181.

[87] vienne ce 16 de Juin 1781.


Mon très cher Père!


Morgen wird das Portrait und die Bänder für meine schwester unter Seegel gehen. Ich weis nicht ob die Bänder nach ihrem gusto [87] seyn werden. – daß sie aber nach der wahren Mode sind, kann ich sie versichern. wenn ste mehrere will, oder vieleicht auch ungemahlte, so soll sie es mir nur zu wissen thun; und überhaubt wenn sie etwas gerne hätte, was sie glaubt daß man in Wieñ schöner haben kann, soll sie es nur schreiben. ich hoffe sie wird wohl das fürtuch nicht bezahlt haben, denn es ist schon bezahlt; ich vergass es zu schreiben, weil ich immer von der Hundsfüttischen affaire1 zu schreiben hatte. – Das geld werde ich, wie sie mir geschrieben, übermachen. –

Nun kann ich ihnen doch endlich einmal wieder von Wieñ etwas schreiben; bishero musste ich meine Briefe immer von der Sau-Historie anfüllen. – gott lob daß es vorbey ist. – die dermalige Saison ist die schlechteste für Jemand der geld gewinnen will; das wissen sie ohnehin; die vornehmsten Häuser sind auf dem lande. mithin ist nichts anderst zu thun, als sich auf den Winter, wo man weniger zeit dazu hat, vorzuarbeiten. – so bald die Sonaten fertig sind, werde eine kleine wälsche Cantate suchen, und sie schreiben; welche dann im advent im theater geben werde, versteht sich für meinen Profit; – da ist eine kleine list dabey. auf diese art kann ich sie 2 mal mit dem nemlichen vorteil geben, weil ich, da ich sie das zweytemal gebe, etwas auf einen Piano forte spiellen werde. – dermalen habe nur eine einzige Skolarin, welche ist die gräfin Rumbeck, die Baase von kobenzl; ich könnte derer freylich mehrere haben, wenn ich meinen Preis herabsetzen wollte. – so bald man aber das thut so verliert man seinen credit – mein Preis ist für 12lektionen 6 Dukaten, und da gieb ich ihnen noch zu erkennen, daß ich es aus gefälligkeit thue. – ich will lieber 3 instructionen haben die mich gut bezahlen, als 6 die mich schlecht zahlen. – von dieser einzigen Skolarin kann ich mich durchbringen, und das ist mir unterdessen genug; – Ich schreibe ihnen dieß nur, damit sie nicht glauben möchten ich schickte ihnen vieleicht aus eigennutz nicht mehr als 30 duckaten – seyen sie versichert, daß ich mich gewis ganz entblössen würde, wenn ich es nur hätte! – aber es wird schon kommen. man muß den leuten niemalen merken lassen, wie man steht

[88] Nun vom theater. ich habe ihnen glaube letzthin geschrieben2, daß graf Rosenberg bey seiner abreise dem schröder Commission gegeben hat, für mich ein Buch aufzutreiben. das ist nun freylich schon da, und Stephani (der Jüngere) als inspicient über die opera hat es in Händen. Bergobzoomer3 als wahrer guter freund von schröder und von mir, hat es mir gleich gesteckt. – ich bin also gleich zu ihm gegangen, en forme de visite. – wir glaubten er möchte etwa ausPartialitet für den umlauf4 gegen mich falsch handeln; der verdacht war aber ungegründet; denn ich hörte nach der hand, daß er Jemand Commission gegeben mir zu sagen ich möchte zu ihm kommen, er hätte etwas mit mir zu sprechen; und gleich da ich eintratt, sagte er, O sie kommen wie gerufen. – dieopera hat aber 4 akt, und wie er sagt, so ist der Erste Akt ohnvergleichlich; dann nimmt es aber sehr ab. wenn es schröder leidet, daß man es herrichten darf wie man will, so kann ein gutes buch daraus werden – er mag es der Direction, so wie es ist, gar nicht übergeben, bevor er nicht mit ihm darüber gesprochen hat, weil er ohnehin im voraus weis daß es zurück gegeben würde. Das können also diese zwey miteinander ausmachen. – ich verlangte es, nachdem was mir Stephani davon gesaget, gar nicht zu lesen, denn, wenn es mir nicht gefällt, so muß ich es Ja doch sagen, sonst wäre ich der angesetzte. und schröder will ich mir nicht ungünstig machen, da er für mich alle achtung hat. – so kann ich mich doch immer entschuldigen, ich hätte es nicht gelesen.

Nun muß ich ihnen erklären, warum wir auf den Stephani argwohn hatten. Dieser Mensch hat, welches mir sehr leid thut, in ganz Wieñ das schlechteste Renomée; als ein grober, falscher, verläumderischer Mann; der den leuten die grösten ungerechtigkeiten anthut. – da mische ich mich aber nicht darein. wahr kann es seyn, weil alles darüber schmält – übrigens gilt er alles beyn kayser; und gegen mich war er gleich das Erstemal sehr freundschaftlich; und sagte. [89] wir sind schon alte freunde, und ist mir sehr lieb wenn ich werde in stande sein können ihnen in etwas zu dienen. – ich glaube, und ich wünsche es auch, daß er selbst für mich eine opera schreiben wird. er mag nun seine komoedlen allein oder mit hülfe gemacht haben; er mag nun stellen oder selbst erschafen – kurz er versteht das theater, und seine komoedlen gefallen immer. – ich habe erst 2 neue stücke von ihm gesehen die gewis recht gut sind; eins, das loch in der thüre; und das zweyte; der oberamtmann und die Soldaten. – unterdessen werde ich die Cantate schreiben, denn wenn ich wirklich schon ein Buch hätte, so würde ich doch noch keine feder ansetzen, weil der graf Rosenberg nicht hier ist – wenn der auf die letzt das Buch nicht gut fände, so hätte ich die Ehre gehabt umsonst zu schreiben. und das lass ich sein bleiben. – wegen incontriren sorge ich mich gar nicht, wenn nur das Buch gut ist. – glauben sie denn ich werde eine opera Comique auch so schreiben wie eine opera Seria? – so wenig tändelndes in einer opera seria seyn soll, und so viel gelehrtes und vernünftiges, so wenig gelehrtes muß in eineropera Buffa seyn, und um desto mehr tändelndes und lustiges. daß man in einer opera seria auch kommische Musick haben will, dafür kann ich nicht; – hier unterscheidet man aber in dieser sache sehr gut. ich finde halt daß in der Musick der hanswurst noch nicht ausgerottet ist; und in diesem falle haben die franzosen recht. – Ich hoffe also mit künftigem Postwagen meine kleider richtig zu erhalten. ich weis nicht wenn der Postwagen geht, doch glaube ich wird sie dieser brief noch eher antreffen; mithin bitte ich sie den stock mir zu lieb zu behalten. – man braucht hier stöcke, aber wozu? – zum spatzieren gehen, und dazu ist Jedes stöckchen gut; – also stützen sie sich darauf anstatt meiner; und tragen sie ihn wenn es möglich beständig – wer weis ob er nicht durch ihre hand beym Arco seinen vormaligen herrn rächen kann. – Doch das versteht sich accidentaliter oder zufälligerweise; – Mein handgreiflicher Discours bleibt dem hungrigen Esel nicht aus, und sollt es in zwanzig Jahren seyn. – denn, ihn sehen, und meinen fuß in seinen Arsch, ist gewis eins; ich müsste nur das unglück haben ihn zu erst an einem heiligen ort zu sehen.[90] – Nun adieu; leben sie recht wohl; ich küsse ihnen 1000mal die hände und meine schwester umarme ich von ganze herzen und bin Ewig Dero

gehorsamster Sohn

W. A: Mzt


überall mein

Compliment.

Fußnoten

1 Die Affairen mit dem Erzbischof und dem Grafen Karl Arco.


2 Am 9. Juni.


3 S. den Brief vom 16. Dezember 1780.


4 Ignaz Umlauf (1756–1796), Musikdirektor des Wiener Nationalsingspiels, der Komponist des deutschen Singspiels »die Bergknappen« (Wien 1778).

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 87-91.
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