St. Gilgen den 8. Febr. 1800

[137] St. Gilgen den 8. Febr. 1800.


..... Um aber meine Dankbarkeit für die überschickten Hefte zu bezeigen, so übersende ich Ihnen eine Fuge[137] und Praeludium, so mein Bruder für mich gemacht hat, und da ich es in Manuscript wie Sie sehen besitze, so können Sie versichert sein, daß es in keiner andern Hand sein kann1. Hier folgen auch von 3 Sonaten die Anfangsthemen, die ich in Abschrift besitze.2


Sonata I.
Sonata I.

Sonata II.
Sonata II.

Sonata III.
Sonata III.

Auch habe ich eine ganz kleine Nachtmusik, bestehend in 2[138] Violin und Basso. Da es aber eine sehr simple Composition, die er in sehr frühen Jahren gemacht hat, ist, so getraute ich mir nicht, solche zu schicken, da sie mir zu unbedeutend schien.3

Des Herrn Prof. Niemtscheck's Biographie machte mein schwesterliches Gefühl gegen meinen so innig geliebten Bruder wieder ganz rege, so daß ich öfters in Thränen zerfloß, da ich erst itzt mit der traurigen Lage, in der sich mein Bruder befand, bekannt wurde.4

Fußnoten

1 Ohne Zweifel das in Köchel's Verzeichniß unter Nr. 394 angeführte Werk.


2 Köchel führt die 3 Sonaten (Verz. S. 517) unter den zweifelhaften Compositionen an. Jetzt gehören sie zu den verloren gegangenen. Denn daß die Sonaten echt sind oder waren, kann nach dem Zeugniß der Schwester nicht bezweifelt werden.


3 Von dieser Composition haben wir keine Kenntniß.


4 Auf obigen Brief antworten Breitkopf u. Härtel am 28. Februar 1800 u.A. Folgendes: »Ueberhaupt lassen uns sehr viele eigenhändige Briefe Ihres an Geist und Herzen großen Herrn Bruders, welche er an mehrere seiner vertrauten Freunde und selbst an seine Gattin schrieb und in deren Besitz wir gekommen sind, oft mit Wehmuth bedauern, daß er in manchen wichtigen Dingen nicht glücklich war und daß sein emporstrebender Geist mit so manchen Hindernissen zu kämpfen hatte. Mit Dankbarkeit und Achtung werden wir in seiner Biographie das, was wir bereits von Ihnen wissen, so wie die Aeußerungen Ihrer schwesterlichen Zärtlichkeit für denselben und Ihre Bereitwilligkeit, uns sowohl in dieser Lebensbeschreibung als in der Herausgabe seiner Werke zu unterstützen, aufnehmen. Möchten wir dies auch von seiner Wittwe thun können! Doch diese scheint einen augenblicklichen Vortheil allen Rücksichten auf das Andenken ihres Gatten vorzuziehen«.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 139.
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