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[170] Vienne ce 29 de may 1782


Mon trés cher Père!


letzthin bin ich ganz verhindert worden meinen Brief aus-zuschreiben, und habe dahero meine liebe konstanze gebeten ihnen meine Entschuldigung darüber zu machen. Sie hat lange nicht daran gewollt, aus forcht sie möchten sie über ihre orthographie undConcept auslachen. – und sie lässt mir keinen fried, ich muß Sie bey ihnen deswegen entschuldigen. –

Das Erste Dilecktanten-Concert ist ganz gut ausgefallen. Es war der Erzherzog Maximilian auch da, gräfin thun, Wallenstein, Baron van suiten und eine menge anderer. – Ich seufze mit schnsucht nach dem Nächsten Postwagen, welcher mir Musick bringen soll. – wegen der Robinischen Musique kann ich sie wohl ganz gewis [170] versichern, daß ich sie nicht mitgenommen – und – daß sie Eck noch haben muß – denn, als ich von München abgereiset, hatte er sie noch nicht zurück gegeben. – Der unternehmer des Dilettanten Concerts Mr Martin kennt den hl: Abbè Bullinger sehr gut. – er war zu seiner zeit im semminario in München. – Er ist ein recht guter, Junger Mensch, der sich durch seine Musique, durch seine schöne schrift, und überhaubt durch seine geschicklichkeit, guten kopf, und starken geist, sich fortzubringen bemühet. – als er hier ankamm gieng es ihm sehr hinderlich – er musste 14 täge mit einem halben gulden auskommen. – Adamberger (welcher ihn auch von München aus kennt) hat ihm hier viel gutes gethan. – er ist von Regenspurg gebürtig; sein vater war leibmedicus beym fürst von Daxis. Morgen speise ich mit meiner lieben konstanze bey der gräfin thun, und werde ihr den 3ten Act1 voreiten. – nun habe ich nichts als verdrüssliche arbeiten, nehmlich – zu corrigiren. – künftigem Montag werden wir die Erste Probe machen. – Ich freue mich recht auf diese oper, das muß ich gestehen; – à propós – vor etwelchen tägen habe ich einen brief bekommen, von wem? – – Von – hl: v: feigele – und der Inhalt – – daß er verliebt seye – und in wen? – in meine schwester – – – Nein. – – – in – meine Baase!2 – – der wird aber lange warten müssen, bis er von mir eine antwort erhällt – sie wissen wie wenig zeit ich zum schreiben habe. – bin nur fürwitzig wie lange es mit diesem dauern wird. –

Nun noch etwas – daß ich so zufälligerweise inne geworden, und mich – auf dem graf kühnburg recht verdrüsst. – die frl: von Auerhammer sagte mir gestern, daß der hl. v. Moll sie gefragt, ob sie nicht mit 300 fl. Jährlichen gehalt in ein herrschaftshaus nach Salzburg gehen wolle? – Der Cavallier heisse kühnburg.3 – wie gefällt ihnen das? – Meine schwester hällt man also für nichts? – machen sie davon gebrauch. – er war nur einen tag hier – kömmt er aber wieder, so werde ich schon gelegenheit finden ihn darüber zu sprechen. – Nun [171] leben sie wohl – ich küsse ihn: 1000mal die hände, Meine liebe schwester umarme ich von ganzen herzen – Der Madelle Marchand (Meine liebe Constanc hat es mir schon erlaubt) schicke auch ein paar buserl, und bin Ewig dero

gehorsamster Sohn

W: A: Mozart


P.S: Meine liebe konstanze küsst ihnen die hände und meine schwester umarmt sie als ihre wahre freundin, und künftige schwägerin.

Fußnoten

1 Der »Entführung aus dem Serail«.


2 Maria Anna Thekla Mozart in Augsburg (das »Bäsle«).


3 Der Salzburger Oberstallmeister Graf J.L. Küenburg.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 170-172.
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