4. [an Kaiser Leopold II.]

[381] Eure Majestät!


Unterzeichnete hatte das Unglück den unersetzlichen Verlust ihres Gatten1 erleben zu müssen, und von demselben mit zwey unmündigen Söhnen in Umständen zurückgelassen zu werden, die sehr nahe an Dürftigkeit und Mangel gränzen.

Sie weiß zu ihrem noch grössern Betrübnisse, daß sie bei noch nicht vollendeten 10 Dienstjahren ihres seeligen Mannes nach dem bestehenden Pensions Normal nicht den mindesten Anspruch auf irgend einen Gnadengehalt habe und ihr daher nichts übrig bleibe, als ganz in Euer Majestät Gnade, und der bekannten Liebe vollen Vorsorge für Dürftige jeder Art zu beruhen.

[381] Um aber der allerhöchsten Milde nicht vielleicht unwürdig zu scheinen, wagt es dieselbe eine schwache Schilderung ihrer höchst mißlichen Lage, und deren Urqwelle aller unterthänigst vorzulegen: 1tens Hatte ihr seel: Gatte nie das Glück hier in Wien eine günstige Gelegenheit abzuwarten, welche ihm erlaubt hätte seine Talente zu Begründung besserer Aussichten der Welt auffallend genug zu machen, und eben daher war er ausser Stande einiges Vermögen zu hinterlassen.

Zwar wäre es demselben

2tens sehr leicht gewesen im Auslande – sein Glück zu finden, und seine familie in einen glänzenden Zustand zu versetzen; wenn er den so häufig gemachten Anträgen Gehör gegeben, und nicht in der Gnade dem hiesigen allerhöchsten Hofe zu dienen seinen größten Ruhm gesucht hätte.

3tens Gestatteten seine noch blühenden Jahre, und die sehr wahrscheinliche Aussicht den Wohlstand seiner Angehörigen durch das seltenste Talent noch immer früh genug dauerhaft gründen zu können, auch dem entferntesten Gedanken von der Möglichkeit der gegenwärtigen Lage in seinem Gedächnisse keinen Raum.

Daher geschah es auch, daß er nicht einmal daran dachte durch Einverleibung in die musikalische Wittwen und Waisen Besellschaft seinen Nachkommen diese obgleich geringe Versorgung zu versichern.

4tens Endlich wird dieses Gemählde um so rührender, als er der Welt gerade in demjenigen Augenblicke geraubt wurde, wo seine Aussichten für die Zukunft rings umher heiterer zu werden begannen.

Denn nebst der vor Kurzen erhaltenen Anwartschaft auf die Kapellmeisters-Stelle am Dom zu St: Stephan, langte noch wenige Tage vor seinem Tode von einem Theile des ungarischen Adels die Versicherung einer Subskription von jährlichen 1000 f: und von Amsterdam die Anweisung eines noch höhern jährlichen Betrages an, wofür er nur wenige Stücke ausschliessend für die Subskribenten komponieren sollte.

Bittstellerinn wagt es noch einmal sich in die allerhöchste Gnade, und bekannte väterliche Vorsorge, besonders gegen Dürftige dieser Art. [382] um so mehr gänzlich zu ergeben, als dieselbe in ihrem Jammervollen Zustande nur die Zuversicht: Eure Majestät werden sie mit ihren zwey unmündigen Söhnen von der allerhöchsten Mildthätigkeit nicht ausschliessen: noch einigermassen aufrecht zu erhalten fähig ist.

Wien den 11ten Dezember 1791.


Konstantia Mozart geborne

Weber hinterlassene Wittwe

des seel: Wolfgang Amadeus

Mozart k: k: Kammer Kompositor.

Fußnoten

1 Am 5. Dezember.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 384.
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