26.

[338] Manheim den 24ten

January 1778


Mein lieber mann


deinen brief von 19ten habe heunt mit vergniegen empfangen, und die darinen enthaltenen Neuigkeiten erfreyen mich sehr, dan hier höret man gar nichts, ist alles so still, als wan man nicht in der welt wehre, die leuthe seuffzen nur, und winschen den Chrifröten1 wider hier zu haben, dan es ist der statt ein grosser schaden, dan es komen keine fremde hieher weill nichts zu sehen ist, in den fasching haben sonst die bürger ihre beste einnahme gehabt, und die leuth praf schehren können, für heur ist es aber mit diesen gewinn Vorbey. der wolfgang ist göstern in der fruh mit den herrn weber und seiner Mamsell Dochter, nach Kirchheimbolland, zu der Prinzessin Weillburg abgereiset, vor 8 tägen glaube ich schwehrlich das sie sie wird fortlassen dan sie ist eine ungemeine liebhaberin der Music, spilt Clavier und singt, der wolfgang hat sich mit arien und sinfonien versehen, um ihr solche zu presendiern, der orth ist nur 10 stund von hier und also nur eine kleine dag Reise, die Prinzessin ist bestendig in diesen orth, und Reist nur etwan auf 2 Monath des Jahrs nach holland, ihren herrn bruder zu besuchen. was des wolfgang seine Kleider betrifft habe ich ihm seyt der zeit schan anderst beredet, er nimbt sie schon mit, auch will ich ihm über reden das er [338] den grossen Kusser nimt, dan wan er alle Kleider, und seine ganze Music, (die vorhero in 3 grossen backen gewesen) in den Kuffer backet so wird er gewiss soll genug und wie ich höre so gehen sie mit den postwagen (welcher von hieraus gebt, und nicht bey der nacht fahrt) so ist es noch besser wenn er seine ganze pagage bey sammen in ein Kuffer hat. von den herrn von grim hast du noch keine andworth erhalten, ich glaube es wehre guth gewesen, wan du die Adres noch an seine alte wohnung gemacht hettest, dan wan er nicht mehr dorth ist, so wissen sie villeicht wo er hingezogen ist. wegen den briefen so du nach wienn geschrieben hast ist es gar guth, aber ich mus dich erinern, und ich glaube es wurde auch nicht übel sein, wan du auch an den grasen thun schriebest, der bey den Klfolr2 so vill gilt, und den wolfgang so gehrn gehabt hat. es ist hier ein Sänger der bey der opera singt mit Namen hartig, der hat eine solche liebe und freindschaft zu uns, das er mich nur seine liebe mama heisset, dieser last sich dir unbekanter weis auf das beste Empfehlen, er hat mich heunt besuchet, um zu sehen, wie ich mich in der abwesscnheit befinde, dan hörte er das ich nacher haus schreiben werde, so gabe er mir gleich seine Ergebenste Complimenten auf.

Unsre frau von haus die frau hofkammer Räthin, last sich dir auch Empfehlen, sie ist gar eine gutte frau, ich mus den ganzen nachmitag bis nachts um halbe 11 bey ihnen sein, so bald ich von essen nach Haus kome, so komt die Mamsell gleich zu mir und holt mich zu ihnen hinauf, da arbeithen wir bis es nacht wird, und nach den nacht Essen spillen wir brandlen (das ich ihnen gelehrnet habe) 20 March um einen x, da kannst du dir denken was wir verliehren können. adio lebts beyde gesund ich Küsse euch vill 1000 mahl und verbleibe wie alzeit dein getreues weib

Maria Anna Mozart


an alle unsere gutte freinde und freindinen bitte meine gehorsamste Empfehlung abzulegen, absonderlich an Monsieur bullinger und Mamsell Sallerl.

Dem bimperl ein busserl.

Fußnoten

1 Auflösung der Chiffren: Curfirsten


2 Auflösung der Chiffren: Keiser


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 339.
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