193. Mozarteum.

[361] Wien 8. Mai 1782.

Ich habe Ihr letztes vom 30. April richtig erhalten, wie auch gestern den Brief meiner Schwester sammt dem Einschluß an meine liebe Constanze, der ich ihn allsogleich eingehändiget. Sie hat wahres Vergnügen darüber empfunden und wird sich mit nächstem die Freiheit nehmen ihr wieder zu schreiben. Unterdessen (da ich heute unmöglich Zeit habe, selbst an meine Schwester zu schreiben) muß ich in ihrem Namen eine Frage an Sie thun, welche ist, ob man in Salzburg die Franzen trägt? ob meine Schwester sie schon trägt? ob sie selbe selbst machen kann oder nicht; die Constanze hat sich erst 2 Piquékleider so garnirt, es ist hier die größte Mode. Weil sie selbe nun machen kann, so wollte sie meiner Schwester damit aufwarten, sie möchte ihr nur die Farbe sagen; denn man trägt sie von allen Farben, weiß, schwarz, grün, blau, Puce etc. Ein atlassenes oder kroditornes Kleid muß freilich mit Seidenfranzen garnirt sein, wie sie auch eines so hat; aber ein ordinäres Kleid von schönem sächsischen Piqué, mit Zwirnfranzen (welche man, wenn man sie nicht anrührt, fast von den seidenen nicht unterscheidet) steht recht schön, und ist noch die Commodität dabei, daß man sie mit sammt dem Kleid kann waschen lassen.

Ich bitte Sie, schreiben Sie mir doch, wie die Oper vom Salieri in München ausgefallen ist; ich glaube Sie müssen sie noch gehört haben, – wo nicht, so müssen Sie doch wissen, wie sie aufgenommen worden ist. Ich bin zweimal[361] beim Graf Daun gewesen, hab ihn aber niemals angetroffen; die Musik habe ich aber abholen lassen, er ist halt nur Vormittags anzutreffen, und da gehe ich nicht nur nicht aus, sondern ich ziehe mich gar nicht an, weil ich zu nothwendig zu schreiben habe, ich werde es aber doch künftigen Sonntag versuchen. Vielleicht kann er nebst den Variationen auch die Münchner Oper mitnehmen.

Gestern war ich bei der Gräfin Thun und habe ihr meinen 2. Act vorgeritten, mit welchem sie nicht weniger zufrieden ist als mit dem ersten. Dem Raaff seine Arie habe ich längst abschreiben lassen und sie dem Fischer, welcher die Commission von ihm hatte, übergeben. – Sie haben einmal geschrieben, daß Sie die Musik vom Robinig [vgl. S. 225 u.a.] gerne hätten; – wer hat sie denn? Ich habe sie nicht. Der Eck glaube ich, hat sie Ihnen ja zurückgegeben; ich habe sie ja auch von Ihnen nebst der ex F und B in meinem Briefe begehrt. Ich bitte, schicken Sie mir doch bald die Scene von der Baumgarten. Nun wird diesen Sommer im Augarten alle Tage Musik sein. Ein gewisser Martin [S. 287] hat diesen Winter ein Dilettantenconcert errichtet, welches alle Freitage in der Mehlgrube [Saal am Mehlmarkt, jetzt neuen Markt] ist aufgeführt worden. Sie wissen wohl, daß es hier eine Menge Dilettanten gibt, und zwar sehr gute, sowohl Frauenzimmer als Mannspersonen; nur ist es immer noch nicht recht in Ordnung gegangen. Dieser Martin hat nun durch ein Decret vom Kaiser die Erlaubniß erhalten und zwar mit Versicherung seines höchsten Wohlgefallens 12 Concerte im Augarten zu geben und 4 große Nachtmusiken auf den schönsten Plätzen in der Stadt. Das Abonnement für den ganzen Sommer ist 2 Ducaten. Nun können Sie sich denken, daß wir genug Subscribenten bekommen werden, umsomehr da ich mich darum annehme, und damit associirt bin. Ich setze den Fall, daß wir nur 100 Abonnenten haben, so hat doch (wenn auch die Unkosten 200 Fl. wären, welches aber unmöglich sein kann) jeder 300 Fl. Profit. Baron van Swieten und die Gräfin Thun nehmen sich sehr darum an. Das Orchester ist von lauter Dilettanten, die Fagottisten und die Trompeter und Pauker ausgenommen.

[362] Clementi wird morgen von hier, wie ich höre, wieder abreisen, haben Sie seine Sonaten also gesehen? – Wegen dem armen Leitgeb haben Sie noch ein wenig Geduld, ich bitte Sie; wenn Sie seine Umstände wüßten und sähen, wie er sich behelfen muß, würden Sie ganz gewiß Mitleid mit ihm haben. Ich werde mit ihm reden, und ich weiß gewiß, daß er Ihnen, wenigstens nach und nach, zahlen wird. Nun leben Sie wohl.

P.S. Meine liebe Schwester küsse ich 1000 mal; mein Compliment an die Katherl, und an die Thresel einen Gruß und sie soll bei mir Kindsmensch werden; nur soll sie sich fleißig im Singen exerziren. Adieu. Dem Pimperl eine Prise spanischen Taback.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 361-363.
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