*241. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[215] Brüßel den 17ten Oct: 1763.

geschlossenden 4ten Novb.


Monsieur mon tres cher amj!

[Bonn, Cöln, Aachen]


[...] Da nun Aachen der theuerste Ort ist, den ich zeit meiner Reiße angetroffen, so hatte ich auch hier die Ehre nolens volens [215] über 75 f: zu bezahlen. Es war die Prinzessin Amalia des Königs in Preussen Schwester zwar in Aachen, allein sie hat selbst kein Geld- und ihre ganze Equipage und Hofstaat sieht der Suite eines Arzts so ähnlich, als ein tropfen Wasser dem andern. Wenn die Küsse, so sie meinen Kindern, sonderheitlich dem Meister Wolfgang gegeben, lauter neue Louis d'or wären, so wären wir glücklich genug; alleine weder der Wirth noch die Postmeister lassen sich mit küssen abfertigen. Das lächerlichste war mir, daß sie mich durch alles hat bereden wollen nicht nach Paris, sondern nach Berlin zu gehen, und zwar mit propositionen, die ich, weil man sie nicht glauben würde, nicht hersetzen mag: denn ich glaubte sie selbst nicht, sonderheitlich die proposition die sie mir machte, für meine Person [...]


[Lüttich, Tirlemont, Löwen, Brüssel]


Weiß und schwarzer Marmor und Messing, dann die Mahlereyen der berühmtesten Männer ist hier1 in allen Kirchen hauffenweis zu sehen. Ich habe Tag und Nacht das Bild von Rubens vor Augenso in der großen Kirche ist, auf welchem Christus in Gegenwart anderer Aposteln Petro die Schlüsseln überreichet. Die Figuren sind Lebensgröße. Die berühmtesten Mahler, deren Kunst Stücke in dem Brabantischen anzutreffen sind, heißen: Hubert und Hans von Eyck, Peter Paul Rubens, Gerhard Honthorst, Jacob Jordans, Lucas Gassel, Jacob Grimmer, Paul Brill, Wilhelm Bemmel, Aegidius Mostart, welcher von Hulst gebürtig, Martin de Voß, Hieronymus de Wingen, Cornelius Kettel, Michael Janson, Mireveld, Antonius van Dijck, Rembrant van Rijn, Bartholomaeus Spranger, und Lucas von Leyden. In des Prinz Carls Zimmern habe ich nicht nur schöne Niederländische Tapeten und Mahlereyen, sondern ein Zimmer mit Original-Cbinesischen Statuen, Porcellains, Figuren und verschiedenen Seltenheiten, aber absonderlich einen Saal angetroffen, darinnen eine unbeschreibliche Menge von allen Gattungen von Naturalien-raritäten aufbehalten sind. Ich habe viel dergleichen Naturalien-Cabinetter gesehen; allein in solcher Menge und von so vielen Gattungen wird man es nicht bald sehen. [...]

[216] NB: des Prinz Carls2 Unterhaltung ist dermahl lackieren, anstreichen, Firniß machen, Essen, trinken und wacker lachen, daß man ihn ins 3te oder 4te Zimmer hört. Die geistlichen Verrichtungen sind hier noch ziemlich andächtig: man sieht es doch gleich, daß es ein Land ist, welches Ihrer Majestät der Kayserin zugehört. Allein Rosenkränze sind hier nicht gewöhnlich, sie sehen in den Kirchen keinen Menschen, der am Rosenkranz betet. Alles betet in Büchern: und bey der Aufwandelung schlägt kein Mensch an die Brust. In allen Kirchen sind Sessel fürs Geld, aber keine Stühle zu sehen: man zahlt einen Liard, das ist 2 Pfennig unseres Geldes.

Fußnoten

1 In Brüssel.


2 Prinz Karl Alexander von Lothringen, Bruder des Kaisers Franz I., Generalgouverneur der österreichischen Niederlande.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 217.
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