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[85] vienne ce 13de Juin 1781:


Mon trés cher Pére!


Bester aller vätter! wie herzlich gerne wollte ich ihnen nicht ferners noch meine besten Jahre an einem orte aufopfern, wo man schlecht bezahlet ist; – wenn dieß allein das übel wäre. allein, schlecht bezahlt, und obendrein verspottet, verrachtet und cuionirt – das ist doch wahrlich zu viel. – Ich habe für des Erzbischofsaccademie hier, eine Sonate für mich, dem Brunetti und Ceccarelli ein Rondeau geschrieben, habe bey Jeder accademie 2 mal gespiellt, und das letztemal da alles aus war eine ganze stunde noch variacionen (dazu mir der Erzbischof das thema gab) gespiellt, und da war so ein allgemeiner beyfall, daß, wenn der Erzbischof nur ein wenig ein Menschliches Herz hat, er gewis hat freude fühlen müssen; und anstatt mir wenigstens seine zufriedenheit und wohlgefallen – oder meinetwegen gar nichts zu zeigen – macht er mich aus wie einen gassenbuben – sagt mir ins gesicht, ich soll mich weiter scherren, er bekömme [85] hundert die ihn besser bedienten als ich. – und warum? – weil ich nicht eben den tag abreisen konnte, da er sich es eingebildet hat; ich muß vom hause weg, muß von meinem gelde leben, und soll nicht die freyheit haben abzureisen wenn es mir mein beutel gestattet, da ich dazu in Salzburg nicht nöthig war, und der ganze unterschied in 2 tägen bestund. – Der Erzbischof hat mir 2 mal die grösten impertinenzen gesagt, und ich habe kein wort gesagt, noch mehr ich habe bey ihm mit dem nemlichen Eyfer und fleiß gespiellt, als wenn nichts wäre; und anstatt daß er meinen Dienst Eifer und mein bestreben ihn zu gefallen erkennen sollte, geht er, eben in dem augenblick da ich mir eher was anderst versprechen konnte, zum drittenmal auf die abscheulichste art von der welt um. – und, damit ich nur gar kein unrecht habe, sondern gänzlich recht behalte; es ist als wenn man mich mit gewalt weg haben wollte, Nu – wenn man mich nicht haben will, es ist Ja mein wunsch; – anstatt daß graf Arco meine bittschrift angenommen, oder mir audienz verschafet, oder gerathen hätte selbe nachzuschicken, oder mir zugeredet hätte die sache noch so zu lassen, und besser zu überlegen, afin, – was er gewollt hätte – Nein – da schmeist er mich zur thüre hinaus, und giebt mir einen tritt im hintern. – Nun, das heisst auf teutsch, daß Salzburg nicht mehr für mich ist; ausgenommen mit guter gelegenheit dem hl. grasen wieder ingleichen einen tritt im arsch zu geben, und sollte es auf öfentlicher gasse geschehen. – ich begehre gar keine satisfaction deswegen beym Erzbischof, denn er wäre nicht im stande sie mir auf solche art zu verschaffen, wie ich sie mir selbst nehmen muß; sondern ich werde nächster tägen dem hl. grasen schreiben, was er sich von mir zuverlässig zu gewarten hat, sobald das glück will daß ich ihn treffe, es mag seyn wo es will, nur an keinen ort wo ich respect haben muß; – wegen meinen Seelenheyl seyen sie ohne Sorgen, mein bester vatter! – ich bin ein fälliger Junger Mensch wie alle andere, und kann zu meinem trost wünschen daß es alle so wenig wären wie ich. – sie glauben vieleicht sachen von mir, die nicht also sind; – der hauptfehler bey mir ist daß ich nach dem scheine nicht allzeit so handle, wie ich handeln sollte. – daß ich mich geprahlt [86] hätte ich Esse alle fast-täge fleisch, ist nicht wahr; aber gesagt habe ich daß ich mir nichts daraus mache, und es für keine sünde halte; denn fasten heisst bey mir sich abrechen; weniger essen als sonst. – Ich höre alle sonn- und feyertäge Meine Messe, und wenn es seyn kann, die werktäge auch, das wissen sie, mein vatter. – mein ganzer umgang mit der Person von schlechten Russe bestund auf dem Ball. – und den hatte ich schon lange ehe ich wusste daß sie von schlechten Russe seye – und nur darum damit ich meiner gewissen contredanse tänzerin sicher seye. – dann, konnte ich ohne ihr die ursache zu sagen nicht auf einmal abbrechen – und wer wird Jemand so was ins gesicht sagen. – habe ich sie nicht auf die letzt öfters angesetzt, und mit andern getanzt? – ich war auch diesfalls ordentlich froh daß der fasching ein Ende hatte. – übrigens wird kein Mensch sagen können, daß ich sie sonst wo gesehen hätte, oder in ihrem hause gewesen seye, ohne für einen lügner zu Pasiren. – übrigens seyen sie versichert daß ich gewis Religion habe – und sollte ich das unglück haben, Jemals (welches gott verhüten wird) auf seiten weege zu gerathen, so spreche ich sie, mein bester vatter aller schuldlos. – Denn, nur ich allein wäre der schurke – ihnen habe ich alles gute so wohl für mein zeitliches als geistliches wohl und heyl zu verdanken. Nun muß ich schliessen, sonst versäume ich die Post. ich küsse ihnen 1000 mal die hände und meine liebe schwester umarme ich von herzen und bin Ewig Dero

gehorsamst Sohn

Wolfgang Amadè Mozart


P.S. an den Jungen Marschand

meine Empfehlung. an die katherl,

an alle gute freund und freundinen.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 85-87.
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