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[132] Mayland den 12 Decem: 1772


Dein schreiben vom 4ten diess erhielte heut richtig. wir befinden uns, sonderheit: ich, gott Lob in guter Gesundheit. unter diesen 8 tägen als dieser Brief nach Salzb: läuft hat der Wolfg: die gröste arbeit. Denn die gebenedeyten Theater Personen lassen alles auf die letzten augenblicke ankommen. Der tenor,1 so vonTurin kommen wird, ist einer aus des Königs Capelle, und wird den 14 oder 15ten erwartet. Dann müssen erst 4 Arien für ihn Componiert werden. DieSgra de amicis empfehlt sich euch beyden, ist mit ihren 3 Arien, die sie bis dermahlen hat, ganz ausserordent: zufrieden. Der Wolfg: hat ihr ihre Hauptarie mit solchen Passagen gemacht, die neu und ganz besonder und erstaunlich schwer sind; sie singt solche, daß man erstaunen muß, und wir sind in der allerbesten freundschaft und vertraulichkeit mit ihr. Ich schreibe mit einer schlechten feder und dinte. Die gute Dinte hat der Wolfg: er schreibt auf einem andern Dische. Wenn du wieder schreibst, so schreibe in den Umschlag an die Mdme[132] D'aste nur ein paar Wort. zum Exempl: – – Ich bitte um vergebung, daß mir die freyheit nehme ihnen allerliebste Madme die Briefe an meinen Mann einzuschlüssen. Ich weis daß sie ihnen beständig über den hals lauffen, und von ihnen und dero h: gemahl viele Höflichkeiten empfangen. Ich empfehle mich beyden sammt meiner tochter und erbiethe ihnen meine geringe Dienste hier in Salzb: bey aller Gelegenheit, wo sie mich im Stande finden ihnen dienen zu können. heute vormittag war die erste Recitativ Probe. die zweyte wird seyn wenn der tenor wird ankommen.

Wir hatten hier einige zeit immer Regenwetter. seit 3 tägen ist es recht schön und nicht kalt. Wir haben in unserm Camin noch kein Feuer angezündet. Dass der Wolfg: der frl: Waberl2 die Menuet nicht gegeben, war ein fehler, den sie ihm verzeihen wird, wenn sie bedenkt, dass er ein flüchtiger Mensch ist, der leichtlich etwas in die vergessenheit bringt. warum er aber auf die frl: Barisani3 eher gedacht, ist eine ganz natürliche Ursache, die man zu sagen nicht nötig hat. Wir empfehlen uns allen guten freunden und freundinen in Salzb: in und ausser dem hause von Herzen und küssen euch beyde so oft ihr wollt mit der theuersten versicherung, daß ich bis in das kalte grab ohnabänderlich seyn werde Dein

Bewunderer

L Mzt


Wie gehet es mit der Mlle zezi, lernt sie? ist die Nannerl fleissig mit ihr? – – ich lass die Nannerl grüssen und ihr sagen daß sie fleissig exercieren soll: und daß sie die kleine zezi mit fleiß und gedult lehren soll. Ich weis daß es zu ihrem eigenen Nutzen ist, wenn sie sich gewöhnt iemand anderen etwas gründlich und mit gedult zu zeigen. Ich schreib es nicht umsonst.

Fußnoten

1 Bassano Morgnoni.


2 Waberl Eberlin.


3 Eine Tochter des erzbischöflichen Leibarztes Dr. Sylvester von Barisani, die Wolfgang damals verehrte.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 133.
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