137. Mozarteum.

[254] München 30. Dez. 1780.

Glückseliges neues Jahr! – Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen dermalen sehr wenig schreibe, denn ich stecke nun über Hals und Kopf in Arbeit. Ich bin noch nicht ganz fertig mit dem dritten Act und habe alsdann, weil kein Ertra-Ballet, sondern nur ein zur Oper gehöriges Divertissement ist, auch die Ehre die Musik dazu zu machen; mir ist es aber sehr lieb, denn so ist doch die Musik von Einem Meister. Der 3. Act wird wenigstens so gut ausfallen, als die beiden ersten, ich glaube aber unendlich Mal besser und daß man mit Recht sagen könne: finis coronat opus. – Der Churfürst war letzthin bei der Probe so zufrieden, daß er wie ich Ihnen letzthin geschrieben morgens beim Cercle meine Oper sehr gelobt und dann Abends bei der Cour wieder; und dann weiß[254] ich es von einer sehr sichern Hand, daß er den nämlichen Abend nach der Probe allen, Jedermann der zu ihm gekommen ist, von meiner Musik geredet hat, mit diesem Ausdruck: »Ich war ganz surprenirt, noch hat mir keine Musik den Effect gemacht, das ist eine magnifique Musik.« – Vorgestern haben wir eine Recitativprobe bei der Wendling gemacht und das Quartett zusammen probirt, wir haben es sechsmal repetirt, jetzt geht es endlich. Der Stein des Anstosses war der del Prato, der Bub kann doch gar nichts; seine Stimme wäre nicht so übel; wenn er sie nicht in den Hals und in die Gurgel nähme; übrigens hat er aber gar keine Intonation, keine Methode, keine Empfindung, sondern singt wie etwa der beste unter den Buben, die sich hören lassen um in das Capellhaus aufgenommen zu werden. Raaff hat sich mit Vergnügen betrogen gefunden und zweifelt nun auch nicht an dem Effect. Nun bin ich wegen des Raaffs letzter Arie in einer Verlegenheit woraus Sie mir helfen müssen. Das rinvigorir und ringiovenir ist dem Raaff unverdaulich und wegen diese 2 Worten ist ihm schon die ganze Arie verhaßt. Es ist wahr das mostrami und vienmi ist auch nicht gut, aber das schlechteste sind schon die 2 Endwörter, wo ich bei dem ersten rinvigorir um den Triller auf dem i zu vermeiden, ihn auf dem o machen müßte. Nun hat Raaff, ich glaube im Natal di Giove welches freilich sehr wenigen bekannt ist, eine zu dieser Lage passende Arie gefunden, ich glaube sie ist die Licenz-Arie davon: Bell' alme al ciel dilette – und diese Arie soll ich ihm schreiben. »Man kennt sie nicht«, sagt er, »und wir sagen nichts.« Er weiß halt, daß es dem Hrn. Abbate nicht zuzumuthen ist, diese Arie zum drittenmal zu ändern, und wie sie ist, will er sie doch nicht singen. Nun bitte ich um eine schleunige Antwort. Nun muß ich schließen, denn ich muß über Hals und Kopf schreiben; componirt ist schon alles, aber geschrieben noch nicht.

Mein Compliment an die liebe Thresel; die Magd, die mich hier im Hause bedient, heißt auch Thresel, aber Gott, was für ein Unterschied gegen die Linzer Thresel, an Schönheit, Tugend, Reize – und tausend andere Verdienste! – Sie werden schon wissen, daß der gute Castrat Marquesi[255] Marquesius di Milano, in Neapel ist vergiftet worden, aber wie! Er war in eine Herzogin verliebt, und ihr rechter amant war darüber jaloux und schickte 3 oder 4 Kerle zu ihm, und die ließen ihm die Wahl, ob er aus diesem Geschirr trinken wolle oder lieber massakrirt sein wolle. Er wählte das erstere. Weil er aber ein wälscher Hasenfuß war, so starb er allein und ließ seine Herrn Mörder in Ruhe und Frieden leben. Ich hätte wenigstens (in meinem Zimmer) ein paar mit mir in die andere Welt genommen, wenn es schon gestorben hätte sein müssen. Schade um einen so vortrefflichen Sänger! Adieu.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 254-256.
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