*272. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[263] Ollmütz den 10ten Novb: 1767.


Te Deum Laudamus!


Der Wolfgangerl hat die Blattern glücklich überstanden!

Und wo? – – – in Ollmütz!

Und wo? – – – In der Residenz Sr Excellenz Herrn Grafen Podstatsky.

Sie werden aus meinem vorgehenden Schreiben schon bemercket haben, daß in Wienn alles Verwirrt unter einander gegangen. [...] Ich war entschlossen gleich nach dem Todt der Prinzessin Braut nach Mähren zu gehen, bis die erste Traurigkeit in Wienn in etwas vorbey wäre; Allein man ließ uns nicht weg, indem Se Majestätt der Kayser so oft von uns sprach, daß man nie sicher war, wenn es ihm einfiel, uns kommen zu lassen: so bald aber die Erzherzogin Elisabeth sich übel befand, ließ ich mich von nichts mehr aufhalten, dann ich konnte den Augenblick kaum erwarten, meinen Wolfgangl: aus dem mit Blattern gänzlich angesteckten Wienn in eine andere Luft zu führen. [...]

Montags den 26. fuhren wir nach Ollmitz, wo wir etwas später anlangten.

[...] Um zehn Uhr klagte der Wolfgangl: seine Augen; allein ich bemerkte, daß er einen warmen Kopf, heiße und sehr rothe wangen, hingegen Hände wie Eiß, so kalt hatte. Die Puls war auch nicht richtig; wir gaben ihm also etwas Schwarz Pulver und legten ihn schlafen. Die Nacht hindurch war er zimmlich unruhig, und die trockenen Hitzen hielten am Morgen immer noch an. Man gab uns 2. bessere Zimmer; wir wickelten den Wolfgangl: in Beltze ein und wanderten also mit ihm in die anderen Zimmer. Die Hitze nahm zu; wir gaben ihm etwas Margrafen Pulver und Schwarz Pulver. Gegen dem Abend fieng er an zuphantasiren; und so war die ganze Nacht und der Morgen den 28ten. Nach der Kirche gieng ich zu SrExcellenz Grafen von Podstatsky der mich mit grosser Gnade empfieng; und als ich ihn sagte, daß mein kleiner kranck geworden, [264] und ich Vorsehe, daß er etwa Blattern bekommen möchte, so sagte er mir, daß er uns zu sich nehmen wollte, indem er die Blattern gar nicht scheuete. [...] Nachmittags um 4. Uhr wurde der Wolfgängl: in Lederne Lainlachen und Beltze eingepackt, und in den Wagen getragen, und so fuhr ich mit ihm in die Domdechantey. [...]

So bald die Blattern heraus kammen, war alle alteration weg, und, Gott Lob! er befand sich immer gut. Er war sehr voll, und da er erstaunlich geschwollen, und eine dicke Nase hatte, und sich in Spiegel besache, so sagte er: nun sehe ich den Mayrl gleich, er Verstunde den Herrn Musicum Mayr. Seit gestern fallen die Blattern da und dort ab; und alle Geschwulst ist schon seit 2. Tagen weg. [...]

Das Schreiben mit dem Einschluß des Mr: Grimm aus Paris habe richtig empfangen. Sie werden aus dem Schreiben des Mr: Grimm ersehen haben, was er mir vom Russischen Hofe und vom Erb Prinzen von Braunschweig schreibet; auch wie und mit was für einer Gesellschaft Herr Schobert in die Ewigkeit gegangen. [...]

Hier ist eine Antwort an herrn Joseph die der Wolfgangl: im bethe geschrieben.

Eine Sorge liegt mir noch am Herzen, nämlich, daß mein Mädl auch möchte die Blattern bekommen, denn wer weis, ob die etlichen Blattern, die sie hatte, die rechten waren?


Etwas an sie Alleine


Die 6 Synfonien, so h: Estlinger geschrieben müssen wohl zusammgerollet und mit der Aufschrift: A son Alteße S: Sme Le Prince de Fürstemberg x: à Donaueschingen, dem Postwagen übergeben werden. Einen Brief an den Fürsten werde von hier aus schreiben: Das Concert à 2 Clav: vom wagenseil muß dem h: gesner zu den andern gedruckten Sonaten nachZürch beygelegt werden. übrigens sehen sie wohl wie krumm alles gegangen, und da wir glaubten daß alles übel gegangen, so hat Gott uns mit der Grossen Gnade erfüllet und unsern lieben Wolfg: die Blattern glück: überstehen lassen. Nun achte ich gar nichts, so nur dieses gut vorbey [265] ist. ich habe vor meiner Abreise aus Wienn wieder 30 Duccatten von h: Peisser empf: und werde ehe, von Olmitz abgehe, wohl wieder so viel bey seinem freund, an den er mich angewiesen nehmen müssen. basta! wer weis, wem der vatter den schimmel schenkt! – – Was sagen sie von der Aufführung des Grafen v Podsdatsky gegen uns? – – verdiente eine solche that nicht, daß Se Hochf: Gnaden wo nicht selbst, doch wenigst durch seinen h: Bruder in Brünn oder durch den Grafen v Herberstein, oder aller mindestens durch ein schreiben vom H: Beichtvatter oder h: Hof Canzler sich auf eine gewisse Art, wo nicht bedanken, doch wenigst sein wohlgefahlen bezeigen sollte. bringen sie etwas auf die bahn! ich bitte sie.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 263-266.
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