111.

[160] Wienn den 4ten Sep: 1773


Nun ist es mit dem armen Jesuitern geschehen!1 ich nenne sie arme, denn die nur, so am brette waren, dieRabiner nämlich und das ganze Corpus Religionis konnte man reich nennen. Die Particularen davon hatten nichts. Den 16ten dieses Monath muß das Jesuiter kloster auf dem Hof ausgelehrt sein. Ihr Kirchenschatz, ihre Keller mit wein, kurz, ihr vermögen ist bereits versigelt, der Orden ist aufgehoben, sie mögen als Weltpriester sich kleiden, und man sagtieder bekommt jährlich 300 f. Das ist eben so böse nicht! wenn er Messen dazu bekommt, so mag er sich (ein junger) ein hüpsches zimmer und eine säuberliche Häuserin anschaffen; denn sonst wird er ohnehin nicht viel zu thun haben, weil man sie nicht mehr will Predigen und Beichthörn lassen. Das Publicum ist sehr betrübt, und ich höre es soll ein Päbstliches Breve gedruckt werden, daß unterstrafe des Kirchenbahns niemand wider die Aufhebung der Jesuiter schreiben, ja nicht einmahl reden solle. viele gute Cathol: Christen hingegen sind der Meynung, daß ihnen Se Päbst: Heiligkeit ausser den Glaubens-Sachen nichts weiter zu befehlen habe, und daß sie gar wohl sagen können, daß man die Jesuiter in guter Ruhe gelassen hätte, wenn sie so arm als die armen Capuciner wären: dann in Rom ist schon der anfang gemacht worden ihre gütter ad Pias causas einzuziehen; das war aber auch sehr leicht: denn wenn es auch der Pabst selbst nimmt, so ist es ja schon wieder ad Causas pias verwendet. Hier hat der Hof das erste Päbst: Breve nicht angenommen, weil es, wie höre, mit dem ausgefertigt wat, daß die Güter der Jesuiter ad Causas pias sollten verwendet werden. Der Hof wollte sich keine Gesetze vorschreiben lassen. Sr Heiligkeit haben demnach Sr Mayst: die freyheit gelassen die gütter der Jesuiter nach belieben zu verwenden. Noch ist alles verwirrt. man weis nicht wer die Kirchen und schulen bekommen wird x: NB diese Historie verstehet sich ohnehin von allen Erbländern.

[161] Madme Rosa, die bey h: fliegel Hosvergolter wohnte; hat sich bequemmer gemacht und zu dem Thiermahler gezogen, der ihr natürlicher weis eine bequemmere und mehr unterhaltliche Wohnung geben kann, weil er ledigen Standes ist. vor ein paar Tagen begegnete ich h: v Edlbach, der mich fragte, ob ich seine Geschichte mit der Mdme Rosa wüste? – – natür: weis wuste ich nichts. Er sagte mir dann, daß er sich mit dem gewissen Uhrenhandler vongeneve, den die Rosa in Salzb: gemahlt, und den er in der opera angetroffen, verstanden, mit einander der Madme Rosa einen besuch zu machen. Ein Kays: Cammerdiener, bey dem h: v Edlbach wohnt, führte sie hin, damit sie nicht lange nach der Wohnung des h: fliegels fragen durften; und auch um die Mdme Rosa zu kennen. Da sie der wohnung nahe waren, sahen sie eben die Madme Rosa am fenster, welche indem sie diese 3 Herren gewahr wurde, sich zurückzog um, wie sie glaubten, ihnen entgegen zu eilen. Allein, da sie an die Thüre kammen, kahm ihnen schon die Magd entgegen und sagte die Mdme wäre nicht zu hause. Die Herrn wurden hipsch roth. der h: genevrische Uhrenhändler sagte der Magd, daß ihre frau den Kopf zu hause gelassen, weil sie ihn am fenster gesehen, sie möchte ihn, da sie nicht sprechen wollte, sein sauber im A – lecken. unterdessen, da sie über die stiege zurück giengen, hatte die Magd zeit ihre Hönigsüsse Post auszurichten. Die Mdme Rosa gieng dem nach wieder ans fenster, und da sie hinauf sahen, klatschte sie mit den Händen, und lachte sie aus, und der Uhrenhändler, klopfte auf seinen A – –. wie gefällt Dir die geschichte? – – wie glaubst Du daß esh: v Edlbach aufnimmt? – – was wird der Kays: Cammerd: von dieser Madme Rosa denken, um so mehr als der Uhrhändler die ganze Historie und Ursache dieser begebenheit ihnen alsdann erkläret hat. nämlich: Er liesse sich in Salzb: 2 mahl mahlen. en miniatur in seine Tabatterie, dafür er ihr 6 duccatten bezahlte: dann groß, welches er ihr auch bezahlte, und ihr auch ein Etuy und anderes gab x: bey seiner abreise behielte sie das Portrait zurück, indem sie es theils nicht fertig hatte, theils noch mehr wollte austrocknen lassen, mit versprechen ihm solches zu schicken. Sie gab ihm Comißion ein Stück eines gewissen Taffets zu schicken, und sie [162] schrieb ihm nach Wienn, daß sie ihm das portrait nicht eher schicken werde, bis er ihr nicht den Taffet überschicket x: Nun wird die Mdme Rosa von diesem Menschen in der ganzen Statt erstaunlich ausgetragen. Das sind die früchte des abscheulichen Caracters eines eigennützigen frauenzimmers die ihre Ehre um einige schankungen zu erhalten, so in die schanze schlägt, und wenn sie gleich unschuldig ist Gelegenheit giebt, daß man abscheulich von ihr spricht. Der Fürst Kaunitz hat die Mde Rosa nicht beruffen, er ist nicht einmal in Wienn, sondern in Mähren zu Austerlitz auf seinen Güttern. h: gasman2 war krank; befindet sich aber besser. Ich weis nicht was dieses für einen zusammenhang mit unserem Aufenthalt in Wienn haben solle. Die Narren sind halt aller Orten nicht gescheid! Wir und alle empf: sich x x: und bin der alte Mzt Nun werden wir nicht mehr gar lange hier verbleiben, mit nächster Post werde dir das nähere schreiben. Ich muß schlüssen, der Wolfg: hat nicht mehr zeit etwas herzuschmieren, dann sonst sind wir in Gefahr die gesetzte Zeit der Post zu verlieren.

Fußnoten

1 Bezieht sich auf die Aufhebung des Jesuitenordens.


2 Der Hofkapellmeister Florian Leopold Gaßmann (1729–1774).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 163.
Lizenz:
Kategorien: