118.

[171] München den 14ten Dec: 1774


Einen Brief wirst du von mir erhalten haben; von Dir hab aber noch nichts gesehen, vermuthlich glaubtest Du vorhero eine adreße nothwendig zu haben: allein diese ist nicht nötig, auf der Post ist unser Aufenthalt schon bekannt. zum Überfluß kannst Du unten hinschreiben, wenn Du willst: chez Mr: de Pernatim Bellvallischen Hause. Wir befinden uns Gott Lob gesund! Wegen der Nannerl habe noch kein Ort, das anständig wäre, aufbringen können, denn [171] in diesem Punct ist hier in München sehr grosse Behutsammkeit nötig. Es ist auch noch ein Umstand. Hier ist es wie in Salzb. Man kann eineopera, wo man zahlt, nicht öfter als zweymahl nach einander spielen, sonst würde man wenig Leuthe im Theater sehen, dann muß man 2 und 3 wochen wieder andere opern aufführen, und erst wieder mit der vorigen herausrücken, so nämlich wie man es mit den Comoedien macht, und mit den Balletten. Desswegen kennen sie wenigst 20 opern auswendig mit denen abgewechselt wird, und unterdessen wird wieder eine neue studiert. Die opera1 des Wolfg: wird also noch vor Weinachten und ich glaube am 29ten das erste mahl gegeben. Es kann also wahrscheinlich geschehen, daß die Nannerl solche gar nicht sieht. Dann wenn einmahl der Carneval recht angehet, so werden nur leichte kleine operetten auf einem kleinen Theater, das auf dem Reduttensaal aufgemacht wird, gespielt, wo eine versammlung von Masqueren ist, und wo eine Menge spieltische sind, wo nichts als Lermen, Masquen Conversation, und auf vielen Tischen gespielt wird. Hier wird nichts gescheides gemacht, weil keine Aufmerksammkeit ist. Das mehrere werde nächstens schreiben. Nun suche die 2 Lytanien de Venerabili, oder vom Hochwürdigen Gut, so im Stundgebett gemacht werden heraus. Eine von mir, es wird die Spartitur schon dabey liegen. ex D. die neuere fangt an, die Violin und Baß-Staccatto, und kennst sie schon das 2te violin hat beym agnus Dei lauter dreyfache Noten. Dann des Wolfgangs seine grosse Litaney. Die Spartitur ist auch in blau Papier eingebunden dabey. NB sehe nach ob alle Stimmen dabey sind, dann es werden diese 2Lytanien am Neujahrstag im Stundgebett hier gemacht werden. Am Samstag abends muß mans auf die Post geben, dann am sontag geht die Dilligence. DieAdreße wird darauf geschrieben.

À Monsieur

Monsieur Jean Nepomuc de Pernat chanoine e grand Custos de Notre Dame

à Munic

[172] Wir kissen euch viel 1000 mahl, empf: uns aller orts und bin Dein alter

Mzt.

Fußnoten

1 »la finta giardiniera«.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 173.
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