131.

[246] st: germain ce 27 aoust

1778


Mon trés cher Pére!


In gröster Eile schreibe ich ihnen – sie sehen daß ich nicht in Paris bin – Mr Bach1 von london ist schon 14 täge hier, er wird eine französische opera2 schreiben – er ist nur hier die sänger zu hören, dann geht er nach London, schreibt sie, und kommt, sie in scena zu setzen; – seine freüde, und meine freude als wir uns wieder sahen, können sie sich leicht vorstellen – vielleicht ist seine freude nicht so wahrhaft – doch muß man ihm dieses lassen, daß er ein Ehrlicher Mann, ist und den leüten gerechtigkeit wiederfahren läßt; ich liebe ihn (wie sie wohl wissen) von ganzem herzen – und habe hochachtung für ihn, und er – das ist ein mahl gewis, daß er mich so wohl zu mir selbst, als bey andern leüten – nicht übertrieben wie einige, sondern Ernsthaft – wahrhaft, gelobt hat – Tentuci3 ist auch hier – der ist der herzensfreund von Bach – der hat die größte freude gehabt mich wieder zu sehen – Nun will ich sagen wie ich nach st. germain gekommen; hier ist, wie sie vielleicht schon wissen, (denn mann sagt, ich seye vor 15 jahren auch hier gewesen, ich weis aber nichts davon), der Marechal de noaile – da ist tenduci sehr beliebt – und weil er mich sehr liebt, so hat er mir wollen diese bekandtschaft zuwegen bringen – gewinnen werde ich nichts hier – vielleicht – ein kleines Present – verlieren thue ich aber nichts, dann es kost mich nichts – und wenn ich auch nichts bekomme – so habe ich doch eine sehr nützliche bekandtschaft – Eilen muß ich – weill ich für tenduci eine scene schreiben auf sontag – aufpiano-forte, [246] oboa, Horn und fagott, lauter Leute vonMarechal, teutsche die sehr gut spiellen – ich hätte ihnen schon längst gerne geschrieben, allein der brief war angefangen (liegt noch zu Paris,) da fuhr ich aber nach st: germain, in der Meynung den nemlichen tag wieder zurück zu kommen – heute ist aber 8 täge daß ich hier bin, – Nun werde aber so bald möglich, nachParis – obwohl ich nicht viell zu verlieren habe – denn ich habe nur eine scolarin, die andern sind in der Campagne; von hier aus habe ich ihnen nicht schreiben können, weill man mit schmerzen auf eine gelegenheit warten muß, einen brief nach Paris zu schicken – ich bin gott lob und danck gesund – ich hoffe sie werden es beyde auch seyn – haben sie gedult – es geht alles sehr langsam – man muß sich freünde machen – frankreich ist auch wie teütschland – man speist die leute mit lobs-erhebungen ab – allein – es ist doch hofnung daß man dadurch sein glück machen kann – Das beste ist daß afr Esglalnt hnd ksot nfcuts ksot – wenn sie dfloln ocurlfbln ws fcu bfn so bldmnckln ofl ofcu nfcut zh dlahtufg – es hmt olfnl hromculn, dfl fcu lfn mndlroamun ocurlfbln wlrdl4 – Die krankheits-geschichte wird nächstens folgen – sie wollen aufrichtig das Portrait von Rothfischer haben? – Er ist ein aufmercksamer fleissigerDirector – hat nicht viell geist – ich bin aber sehr mit ihm zufrieden gewesen – und was das beste ist, ist – daß er der beste Mann ist – mit dem man alles machen kann, doch mit guter Manier versteht sich – zu Dirigiren ist er besser als Brunetti – aber solo zu spiellen – nicht; er hat mehr Execution – spiellt auch auf seine art (ein wenig noch auf die alte, tardinische art) gut – aber der gusto von Brunetti ist angenehmer – seine Concert, die er sich selbst schreibt, sind hüpsch – dann und wann zu spiellen – kan man ihn immer gern hören – und wer weis, ob er nicht gefällt? – er spiellt ja doch 10000000 mahl besser als spietzger5; und wie ich sage, zum Dirigirn ist er sehr gut; und fleissig in [247] seinem Dienst – ich recomantiere ihn von ganzem herzen, denn er ist der beste Mann –Adieu nächstens werde ich ihnen mehr schreiben – 1000 Complimenten von Mr tenduci:, apropos; Mr voler und seine frau, eine gebohrene Münchnerin ist hier; er war zu München französischer gesandter – dort haben sie uns gekandt; sie hat, als sie meinen Namen gehöret, mich gleich gekandt, ich kan mich aber nicht mehr errinern; Adieu, leben sie wohl, ich küsse ihnen 10000 mahl die hände und meine liebe schwester umarme ich von ganzem herzen, und bin dero gehorsamster Sohn

Wolfgang Mozart6


Mein Compliment an Mr Bullinger und

alle gute freunde und freundinen.

Fußnoten

1 Joh. Christian Bach.


2 »Amadis des Gaules« (1779).


3 Der Kastrat Tenducci, den Mozart von seinem Londoner Aufenthalt her kannte.


4 Auflösung der Chiffren: mit Logement und kost nichts kost – .. diesen schreiben wo ich bin so bedancken sie sich nicht zu demuthig – es hat seine ursachen, die ich ein andersmahl schreiben werde –


5 Wohl der Salzburger Musiker Spizeder.


6 Antwort des Vaters: 10. September.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 248.
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