ort zu sehen. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 297-300.
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