127. Mozarteum.

[235] München 13. Nov. 1780.

In der größten Eile schreibe ich, denn ich bin noch nicht angezogen und muß zum Graf Seeau. Cannabich, Quaglio und Le Grand der Balletmeister speisen auch dort, um das Nöthige wegen der Oper zu verabreden. – Gestern habe ich mit Cannabich bei der Gräfin Baumgarten61 gespeist, eine geborne Lerchenfeld; mein Freund ist Alles in diesem Hause und ich nun also auch. Das ist das beste und nützlichste Haus hier für mich. Durch dieses ist auch alles wegen meiner gegangen und wird, wills Gott, noch gehen. Sie ist die, welche einen Fuchsschwanz im A – und eine spitzige Uhrkette am Ohr hangen, und einen schönen Ring, ich habe ihn selbst gesehen, und soll der Tod über mich kommen, ich unglücklicher Mann ohne Nase.62 Sapienti pauca. Nun muß ich mich anziehen. Nur also das Nothwendigste, und zwar der Hauptzweck dieses Briefes ist, Ihnen mein liebster[235] bester Vater, alles Erdenkliche zu Ihrem Namenstage anzuwünschen. Ich empfehle mich ferners in dero väterliche Liebe und versichere Sie meines ewigen Gehorsams. Die Gräfin La Rosé empfiehlt sich Ihnen und meiner Schwester, das ganze Cannabichische und doppelte Wendlingische Haus, Ramm, Eck, Vater und Sohn, Becke und Herr del Prato † † † der eben bei mir ist † † †. Gestern hat mich Graf Seeau bei S.D. dem Churfürsten vorgestellt, er war sehr gnädig mit mir. Wenn Sie jetzt den Graf Seeau sprechen sollten, so würden Sie ihn nicht mehr kennen, so ganz haben ihn die Hrn. Mannheimer umgekehrt.

Ich sollte zwar ex commissione S.G. eine förmliche Antwort in dessen Namen an Hr. Abbate Varesco schreiben, allein ich habe nicht Zeit und bin zum Sekretär gar nicht geboren. Im 1. Act Scene 8 hat Herr Quaglio den nämlichen Einwurf gemacht, den wir gleich Anfangs machten, nämlich daß es sich nicht schicke, daß der König ganz allein zu Schiff sei. Glaubt der Hr. Abbé, daß man ihn in dem gräulichen Sturm von Jederman verlassen, ohne Schiff ganz allein in größter Gefahr schwimmend, sich so vernünftig vorstellen kann, so mag alles so bleiben, aber NB. ohne Schiff, denn im Schiff kann er allein nicht sein; widrigenfalls müssen etwelche Generale, Vertraute von ihm (Comparsen) mit ihm aussteigen; dann muß aber der König nur noch etwelche Worte zu seinen lieben Leuten zu sagen haben, nämlich daß sie ihn allein lassen sollten, welches in der traurigen Situation, da er dermalen ist, ganz natürlich ist.

Das zweite Duett bleibt ganz weg – und zwar mit mehr Nutzen als Schaden für die Oper. Denn Sie sehen wohl, wenn Sie die Scene überlesen, daß die Scene durch eine Arie oder Duett matt und kalt wird – und für die andern Acteurs die so hier stehen müssen, sehr genant ist; – und überdieß würde der großmüthige Kampf zwischen Ilia und Idamante zu lang und folglich seinen ganzen Werth verlieren.

Die Mara hat gar nicht das Glück gehabt mir zu gefallen, sie macht zu wenig um einer Bastardina [vgl. Nr. 8] gleich zu kommen (denn dieß ist ihr Fach) und macht zu viel,[236] um das Herz zu rühren, wie eine Weber [Aloysia] oder eine vernünftige Sängerin.

P.S. Apropos, Graf Seeau hätte Lust, weil man hier so schlecht übersetzt, auch die Oper in Salzburg traduiren zu lassen, nur die Arien in Versen. Ich sollte einen Contract machen, da würde alsdann die Bezahlung für den Poeten und Uebersetzer zu gleicher Zeit entrichtet werden. Geben Sie mir bald Antwort darauf. Adieu. – Wie wird das Familiengemälde? Sind Sie gut getroffen? Ist meine Schwester auch schon angefangen? Die Oper wird erst den 20. Jänner das erste Mal gegeben werden. Haben Sie doch die Güte und schicken mir die zwei Sparten von den Messen, die ich mithabe, und die Messe aus dem B auch. Der Graf Seeau wird nächstens dem Churfürsten etwas davon sagen, ich möchte, daß man mich in diesem Styl auch kennen lernte. Ich habe erst eine Messe von Grua gehört; von dieser Gattung kann man leicht täglich ein halb Dutzend componiren. Wenn ich gewußt hätte, daß dieser Castrat so schlecht ist, ich hätte in der That den Cecarelli recommandirt.

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Er schrieb eine Arie für sie, deren Original sich auf der Münchener Staatsbibliothek befindet. Köchel Nr. 369.

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Die fettgedruckten Anfangsbuchstaben bedeuten »Favoritin«.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 235-237.
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