XIII.

1844.

Vorspiele zur musikalischen Glanzepoche Weimar's.

(Koncert-Reisen 1840–1847. Fortsetzung.)

Liszt's erstes Kofkapellmeister-Debüt. Histor. Rückblick auf Weimar's Musikleben. Liszt's Dirigenten-Ideale. Gleiche Bestrebungen seitens Berlioz' und Wagner's. Das neue Princip. Die Weimaraner Koncert-Programme. Stimmen der Zeit. Ein Vorläufer der Dirigir-Reform. Ein improvisirtes Faust-Melodram.


In der zweiten Hälfte des December, gegen Weihnachten hin, finden wir den Künstler in Weimar – zum ersten Male, um als Hofkapellmeister zu fungiren. Sein Aufenthalt währte bis zum 18. Februar 1844. Derselbe wurde zum bedeutendsten Vorspiel der ebenso leuchtenden als in das gesammte Musikleben eingreifenden Liszt-Weimarepoche.

Weimars musikalische Vergangenheit hatte sich nach außen hin nur durch einzelne glänzende Künstlernamen bemerkbar gemacht. Nichts desto weniger wurde in der kleinen Residenz viel musicirt. Und seit der Zeit der Großherzogin Amalie hatten sich nach dieser Richtung hin ganz respektable Mittel entwickelt, die wohl geeignet waren das Musikleben zu einer höheren Blüthe zu treiben. Unterstützt von der ununterbrochenen Gunst der Fürstin besaß man eine gute Kapelle, tüchtige Kapellmeister, die zugleich Komponisten waren, wie Hummel und Chelard, Kirchen-, Stadt- und Militärmusik, vortreffliche Dilettanten und seitens des Publikums einen empfänglichen Sinn für Musik. Aber Weimar, wie befangen von der großen Dichterepoche, die auf seinem Boden sich abgespielt hatte, zehrte an seinen Reminiscenzen und ließ die musikalischen Mittel unbenutzt. Es drückte ihnen keinen andern Stempel auf als den, der überall gang und gäbe war: den Stempel zeitweiser und angenehmer[219] Unterhaltung. Zur Zeit Karl August's war das musikalische Interesse so ziemlich ausschließlich der Oper zugewandt, die in der That durch ein glückliches Zusammentreffen von Kapellmeistern, Komponisten und vorzüglichen Gesangskräften zu einem Glanzpunkte des Hofes und Residenzstädtchens wurde.1 Im schroffen Gegensatz zu ihr befanden sich die andern Zweige der Tonkunst, vor allem die Instrumentalmusik, die mehr als stiefmütterlich behandelt die äußerste Vernachlässigung erfuhr. Auf hundertundzwanzig der Oper und dem Schauspiel angehörende Theatervorstellungen fielen jährlich – aber erst auf Hummel's Anregung – zwei Theaterkoncerte, deren Ertrag dem Kapellwittwenpensionsfonds zu Gute kam. Fremde Künstler, Virtuosen, spielten nur am Hofe oder, wenn öffentlich, auf der Bühne während der Zwischenakte. In Folge dessen blieben dem Publikum große Instrumentalwerke fremd. Mit der Quartettmusik verhielt es sich ebenso. Und die Kirchenmusik endlich, welche allerdings verpflichtet war bei Fest- und hohen Geburtstagen mit zu celebriren, besaß zu geringe Chormittel, um größere Werke[220] durchführen zu können. So lange Hummel das musikalische Steuer in der Hand hielt, waren die vorhandenen Kräfte zu einer gewissen strammen Tüchtigkeit gediehen. Nach seinem Tode jedoch machte sich in dem Weimaraner Musikkörper allmählich eine Erschlaffung bemerkbar, die, um einigermaßen überwunden zu werden, eine außerordentliche Energie und Befähigung seitens des Dirigenten erforderte.

So lagen die Dinge, als der neue Hofkapellmeister sein periodisches Amt antrat.

Er brachte ihm hohe Ideale mit, die bezüglich der geistigen Wiedergabe von Instrumentalwerken in ihm ruhten und jetzt der ersten Prüfung ihrer Lebensfähigkeit unterzogen werden sollten. Es galt der Orchesterdirektion das leitende Princip zu gewinnen und den mechanischen Apparat zu dessen Durchführung zu schaffen. Liszt war der erste, welcher das Orchester auf ein höheres Niveau der Ausdrucksfähigkeit stellte und zu einem geschichtlichen Organ dieser Bestrebungen wurde; jedoch blieb er mit denselben keineswegs vereinzelt. Denn es war nur eine Naturnothwendigkeit und die natürliche Logik der Entwickelung der Musik, wenn in den Geistern, die ihrem Gang neue Welten entdeckten, auf das entschiedenste und sicherste der Drang: dem hier gewonnenen neuen Wein auch neue Schläuche zu erringen, nach Geltung verlangte. So war es nicht genug, daß Hector Berlioz im Anschluß an Beethoven der Instrumentalmusik eine neue ideelle Wendung durch seine Programme schuf und diesen gemäß der Instrumentationskunst eine so üppige und reiche Farbenpracht und Mischung zuführte,2 daß die Zeitgenossen Meyerbeer, Wagner, Liszt, ergriffen wie von der Entdeckung eines neuen Gestirns, hier die fruchtbarsten Anregungen sich holten –, nicht genug, daß in Rich. Wagner's Gehirn der Riesengedanke des musikalischen Dramas bereits zu kreißen begann und seine erste Daseinsäußerung der Welt vorlag –, auch nicht genug, daß dieselben Ideen von der Erweiterung der Tonkunst, wie ein Gespenst schon im jugendlichen Franz Liszt lebendig, ihn dahin trieben, das Klavierspiel auf eine Höhe zu stellen, von der aus er ihm den ganzen Sprachgehalt der Lyrik, Epik und Dramatik errang, daß er am Klavier vordem ungeahnte Ideale enthüllte, die Mittel ins Leben rief, welche ihr Dasein als Kunstwerk realisiren konnten, und endlich, daß er, ebenfalls am Klavier, dem noch[221] ungelösten Worte Beethoven's die Deutung gewann: das alles mußte, wie jenem Soloinstrument, noch dem Orchester, diesem wichtigsten Darstellungskörper der höchsten Idee Beethoven's: der Symphonie errungen werden.

Dieser Gedanke stand im tiefsten Zusammenhang mit dem Fortschrittsprincip der Tonkunst; denn was der Orchestermusik an Bedeutendem und Großem übergeben war, mochte es von Beethoven, von Berlioz oder einem andern Meister ausgehen, mochte es in Verbindung mit dem Koncertsaal oder mit der Bühne stehen, konnte erst thatsächlich zum Leben vordringen durch eine dem erweiterten Inhalt und seinem Pulsschlag entsprechende Wiedergabe seitens des Orchesters. Während derselbe jetzt durch Liszt in Weimar zum Durchbruch kam, trat er nicht minder mächtig bei Wagner in Dresden hervor, wie seine 1846 erfolgte Aufführung der neunten Symphonie Beethoven's und das ihr und der Eroica unterbreitete Programm belegt.

Es ist musikgeschichtlich bedeutungsvoll und beweist die Wahrheit von der Gesetzmäßigkeit und der organischen Entwickelung unserer Tonkunst, daß diese verschiedenen Bestrebungen sämmtlich an Beethoven in dem Bedürfnis anknüpfen: den Ideengehalt dieses Meisters zu entsiegeln und zum allgemein faßbaren und allgemein gültigen Verständnis zu bringen. Hiebei entdeckten die großen Pfadfinder für die reproducirende Kunst der nach-Beethoven'schen Zeit – für das Solo-Instrument: Liszt; für das Orchester: Berlioz,3 Liszt, Wagner – das Gesetz des Melos und seiner Behandlung, welches von letzterer verlangt, daß das Zeitgewicht nicht am Rhythmus des Einzeltaktes hafte, sondern in den Rhythmus des Gedankens verlegt werde. Unter »Rhythmus des Gedankens« begriffen diese schaffenden Geister sowohl den poetischen Inhalt in seinem lebendigen Getriebe, als auch die logische Wiedergabe der thematischen Arbeit und deren Architektur. Alle aber gaben dem ersteren gegenüber dem zweiten die Ehre des Vortritts als dem Erzeuger der Form und als dem mitbestimmenden Faktor derselben.4

[222] Liszt's Idee war, dem Orchester dieselbe technische Höhe, dieselbe Ausdrucksfähigkeit, wie dem Klavier, zu erringen und, wie bei diesem, den Punkt zu erreichen, wo alle technischen Schwierigkeiten besiegt erscheinen, der materiellen Schwere entkleidet nur im Dienste der Idee sich bewegen. Ein unter seiner Leitung stehendes Orchester achte er sich als ein Instrument, das, gleich dem Klavier unter seinen Händen, der leisesten geistigen Regung, dem Flug seiner Phantasie mit dem vollendetsten Schein der Unmittelbarkeit folge. Spötter glaubten darum besonders geistreich mit der Bemerkung zu sein: er sei kein Dirigent: »er spiele auf dem Orchester Klavier.« In der That war letzteres so. Nur mit dem Unterschied, daß hierin die höchste Beweisführung für sein Dirigirgenie lag.

Liszt an der Spitze des Orchesters war eine Fortsetzung von Liszt am Klavier. Seine periodische Funktion als Weimaraner Hof-Kapellmeister bis zum Jahr 1848 war sozusagen die »Fingerübung« hiezu.

Der »außerordentliche« Hof-Kapellmeister gab als erstes diesmaliges Debut acht Koncerte, von denen vier mit der Hofkapelle im Theater und vier »befohlene« Hof-Koncerte waren. Das Programm der ersteren bestand im Anschluß an das vorhandene Notenmaterial der Theaterkapelle aus folgenden Kompositionen:


Beethoven:Symphonie in C moll,

Symphonie in Es dur,

Symphonie in A dur,

Ouvertüre zu Fidelio,

[223] Weber:Ouvertüre zu »Oberon«,

Jubel-Ouvertüre,

Lobe:5Ouvertüre zu den »Flibustiern«,

Berlioz:Ouvertüre zu den »König Lear«,

Schubert:ein Satz der C dur-Symphonie,

Lambert:eine Ouvertüre.


Diesen Instrumentalwerken reihten sich Opernarien und andere Gesangstücke von Mozart, Mercadante, Donizetti, Eberwein, Bellini, Rossini, Auber, Liszt (»Die Zelle von Nonnenwerth«6) an. Als Virtuos betheiligte er sich an dem Vortrag von Hummel's H moll-Koncert und dessen Septett, und Thalberg's als Duo für Klavier und Flöte (von Stör?) bearbeiteter Hugenotten-Fantasie. Außerdem trug er noch die Don Juan-Fantasie, Tarantelle und andere seiner Stücke vor.

Das erste Koncert sollte am 7. Januar im Theater zum Besten der erwähnten Wittwenkasse stattfinden. Die Proben begannen. Mit der philiströsen Neugierde der Kleinstädter sah man ihnen entgegen, wobei die Kapellisten im Vorder-, das Publikum im Hintergrund dem Klavier-Virtuosen am Dirigentenpult wenig Vertrauen zubrachten, ohne daß sich dabei, wie später, Parteiungen aus Gründen verschiedener musikalischer Richtung aufspielten. Liszt begann seine Proben mit der C moll-Symphonie. Er setzte voraus, daß die großherzogliche Kapelle mit dem gröbsten Material, mit Noten und Takt, bekannt sei. Das geflügelte Wort: »Wir sind Steuermänner, nicht Ruderknechte« entfiel wohl erst zehn Jahre später seinem stolz-ironi schen Mund, in der Praxis jedoch stand es bei ihm seit allem Anfange an in Kraft. Demgemäß dirigirte er – ohne nach guter Kapellmeistertradition den Takt zu schlagen – die ästhetische Seite, den Vortrag. Das war den Musikern böhmisch und ihre Blicke bestätigten einander, daß der Virtuos nichts vom Dirigiren verstehe; noch dazu hatte er – nicht einmal seine Partitur mitgebracht!

Liszt bemerkte bald, daß die Kapelle für seine Intentionen nicht reif sei und noch der Vorübungen bedürfe. Er ging an das[224] »Grobe« der Arbeit und schwang »rudernd« den Taktstock. Den Musikern wurde plötzlich zu Muthe, als wäre ihnen kommandirt »aufs Pferd!« und hinaufspringend, herunterfallend und wieder hinaufspringend saßen sie allmählich fest im Sattel und galoppirten: eins, zwei, drei, vier! bis zu dem haltgebietenden Schlußtakt. Keuchend wischten die Männer sich die Stirne. – »Der versteht's!« sagten sich jetzt ihre Blicke.

Nach und nach lernten sie ihren Kapellmeister begreifen und seinem »Steuer« gehorchen. So errang sich mit der Zeit die Weimaraner Hofkapelle den ruhmreichen Vorgang bei der Epoche neuzeitiger Orchester-Führung und -Leistung. Jetzt, bei den Vorspielen zu der musikalischen Glanzzeit Weimars, erwarb sich Liszt die enthusiastische Hingabe der Kapelle, jedes einzelnen ihrer Glieder. Und selbst wenn er in seiner schnellen, blitzenden Art einem von ihnen zu nahe trat und z.B. dem Hornisten, der seine vorgeschriebenen Pausen einhielt, zurief: »Wo bleibt das Horn! – Nur am Kartentisch giebt es Strohmänner!«, so hatte das nur ein kurzes Grollen seitens des Gekränkten zur Folge; denn Liszt wußte auf das liebenswürdigste ihn zu versöhnen.

Das erste Koncert und alle ihm folgenden verliefen auf das glänzendste. Jedes brachte den Kennern eine Überraschung. Besonders fiel neben der Auffassung der Beethoven'schen Symphonie seine Tempinahme auf, die er »mit überraschendem Gewinn für ihre Wirkung« meist langsamer nahm, als sie in Weimar und anderswo gehört wurden. Die Berichte der Zeitschriften über ihn als Dirigenten stimmten darin überein,7 daß er ein Feuergeist von den seltensten Fähigkeiten sei. In einem Bericht der »A.M.Z.« lesen wir:


»Er besitzt die Hauptgabe des echten Dirigenten, nämlich den Geist des Werkes in vollem Glanze aufleuchten zu lassen. Jede feinste Nuance versteht er allen Ausführenden erkennbar in seinen Bewegungen auszuprägen, ohne in karikirtes Herumfahren auszuarten. Sein bewegliches, alle Gefühle abspiegelndes Antlitz verdolmetscht die Freuden und Leiden der Töne, und sein energisch herumblitzendes Auge mußte jede Kapelle zu ungewohnter Thätigkeit entzünden. Liszt ist die verkörperte Musikseele. Hell wie eine Sonne strahlt er sich aus und, wer in ihre Nähe kommt, fühlt sich erleuchtet und erwärmt.« –[225]


Doch sei hier erwähnt, daß seine Idee über das Dirigiren bereits eine Art Vorläufer in einem Aufsatz in der »N. Zeitschrift f.M.« unter dem Titel: »Vom Dirigiren und insbesondere von der Manier des Dirigirens« schon im Jahre 1836 (IV. Band S. 129) besaß, damals aber in der noch jugendlichen Zeitschrift spurlos vorüberging. Er trug die Chiffre S. Man deutete: Schumann. Es klärte sich zwanzig Jahre später auf, daß der Verfasser desselben nicht dieser, sondern der als Komponist unter dem Namen »Sylphin vom Walde« nicht unbekannt gebliebene, in Rudolstadt lebende fürstl. Kammersänger W. Schüler war.8

Im ersten Koncert trug Liszt als Virtuos Hummel's H moll-Koncert vor, womit er das Herz der Weimaraner traf. Sie hatten es von dem Momente an, wo es frisch von der Feder weg auf die Kapellständer gelegt wurde, gar manchmal von seinem Komponisten, bei dessen Nennung sie selten unterließen ein stolzes »unser« vorauszuschicken, spielen hören, aber nur unter dem Schweiß seines Angesichtes. Und nun wurde es »von dem Hexenmeister« just wie ein leichtes Spielwerk hingeworfen. »Wer hätte das gedacht!« riefen die Berichterstatter aus.

Die Wittwe Hummel's, die in ihrer Jugend auch von Beethoven begehrt gewesen sein soll, aber sich für Hummel entschieden hatte und diesem ein zärtliches Andenken bewahrte, saß während des Koncertes neben Dr. Gille aus Jena. Strahlend vor Befriedigung drückte sie ihrem Nachbarn die Hand und sagte auf gut Wienerisch: »So haots halt do' mei' Alder nit g'spielt.« –

Noch einer musikalischen Privatsoirée sei hier gedacht. Angeregt durch Liszt's Anwesenheit wünschte der Erbgroßherzog Karl Alexander des russischen Fürsten Radziwil Musik zu Göthe's »Faust« zu hören. Indeß war die Zeit zu kurz, um diesen Wunsch ausführen zu können. Man wollte aber durchaus den »Faust« mit Musik haben und so ward Professor Wolff aus Jena eingeladen[226] die Göthe'sche Dichtung zu lesen, während Liszt am Klavier zu einzelnen Scenen und Situationen improvisatorisch Musik hinzufügte. Dieses Faust-Melodrama wurde vor einem kleinen auserwählten Kreis, den Erbgroßherzog und Marie Paulowna an der Spitze, im Palais aufgeführt und dürfte den Vorspielen zu Franz Liszt's »Faust-Symphonie« beizuzählen sein.

Fußnoten

1 Die Vertreter der Musik am Hofe zu Weimar von Ernst August Constantin bis zu Goethe's Tod in kurzen biographischen Notizen. 1756–1832 bei Pasqué, Goethe's Theaterleitung II, 255–273.


1. Johann Ernst Bach.

2. Ernst Wilh. Wolf.

3. Karl Gottlieb Goepfert.

4. Anton Schweitzer.

5. Joh. Frz. Steinhard, Kammer- und

Hofmusiker.

6. Corona Elisabeth Wilh. Schröter.

7. Karoline Wolf.

8. Maria Salome Philippine Neuhaus.

9. Friederike Meinhardt.

10. Johann Adam Aulhorn.

11. Heinrich Seidler.

12. Johann Friedrich Kranz.

13. Benedikt Kraus.

14. Franz Destouches (Detouches).

15. Johann Eberhard Müller.

16. August Riemann.

17. Karl Eberwein.

18. Traugott Maximilian Eberwein.

19. Joh. Heinrich Chrstian Remde.

20. Karl Theodor Theusz.

21. Gottlieb Töpfer.

22. August Ferdinand Häser.

23. Johann Nepomuk Hummel.


(Unter obigen sind auch die Sängerinnen genannt. Vorzügliche Komponisten sind im Druck hervorgehoben; Auswärtige, wie Zelter, etc. nicht aufgeführt).


2 I. Bd. dieses Werkes, S. 204 u.f.


3 Man vergleiche die Zeitberichte vom Jahr 1843 über Berlioz' Reise in Deutschland.


4 In jüngster Zeit wurde diese Errungenschaft unter der Benennung »Phrasirung« als eine neueste Entdeckung zur Sprache gebracht. Hier knüpft man an die thematische Arbeit und sieht in ihr die alleinige Richtschnur. Die Gefahr der Mechanisirung der Form und des Inhalts (auch ihres Schablonirens) liegt hiebei mehr als nahe, was von anderer Seite auch nicht unerwähnt geblieben ist. Rein objektiv und ohne alles Polemisiren betrachtet, können bei solchen Fragen in erster Linie nur jene schaffenden Geister ersten Ranges entscheidend sein. Sie geben das Gesetz, das Princip – das Talent baut es aus und macht es nutzbar, sei es auf dem Weg der höheren und höchsten Praxis als Virtuos oder als Dirigent, oder auf dem Wege der Theorie durch Aufstellen von Systemen und Regeln. Jedenfalls gebührt hierbei dem ersteren der Vorrang. Die Praxis hat es mit dem Leben zu thun, sie macht uns das Kunstwerk lebendig und nimmt hiebei an dem geistigen Schaffensprozeß mit dem Gemüth, mit der Phantasie, mit der ganzen Intelligenz – also: mit der Einheit der schaffenden Kräfte – auf das engste Theil. Beethoven's Symphonie z.B. zu »phrasiren« (um dieses zeitläufige Wort zu gebrauchen) dürfte in unserer Gegenwart nur Einer berufen und maßgebend sein: Hans v. Bülow, in welchem sich die Dirigiridee Liszt's und Wagner's gleichsam verkörpert hat; hoffen wir für unsere Kunst, daß er sich dieser Arbeit nicht entziehe.


5 Lobe, dessen »Briefe eines Wohlbekannten« später gegen die aufstrebende neue Musikrichtung polemisirten und agitirten, leitete zu jener Zeit eine von ihm ins Leben gerufene Kompositionsschule in Weimar.


6 Siehe Kapitel IX/II.


7 Man vergleiche: »N. Zeitschrift f.M.« 1844, XX. Bd., SS. 72, 76 u.w.; »Allgem. M.-Zeitung« 1844, SS. 162, 243, 290 u.f.


8 Schüler starb hochbetagt in den 70er Jahren. Die Verfasserin verkehrte während eines mit Franz Brendel und seiner Gemahlin gemeinschaftlich genossenen Sommeraufenthaltes in Rudolstadt 1857 – und später noch mehrmals – mit diesem höchst originellen, begabten und bereits betagten Künstler. Bei einem Gespräch über seinen Aufsatz knurrte er hoch befriedigt im Hinblick auf Liszt's Dirigententhätigkeit: »Er ist die Verwirklichung meiner Gedanken – jetzt kann Sylphin ruhig ins Gras beißen.«

Quelle:
Ramann, Lina: Franz Liszt. Als Künstler und Mensch, Band 2.1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1887.
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