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[103] Verona 18 August 1771


Meinen kleinen Brief aus Botzen wirst Du richtig empfangen haben. Nun will ich Dir ausführlicher schreiben. Der erste tag unserer Abreise war ein artiges Mischmasch. im Kalterl assen wir stehenden fusses ein paar Stückl Dällerfleisch unter der zeit als der Postillion den Pferden ein wenig Heu gab, und tranken ein maas recht guten Merzenbiers dazu. In Waidring assen wir eine Suppe und tranken ein gar nicht übles St: Johanserbier dazu. In St: Johanne assen wir zu nacht und den 14 speisten wir auf der Post zu Kundl und nachte in Insprugg. Den 15 mittags in Steinach, nachts in brixen. den 16 mittags in Botzen, nachts in Trient. Den 17 um 9 uhr vormittag langten wir in Roveredo an in der Meinung nachts Verona zu seyn und die zwey h: Piccini in alla auf Mittag zu überfallen. wir würden auch richtig um die Mittags-Stunde alda eingetroffen seyn, wenn wir uns nicht erstens bey h: Baron Pizzini in Roveredo (da auch gleich h: Dr. Bridi kam) zu lange verweilt und erst um halbe 11 uhr abgereist, und dann auf dem Weeg nicht so viele Hindernisse gehabt hätten: da uns h: Lolli1 der berühmte Violinspieler entgegen kam, und folglich die Postillion die Pferde abwechselten, und überdaß die baurenfuhren uns manche hindernisse in engen weegen verursachten. Wir langten demnach erst gegen 1 uhr nach Mittags bey den 2 h: Piccini in alla an; und ich entschloss mich schon ehe ich dahin kam dort zu verbleiben, weil ich es nicht wagen wollte nach Verona zu gehen, indem sie alda um ave maria zeit die thore sperren, überdaß die hitze sehr groß war, und wir in unsern Reisekleidern heut bequemlicher in alla als in Verona in die Kirche gehen konnten. In alla unterhielten wir uns mit Musik, oder wir unterhielten vielmehr sie, und reiseten heut erst um 7 uhr von da nach Verona, wo wir um halbe 1 uhr bey Sgr: Lugglati abstiegen und um 1 uhr zum Mittagsmahl giengen. itzt [104] nach tische hat sich alles schlafen gelegt und ich bediene mich der zeit, mit einer elenden feder, unter einer nicht kleinen Hitze diesen Brief herzuschmieren. den Wolfgang habe mit vieler Mühe auch zum schlafen beredet; allein es dauerte sein schlaf nur eine halbe Stund. Nun muß Dir sagen, daß ich in der Eyl vergessen habe einige Clavier Sonaten und Trio für einen guten freund in Mayland mit zu nehmen, der uns viele dinß gethann. Wenn nun h: Troger nach Salzb: kommt, so bitte ihn solche mit zu nehmen, und richte solche unterdessen in Ordnung. Die Nannerl soll also die 2 trio heraussuchen eins von Josepf Haydn ex F mit einer Violin und Violoncello. und eins ex C. steht darauf Wagenseil NB mit Variationen. und das vom adlgaßer ex G. die kleine Caßation vom wolfgang ex C. und etliche gute Sonaten von Rutini. zum Exempl aus dem Et, aus dem D x: Die Nannerl hat solche doch, wenn sie selbe spielen will, denn sie sind in den gestochenen RutinischenSonaten von Nürnberg. mache unsere Empfehlung anMr: Troger und bittet ihn, daß er euch bey Sr Ex: h: graf v Firmian auführe um eure Complimente zu machen, wir haben ihm viel obligation, und unterlasset es nicht. so bald es möglich, werde von Mayland schreiben, lebt gesund, wir kissen euch viel 100000 mahl und bin

dein alter

Mzt


schön geschrieben!

Meine Empf: an alle gute freunde und freundinen!

Fußnoten

1 Antonio Lolli, der nicht mit dem Salzburger G.M. Lolli zu verwechseln ist und damals am Stuttgarter Hofe noch als Konzertmeister tätig war.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 105.
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