114.

[167] Wienn den 15ten Sept: 1773.


Daß wir täglich erstaunlich viel zeit zubringen die verwittibte Frau Dr Niderlin zu trösten, kannst Du Dir leicht vorstellen, ich erspahre mir die Historie aller zwischen ihr, ihrer schwester, ihrem schwager x: Dir mündlich zu erzehlen. Die unglückliche operation wird h: Günther, dem ich meinen Sommerreisß Rock mitgegeben, bereits erzehlt haben. Alles wohlüberlegt, war es in der That eine der traurigsten Begebenheiten. Ich hätte noch einen Brief von dir erhalten können; allein ich war vest entschlossen am Samstag abzureisen, folglich schrieb ich Dir, daß du mir nicht mehr schreiben solltest. Nun zeigt es sich daß ich nächste woche erst abreisen kann. wo ich dann, versprochnermassen, am Ende der kommenden woche einzutreffen hoffe. Du darfst es kecklich [167] glauben, daß mich dieser Todfall, und die Umstände desselben viel niedergeschlagen, und mir das Gemüth heftig angegriffen hat. hast du mir etwas nothwendiges zu schreiben, so kannst Du mir nach Lambach schreiben, und darauf setzen: im Kloster bey h: P: Cammerer abzulegen. Man müste es aber dem Post-Secretaire erinnern, sonst möchte er in Gedanken den Brief ins Wiener Paquet werffen. Du wirst unterdessen von mir allzeit Briefe haben. ob ich aber vom grättl, Canevas, druckten Leinwat etwas mitbringen werde, das ist: etwas, viel, wenig oder gar nichts, ist eine Sache die noch nicht entschlossen ist; dann Du weist wohl, daß ich mit Mauth mich in keine Gefahr geben will, dann sollte ich viel mauth zahlen müssen, so würde kein Nutzen herauskomm: und da ich wenig bagage hab, so läst sich, sonderlich von grossen Sachen, nichts verbergen. was ihr noch gewiß bekommt, sind Handschueh von Baden. Es fängt nun an hier etwas frisch zu werden, sonderheit: morgens und abends. übrigens hat wein, obst, und feldfrüchte aller Orten erstaunlich gut gerathen, und man verkauft wirk: Wein die Maaß um 6 xr um leere Vässer zu bekommen. In Hungarn ist überfluß am Getraide: die gräserey war aber schlechter.

Hat h: Leutgeb die 6 Crem: und 5 thaler bezahlt? – – – und h: Kliebenstein hatte 2 Bücher inFolio von mir, nämlich den Fux lateinisch und denRiepl deutsch. Ich vermuthe er hat sie zurück gestellt. Die h: P: Jesuiter gehen schon als weltgeist: in langen schwarzen Talaren und Mänteln, dann welschen krageln.

S: Mayst: der Kays: sind am verflossenen Montage morgens nach 7 uhr, so zu sagen, unvermuthet aus Poln über Mährn hier eingetroffen, dann man verhofte ihn nicht vor dem Monat october. Daß die Russen einigemahl von den Türken rechtschaffen gepeitschet worden, hat seine Richtigkeit, so daß sie ihre truppen aus Poln zur armee ziehen wollen, und die Preussen sollen unterdessen, den Russisch Theil Pollens besetzen. Wir empf: uns sammt allen freunden hier euch allen in und ausser dem Hause. Noch bin ich auf der Rothmühl nicht gewesen, obwohl die Messmerischen schon lange alda sind, und die frl: franzl bey nahe wieder alda gestorben [168] wäre. wir küssen euch Million mahl und ich bin dein alter

Mzt.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 167-169.
Lizenz:
Kategorien: