148.

[5] Munic ce 13 Novembe 1780.


Mon trés cher Père!


In der grösten Eyle schreibe ich, denn ich bin noch nicht angezogen, und muß zum graf Seeau, Cannabich, Quaglio1 und Le grand der Ballettmeister speisen auch dort, um das Nöthige wegen der opera zu verabreden. – gestern habe ich mit Cannabich bey der gräfin Baumgarten gespeist, eine gebohrene lerchenfeld – mein freund ist alles in diesen hauß und ich nun also auch – das ist das beste und Nützlichste hauß hier für mich. Durch dieses ist auch alles wegen meiner gegangen, und wird – wills gott, noch gehen. Sie ist die welche einen fuchsschwanz im arsch stecken hat, und eine spitzige uhrkette an ohr hangen, und einen schönen Ring, ich habe ihn selbst [5] gesehen, und soll der tod über mich kommen, ich unglücklicher Mann ohne Nase2. sapienti pauca.

Nun muß ich mich anziehen – Nun also das Nothwendigste, und zwar der Hauptzweck dieses briefes, ist ihnen, mein liebster, bester vatter alles erdenekliche – zu ihrem Nahmenstage anzuwünschen – Ich Empfehle mich ferners in Dero vätterliche liebe, und versichere Sie meines Ewigen gehorsams – – Die gräfin La Rosèe empfehlt sich ihnen und meiner schwester – das ganze Cannebichische, und dopelte wendlingische hauß, stumm, Eck, vatterund sohn3, beecke und hl: del prato ††† der eben bey mir ist ††† gestern hat mich graf Seeau bey f: D: dem Churfürsten vorgestellt, er war sehr gnädig mit mir. wenn sie itzt dem graf Seeau sprechen sollten, so würden Sie ihn nicht mehr kennen, so ganz haben ihn die hl: Mannheimer umgekehrt. –

apropós! Neulich vergaß ich zu schreiben, daß hl: Wegscheider anstatt 120 nur 118 fl. geschickt hat, mithin Mr grandville mir noch keine förmliche Quittung geben konnte, er wird ihm aber vermuthlich darüber geschrieben haben – Madme de fosman und ihre schwester lässt sich der Madme Maresquelle schönstens empfehlen. ihre Mutter auch. – hl: Baron Götz empfiehlt sich hl. v: gilofsky, und berantzky bestens – ein liebenswürdiger Mann! – Nun aber – obwohl ich noch sehr viel zu schreiben hätte, muß ich schliessen. Ich küsse ihnen 1000mal die hände, und meine schwester umarme ich von herzen und bin Ewig

Mon trés cher Pére

Dero gehorsamster sohn

Wolf. Amd. Mozart


Ps S. an alle gute freunde und freundin meine Empf:

apropós; graf Seeau hätte lust, (weil man hier so schlecht übersetzt) auch die opera in Salzburg tradniren zu lassen. – Nur die [6] arien in versen. – ich sollte einen Contract machen. Da würde alsdann die bezahlung für den Poeten und übersetzer zu gleicher zeit entrichtet werden. geben sie mir bald antwort darauf.Adieu. [Wie wird da]s fammiliengemälde? – – [Sind Sie gut] getroffen? – – [Ist meine Sch]wester auch schon angefangen? – Die opera wird erst den 20t Jenner das erstemal gegeben werden. haben Sie doch die güte und schicken mir die 2 sparten von den Messen, die ich mithabe – und die Mesie aus dem B auch. Deñ graf Seeau wird nächstens dem Churfürsten etwas davon sagen – ich möchte daß man mich in diesem styl auch kennen lernte. – Ich habe erst eine Messe von grua4 gehört – von dieser gattung kann man leicht täglich ein halb Duzend Componiren. wenn ich gewust hätte daß dieser Castrat5 so schlecht ist, ich hätte in der that den Ceccarelli recomandirt

Ich sollte zwar ex comißione S: E: eine förmliche antwort in dessen Namen an hl: Abbate Varesco schreiben – allein ich habe nicht Zeit, und bin zumsecretaire gar nicht gebohren. – im Ersten Ackt scena VIII hat hl: Quaglio den nemlichen Einwurf gemacht den wir gleich anfangs machten. nemlich daß es sich nicht schicke, das der könig ganz allein zu schiff seye – – glaubt der hl: Abbè daß man ihn in den gräulichen sturm von Jedermann verlassen, ohne schiff, ganz allein in größter gefahr schwimmend, sich so vernünftig vorstellen kann, so mag alles so bleiben, aber NB: ohne schiff, denn, im schiff kann er allein nicht seyn – widrigenfalls müssen etwelche generals, vertraute von ihm (Comparser) mit ihm aussteigen, dann muß aber der könig nun noch etwelche Worte zu seinen leuten zu sagen nemlich daß sie ihn allein lassen sollten – welches in der trauerigen situation, da er dermalen ist, ganz Natürlich ist. apropòs: Die Aria für Madme Wendling werde ich Ja doch bald bekommen? –

Das 2te Duetto bleibt ganz weg – und zwar mit mehr Nutzn als schaden für die opera; denn, sie sehen wohl, wenn sie die scene überlesen daß diescene durch eine aria oder Duetto matt und kalt[7] wird – und für die andern acteurs, die so hier stehen müssen sehr genant ist – und überdiß würde der großmüthige kampf zwischen Ilia und Idamante zu lange, und folglich sein ganzen Werth verlieren.

Die Mara hat gar nicht das glück gehabt mir zu gefallen – sie macht zu wenig um einer Bastardina6 gleich zu kommen – (denn, dies ist ihr fach; – ) und macht zu viel – um das herz zu rühren wie eine Weber – 7 oder, eine vernünftige Sängerin – 8

Fußnoten

1 Lorenzo Quaglio, Leiter des Dekorationswesens seit 1778.


2 Die Anfangsbuchstaben der Wörter: fuchsschwanz, arsch, uhrkette, ohr, Ring, ich, tod, ich, Nase ergeben in diesem zusammenhanglosen Satze das Wort: favoritin, womit Mozart auf die Stellung der Gräfin zum Hofe anspielt.


3 Die beiden Münchener Hofmusiker Johann Friedrich und Franz Eck.


4 Paul Grua (1754–1833), der spätere Münchener Hofkapellmeister.


5 del Prato.


6 Bastardella (L. Agujari), die Mozart von seinen italienischen Reisen her kannte (s. den Brief vom 24. März 1770).


7 Aloysia Weber, die damals mit ihrer Familie bereits nach Wien übergesiedelt war (s. hierzu den Brief des Vaters vom 2. Dezember).


8 Antwort des Vaters: 18. und 20. November.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 5-8.
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