131. Mozarteum.

[244] München 1. Dez. 1780.

Die Probe ist außerordentlich gut ausgefallen, es waren nur in Allem 6 Violinen, aber die gehörigen Blasinstrumente. Von Zuhörern wurde niemand zugelassen, als die Schwester von Seeau und der junge Graf Seinsheim. Heute acht Tage wollen wir eine zweite machen, da werden wir zum ersten Act 12 Geigen haben, und dann wird der zweite (wie das vorigemal der erste) mitprobirt werden. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie alles voll Freude und Erstaunen war, ich vermuthete es aber nicht – anders, denn ich versichere Sie, ich ging mit so ruhigem Herzen zu dieser Probe, als wenn ich wo auf eine Collation hinginge. Graf Seinsheim sagte zu mir: »Ich versichere Sie, daß ich mir sehr viel von Ihnen erwartet habe, aber das habe ich wahrlich nicht erwartet.« Das Cannabichische Haus und alle die, die es frequentiren, sind doch wahre Freunde von mir. Als ich nach der Probe mit Cannabich (denn wir hatten noch vieles mit dem Grafen zu sprechen) zu ihm nach Hause kam, kam mir schon Mad. Cannabich entgegen und umarmte mich voll Vergnügen, daß die Probe so gut ausgefallen; denn Ramm und Lang kamen wie närrisch nach Hause. Die gute Frau, die wahre Freundin von mir, hatte unterdessen, da sie mit ihrer kranken Rose allein zu Hause war, tausend Sorgen wegen meiner. Ramm sagte mir, denn wenn Sie diesen kennen, werden Sie sagen, das ist ein wahrer Deutscher, der sagt Ihnen alles so ins Gesicht, wie er es sich denkt: »Das kann ich Ihnen wohl gestehen«, sagte er, »daß mir noch keine Musik solche Impression gemacht hat, und ich[244] versichere Sie, daß ich wohl 50 Mal auf Ihren Herrn Vater gedacht habe, was dieser Mann für eine Freude haben muß, wenn er diese Oper hört.« Nun genug davon. Mein Katarrh ist bei dieser Probe etwas ärger geworden, man erhitzt sich halt doch, wenn Ehre und Ruhm im Spiele sind, man mag anfangs noch so kaltblütig sein. Ich habe alles gebraucht, was Sie mir vorgeschrieben, langsam geht es halt, und das ist mir aber jetzt erst recht ungelegen, denn das Schreiben macht dem Katarrh kein Ende, und geschrieben muß es doch sein. Heute habe ich angefangen, Feigelsaft und ein wenig Mandelöl zu nehmen, und da spüre ich schon Linderung und bin wieder 2 Tage zu Hause geblieben. – Gestern Vormittag war wieder Mr. Raaff bei mir, um die Arie im 2. Act zu hören. Der Mann ist so in seine Arie verliebt, als es nur immer ein junger feuriger Mann in seine Schöne sein kann. Des Nachts, ehe er einschläft und Morgens da er erwacht, singt er sie, er hat (ich wußte es von einer sichern Hand, und nun weiß ich es von ihm selbst) zu Hrn. von Viereck Obriststallmeister und Hrn. von Kastel gesagt: »Ich war sonst immer gewohnt, mir in die Rollen zu helfen, sowohl in die Recitative als Arien, da ist aber alles geblieben, wie es war, ich wüßte keine Note, die mir nicht anständig wäre etc. Enfin, er ist zufrieden wie ein König. Die eingeschickte Arie wünschte er wohl mit mir ein wenig verändert zu haben. Das era ist ihm auch nicht recht und dann möchten wir hier eine ruhige zufriedene Arie haben, wenn es auch nur ein Theil wäre, desto besser; den 2. muß man so allezeit in die Mitte nehmen, und der geht mir öfters im Weg um. Im Achill in Sciro ist so eine Arie auf diese Art: Or che mio figlio sei etc. – Meiner Schwester danke ich vielmals für die überschickte Liste der Comödien. Mit der Comödie ›Rache für Rache‹ ists doch sonderbar, hier wurde sie schon öfters mit vielem Beifall gegeben, erst letzthin auch, ich war aber nicht darin. Fräulein Therese von Barisani empfehle mich ergebenst; wenn ich einen Bruder hätte, so wollte ich ihn gebeten haben, ihr in tiefster Demuth die Hände zu küssen, da ich aber eine Schwester habe, ist es noch viel besser, die bitte ich also, sie recht freundschaftlichst[245] in meinem Namen zu embrassiren. Apropos schreiben Sie doch einmal dem Cannabich; er verdient es, und es wird ihn ungemein erfreuen. Was ist es denn, wenn er auch nicht antwortet! er meint es nicht so, als es herauskömmt, er macht es allen so, man muß ihn kennen.«

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 244-246.
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