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[173] München den 16 Decemb: 1774


Nun hat die Nannerl eine Wohnung. und wo glaubst Du wohl? – – Bey der Madame oder vielmehr bey der verwittibten gnädigen frau von Durst, gewesten Salzmayrin zu Reichenhall zu welcher der h: von Mölk so oft hinübergefahren, und wir so oft haben nennen hören; zu einer Frau, die erst 26 oder 28 Jahre alt ist, Braunet, schwarzaugend, sehr eingezogen, und voller belesenheit und vernunft ist, die übrigens keinen Umgang von schmirbern um leidet, und sehr höflich und angenehm ist. Und wer glaubst du hat mir zu diesem Ort verholfen? – – der h: v Dufraisne. Er fragte mich warum ich die Nannerl nicht mitgenommen: ich sagte ihm daß sie zwar gelegenheit hätte in der gesellschaft der Mdme v Robini nach München zu kommen, da wir aber itzt bey h: von Pernat wohnten, so wüste ich kein Ort für sie. Er besann sich; und sagte mir endlich, er wüste einen ort, bey der Mde v Durst. Er wollte unter der Hand mit ihr sprechen, und hören was sie sagte, er mache sich gute Hofnung, indem sie ganz allein und eine Person sey, wo nichts als ihre nächsten freunde und Herrn Dufresne Eltern hinkommen. Er brachte mir dann auch Nachricht, daß es in so weit richtig wäre, nur hätte sie Anstand sie möchte sich den h: v Belval dadurch ins Hauß ziehen, weil sie weis, daß er bey uns in Salzb: war; Nicht daß er die Nannerl nicht besuchen dörfte, sondern er möchte dadurch Gelegenbeit nehmen auch nach der Hand ihr über den Hals zu laufen. Die Ursache ist ganz natürlich. Eine junge Wittwe will keine öftern Besuche von einem Mann, der mit seiner Frau nicht lebt.

Heute war ich selbst bey ihr. die Nannerl bekommt ein aigenes zimmer zum schlaffen. solches ist zwar etwas finster, allein die übrige zeit wird sie bey der gnädigen Fr: in ihrem zimmer zubringen, das [173] auf den grossen Markplatz herabgehet, und wohin auch ein flügl wird gesetzt werden.

Nun kommt der Zufall, wo die Nannerl sieht, wie Elend es ist wenn man sich selbst keine Haube aufsetzen, und sich selbst weder einschmieren, noch andre derley Kleinigkeiten thun kann. Man kann nicht allzeit die Ehehalten anderer Leute zu seinen Diensten haben. Ich vermuthe die gnädige Frau wird ihren Kopf wohl meistens selbst in Ordnung zu bringen gewohnt seyn. Die Nannerl muß also eine negligé haube selbst sauber aufzusetzen und sich einzuschmieren gewöhnen und das Clavier recht exercieren. absonderlich die Sonaten vom Paradies und Bach x: und dasConcert v Luchesi x. Noch haben wir keinen Brief von euch. wir Kissen euch beyde, empfehlen uns aller Ort und bin der alte

Mzt


Wie geht es denn wegen dem Ball auf dem Rathaus? – was macht Miß Pimpeß? – Mde v Durst hat auch ein Kleines Leckerlich mein es heist Finettl.


den 17ten morgens.

gestern blieb der Wolfg: zu Hauß weil er Zähnwehe hatte, und heute wird er auch zu Hause bleiben, dann er ist nun geschwollen. Vor allem muß die Nañerl gelegenheit suchen dem graf Sauerau zu sagen, daß sie Luft hat in Compagnie der Mde v Robini und h: gschwendners nach München zu reisen. Man muß ihm vor allen das vertrauen machen solches zu sagen.addio. heute hoffe einen Brief von Dir zu sehen.

h: v Pernat und Bellval empf: sich allezeit.

mit nächster Post werde das mehrere schreiben. Eben empfange Euren Brief. Ihr hattet keine adreße nötig. wir wissen die Post; und die Post weis uns.

h: Fischietti hat gut gethann sich bald etwas zu wählen, damit er bald anfangen kann. Wenn Du ihn siehest kannst Du ihm ein Compliment von uns melden. wir haben noch nicht daran gedacht etwas auszusuchen. dazu ist noch zeit genug.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 173-174.
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