168. Mozarteum.

[316] Wien 29. Aug. 1781.

Nun will ich Ihnen Ihre Fragen beantworten. – Die Mad. Bernasconi [S. 303] hat 500 Ducaten von der Direction aus, oder meinetwegen vom Kaiser aus, aber nur auf ein Jahr. NB. sie schmählt und wünscht sich schon längst weg, aber das ist nur eine furberia italiana, eben durch das Schmälen wird sie hier zu bleiben haben, sonst würde sie schwerlich von London nach Wien gekommen sein, denn sie kam, man wußte nicht wie? und warum? Ich glaube, daß Graf Dietrichstein (der Stallmeister) ihr Protector, schon vorher davon gewußt hat, und daß Gluck (damit er seine französischen Opern im Deutschen aufführen kann) auch dazu geholfen hat. Das ist gewiß, daß man sie dem Kaiser ordentlich aufgedrungen hat und der große Schwarm der Noblesse ist sehr portirt für sie, allein der Kaiser im Herzen nicht, – so wenig als für Gluck, – und das Publikum auch nicht. Das ist wahr, in Tragödien große Rollen zu spielen, da wird sie immer Bernasconi bleiben, aber in kleinen Operetten ist sie nicht anzusehen, denn es steht ihr nicht mehr[316] an. Und dann, wie sie auch selbst gesteht, sie ist mehr wälsch als deutsch, sie redet auf dem Theater so wienerisch wie im gemeinen Umgang, – jetzt stellen Sie sich vor! Und wenn sie sich bisweilen zwingen will, so ist es als wenn man eine Prinzessin in einem Marionettenspiel declamiren hörte. Und das Singen, das ist dermalen so schlecht, daß kein Mensch für sie schreiben will. Und damit sie die 500 Ducaten nicht umsonst einnimmt, so hat sich (mit vieler Mühe) der Kaiser bewegen lassen, die »Iphigenie« und »Alceste« von Gluck aufzuführen. Erstere deutsch und die zweite wälsch. – Von Sigr. Righini seinem Glück weiß ich nichts, er gewinnt sich viel Geld mit Scolarisiren, und vergangene Fasten war er mit seiner Cantate glücklich, denn er hat sie zweimal hintereinander gegeben und allzeit gute Einnahme gehabt. Er schreibt recht hübsch, er ist nicht unergründlich, aber ein großer Dieb; er giebt seine gestohlenen Sachen aber so mit Ueberfluß wieder öffentlich preis und in so ungeheuerer Menge, daß es die Leute kaum verdauen können.

Der Großfürst von Rußland kommt erst im November, also kann ich meine Oper mit mehr Ueberlegung schreiben. Ich bin recht froh. Vor Allerheiligen lasse ich sie nicht aufführen, denn da ist die beste Zeit, da kommt alles vom Lande herein. – Ich habe jetzt ein recht hübsches eingerichtetes Zimmer auf dem Graben; wenn Sie dieses lesen, werde ich schon darin sein. Ich habe es mit Fleiß nicht auf die Gasse genommen, wegen der Ruhe. Wegen der Duscheck habe ich schon den Preis der Sonaten im Briefe an sie benannt, nämlich 3 Ducaten. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 316-317.
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