[58] A Mons. Puchberg.1

Allerliebster Freund,

und Ordens-Bruder!


Sie werden ohne Zweifel von Ihren Leuten vernommen haben, daß ich gestern bey Ihnen war, und (nach Ihrer Erlaubniß) uneingeladen bei Ihnen speisen wollte. – Sie wissen meine Umstände; kurz, ich bin, da ich keinen wahren Freund finde, gezwungen, bei Wucherern Geld aufzunehmen – da es aber Zeit braucht, um unter dieser unchristlichen Classe Menschen doch noch die christlichsten aufzusuchen und zu finden, so bin dermalen so entblöst, daß ich Sie liebster Freund um alles in der Welt bitten muß, mir mit Ihrem Entbehrlichsten beyzustehen. Wenn ich, wie ich hoffe, in 8 oder 14 Tagen das Geld bekomme, so werde ich Ihnen gleich das mir ietzt gelehnte wieder zurückzahlen. Mit dem was ich Ihnen schon so lange anständig [ausständig?] bin, muß ich Sie leider noch bitten Gedult zu haben. Wenn Sie wüßten was mir das alles für Kummer und Sorge macht – es hat mich die ganze Zeit her verhindert meine Quartetten zu endigen. –

Ich habe nun sehr große Hoffnung bey Hofe. Denn ich weiß zuverlässig daß N.N. meine Bittschrift nicht, wie die andere begünstigt oder verdammt, herabgeschickt, sondern zurück behalten hat. Dies ist ein gutes Zeichen. Künftigen[58] Samstag bin ich willens meine Quartetti bey mir zu machen, wozu ich Sie und Dero Frau Gemahlin schönstens einlade. Liebster, bester Freund und Bruder – entziehen Sie mir, meiner Zudringlichkeit wegen, Ihre Freundschaft nicht und stehen Sie mir bey, ich verlasse mich ganz auf Sie und bin ewig

Ihr dankbarster

Mozart.


NB. Nun habe ich 2 Scholaren – ich möchte es gerne auf 8 Scholaren bringen – suchen Sie es auszustreuen, daß ich Lectionen annehme.


(den 17ten May 150 fl. gesandt.)

Fußnoten

1 Vgl. O. Jahn, 1. Ausg. III. 494.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 59.
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