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[101] Vicenza den 14 Merz 1771


Montags den – – gefehlt! Dienstag den 12ten sind wir aus Venedig abgereiset. wir machten iedermann glauben, wir giengen am Montage, um einen Tag frey zu haben und ruhig einpacken zu können; allein es wurde doch noch bekannt und wir musten noch bei Sr Ex: Catarin Cornero noch zu Mittag speisen, wo wir eine schöne Tabattier und 2 paar kostbare spitzdatzl auf die Reise bekamen. den 12ten segelten wir demnach ab; ich nahm ein eigenes Borcello, und h: Wider, seine frau, die 2 töchter Catharina und Rosa, und der h: Abbate fuhren mit uns nach Padua, sie nahmen Essen und trincken und alles nothwendige mit sich und wir kochten und assen auf dem schisse. den 13ten blieben wir in Padua, dann wir nahmen unsere Wohnung in dem Pallazzo des gentiluomo Pesaro. den 14ten fuhr ich nach Vicenza, und sie nach Venedig zurück. Wir besahen in Padua was in einem tage möglich war, da wir auch dort keine Ruhe hatten, und Wolfg: an 2 Orthen spielen muste. Er bekamm aber auch eine Arbeit, indem er ein Oratorium nach Padua Componieren muß, und solches nach gelegenheit machen kann. überdieß besuchten wir al Santo Antonio den P: Maestro Vallotti1, [101] dann den Ferrandini2, wo er auch spielte. und endlich spielte er die sehr gute Orgl in der unvergleichlichen kirche S. Justino. Morgen den 15ten bleiben wir hier in Vicenza, nicht ohne Ursache. den 16ten, mit gott, gehen wir nach Verona, wo wir sonder zweifl 3 täge bleiben, und folglich vor dem 20ten nicht wegkommen. Den 20ten bin gesinnt nach Roveredo aufzubrechen, und dann fortzuziehen so geschwind es möglich ist. folglich werden wir am Charfreytage die hl: Gräber in Reichenhall und dort herein zu Mülln besuchen oder gar am Charsamstage daß Alleluja mit Bringen. sollte uns aber gar nichts unter unserm Weege aufhalten, so könnte es seyn, daß wir am Donnerstage schon eintreffeten. vielleicht kann ich dir noch von einem orte nähere Nachricht geben. Deinen Brief mit dem grossen Insigl habe erhalten. Ich erfuhr, daß ein Brief mit einem grossen Sigl da seye, ehe ich den Brief sahe, machte es mir 1000 gedanken, indem eben einen Briefe von einem hohen Orte vermuthen konnte.


Verona den 18 ten


Vorgestern abends sind wir hier angelangt. übermorgen gehen wir weg, folglich werden wir wegen ein und anderen Aufenthalts am Charfreytag nachmittag oder abends eintreffen. deine Brief sammt dem Einschlusse von h: v schittenhofen habe heut aus Venedig erhalten, sammt einem schreiben vh: Wider. gestern sprachen wir mit h: Kerschbaumer, der sich seinen Lieben Eltern empfehlt, sich gesund und wohl befindet, mit uns zu h : Lugiato, wo wir wohnen, gieng und alda die schöne gesellschaft sahe, die gekommen den Wolfg. spielen zu hören, und folglich auch ein zuhörer ware, und dieser Conversation beywohnte. Er wird nach Venedig gehen, und wenn ich dem h: Kerschbaumer nebst meiner Empf: rathen kann, so soll er ihn dem h: Johann Wider übergeben ich rathe als ein ehrlicher Mann. und kenne was jungen Leuthen nutzen oder schaden kann, sonderheit: in Venedig dem gefährlichsten orte von ganz Italien. Gestern habe Briefe aus Mayland erhalten, der mir ein schreiben v Wienn ankündigte. so [102] in Salzb: erhalten werde, und das euch in verwunderung setzen wird, unserm Sohne aber eine unsterbliche Ehre macht. Der nämliche Brief hat mir eine andre sehr angenehme zeitung mit gebracht. Lebts alle wohl, wir küssen euch vill 100000 mahl und ich bin allzeit Dein alter

Mzt


unsere Empf: an alle freunde und freundinen, sonderlich an den tapezierer und zimmer.

Fußnoten

1 Der Franziskanerpater Francesco Antonio Vallotti (1697–1780), ein damals hochangesehener Kirchenmusiker.


2 Der Opernkomponist und Münchener Kammermusikdirektor Giovanni Ferrandini, der damals in Pension in Padua lebte.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 103.
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