Verehrungswürdigster D.B.

[59] Verehrungswürdigster D.B.

Liebster, bester Freund! –1


Ich habe immer geglaubt dieser Tagen selbst in die Stadt zu kommen, um mich bey Ihnen wegen Ihrer mir bewiesenen Freundschaft mündlich bedanken zu können – Nun hätte ich aber nicht einmal das Herz vor Ihnen zu erscheinen, da ich gezwungen bin Ihnen frey zu gestehen, daß ich Ihnen das mir geliehene ohnmöglich so bald zurückzahlen kann und Sie ersuchen muß mit mir Gedult zu haben! – Daß die Umstände dermalen so sind und Sie mich nach meinem Wunsch nicht unterstützen können, macht mir viele Sorgen! – Meine Lage ist so, daß ich unumgänglich benöthiget bin, Geld aufzunehmen – aber Gott, wem soll ich mich vertrauen? – Niemanden als Ihnen, mein Bester! – Wenn Sie mir nur wenigstens die Freundschaft thun wollen, mir durch einen andern Weg Geld zu verschaffen! – ich zahle ja gerne die Interessen – und derjenige der mir lehnt ist ja durch meinen Charakter und meine Besoldung glaub'[59] ich gesichert genug; – es thut mir leid genug, daß ich in diesem Falle bin – eben deswegen wünschte ich aber eine etwas ansehnliche Summe auf einen etwas längern Termin zu haben, um einem solchen Falle vorbeugen zu können. – Wenn Sie, liebster Bruder, mir in dieser meiner Lage nicht helfen, so verliere ich meine Ehre und Credit, welches das einzige ist, was ich zu erhalten wünsche; – ich baue aber ganz auf Ihre ächte Freundschaft und Bruderliebe und erwarte zuversichtlich daß Sie mir mit Rath und That an die Hand gehen werden – wenn mein Wunsch in Erfüllung geht, so kann ich frey Odem schöpfen, weil ich dann im Stande sein werde, mich in Ordnung zu bringen und mich darinn zu erhalten; – kommen Sie doch zu mir und besuchen Sie mich; ich bin immer zu Hause; – ich habe in den 10 Tagen daß ich hier wohne mehr gearbeitet, als im andern Logis die 2 Monathe; – und kämen mir nicht so oft so schwarze Gedanken (die ich mir mit Gewalt ausschlagen muß) würde es mir noch besser von statten gehen, denn ich wohne angenehm, – bequem und wohlfeil. Ich will Sie nicht länger mit meinem Gewäsche aufhalten, sondern schweigen und hoffen.


den 27ten Jun. 1788.

Ewig Ihr verbundener Diener,

wahrer Freund und Ordens-Bruder

W.A. Mozart.

Fußnoten

1 Vgl. O. Jahn, 1. Ausg. III. 491.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 60.
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