171. Mozarteum.

[320] Wien 19. Sept. 1781.

Ma très chère soeur!

Durch den letzten Brief unseres lieben Vaters habe ich vernommen, daß Du krank seist, welches mir keine geringe Sorge und Kummer macht; und zwar 14 Tage hast Du schon die Badecur gebraucht, Du warst also schon lange krank, und ich wußte kein Wort davon. Nun will ich Dir aufrichtig schreiben, und eben auch wegen Deinen immerzu zustoßenden Unpäßlichkeiten. Glaube mir, liebste Schwester, in allem Ernste, daß das Beste für Dich ein Mann wäre, und eben deßwegen, weil es sehr Einfluß auf Deine Gesundheit hat, wünschte ich von Herzen, daß Du bald heirathen könntest. Du hast mich in Deinem letzten Schreiben noch als zu wenig ausgescholten; ich schäme mich, wenn ich daran denke und ich kann keine einzige Entschuldigung vorbringen als daß ich gleich, als ich Deinen vorletzten Brief erhielt, angefangen habe, Dir zu schreiben, und daß es so liegen geblieben, ich es endlich zerrissen, weil die Zeit noch nicht da ist, wo ich Dich mit mehr Gewißheit trösten könnte; doch ich hoffe, sie wird gewiß kommen. Nun höre meine Gedanken.

Du weißt, daß ich nun eine Oper schreibe. Was davon gemacht ist hat überall außerordentlichen Beifall gehabt; denn ich kenne die Nation – und ich hoffe, sie wird gut ausfallen. Wenn das gelingt, dann bin ich auch in der Composition wie im Clavier hier beliebt. Nun wenn ich diesen Winter überstanden, so kenne ich meine Umstände besser, und ich zweifle nicht, daß sie gut sein werden. Für Dich und D'Yppold [ihren Geliebten] wird schwerlich, ja ich glaube gewiß, in Salzburg nichts daraus werden. Könnte denn D'Yppold hier nichts für sich zuwege bringen? – Er für sich selbst wird auch wenigstens nicht ganz leer sein. Frage ihn darum, und glaubt er, daß die Sache gehen könnte, so soll er mir nichts als den Weg zeigen, ich werde gewiß das Unmögliche thun, weil ich den stärksten Antheil an der Sache nehme. – Wäre das ausgemacht, so könnt Ihr auch sicher heirathen; denn glaube mir, Du würdest Dir hier Geld genug verdienen, z.B. in Privatacademien zu spielen, – und mit den Lectionen[321] man würde Dich recht darum bitten und gut bezahlen. Da müßte aber mein Vater quittiren und auch mit, – dann könnten wir wieder recht vergnügt zusammen leben. Ich sehe kein anderes Mittel und ehe ich gewußt habe, daß es Dir mit dem D'Yppold recht Ernst ist, so hatte ich schon mit Dir so etwas im Sinne. Nur unser lieber Vater war der Anstoß, denn ich möchte, daß der Mann in Ruhe käme und sich nicht plagen und scheren sollte. Auf diese Art könnte es aber sein, denn durch das Einkommen Deines Mannes, durch Dein eigenes und durch das meinige können wir schon auskommen und ihm Ruhe und ein vergnügtes Leben verschaffen. Rede nur bald mit dem D'Yppold, und gib mir gleich Anleitung; denn je eher man die Sache zu betreiben anfängt, desto besser. Durch das Cobenzlische Haus kann ich das meiste machen, er muß mir aber auch schreiben wie? und was?

Mr. Marchal empfiehlt sich Dir und besonders dem D'Yppold und er läßt sich bei ihm noch auf das freundschaftlichste bedanken, für das große Freundstück, welches er ihm bei seiner Abreise erwiesen. Nun muß ich schließen, denn ich muß noch dem Papa schreiben. Lebe wohl, liebste Schwester, ich hoffe im künftigen Brief vom Papa bessere Nachrichten von Deiner Gesundheit zu lesen und bald durch Deine eigene Handschrift davon ganz überzeugt zu werden.Adieu, ich küsse Dich 1000 mal und bin ewig Dein unveränderlicher, Dich von Herzen liebender Bruder.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 320-322.
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