187.

[98] vienne ce 25 de Juillet 1781


Mon trés cher Pére!


Ich sage noch einmal daß ich schon längst im sinn gehabt ein anderes logis zu nehmen, und das nur wegen dem geschwätze der leute; – und mir ist leid daß ich es, wegen einer albernen Plauderey woran kein wahres Wort ist, zu thun gezwungen bin. ich möchte doch nur wissen was gewisse leute für freude haben können ohne allen grund so im tage hinein zu reden. – weil ich bey ihnen1 wohne, so heyrathe ich die tochter2; von verliebt seyn war gar die rede nicht, über das sind sie hinaus-gesprungen; sondern ich logire mich ins hauß, und heyrathe. – wenn ich mein lebetag nicht aufs heyrathen gedacht habe, so ist es gewis izt! – denn, (ich wünsche mir zwar nichts weniger als eine Reiche frau) wenn ich izt wirklich durch eine heyrath mein glück machen könnte, so könnte ich unmöglich aufwarten, weil ich ganz andere Dinge im kopf habe. – gott hat mir mein talent nicht gegeben, damit ich es an eine frau henke, und damit mein Junges leben in untätigkeit dahin lebe. – ich sänge erst an zu leben, und soll mir es selbst verbittern; – ich habe gewis nichts über den Ehestand, aber für mich wäre er dermalen ein übel. – Nun, da ist kein ander Mittel, ich muß, wenn es schon nicht wahr ist, wenigstens den schein vermeiden; – obwohl der schein an nichts anders beruht, als – daß ich da wohne – denn, wer nicht ins hause kömmt, der kann nicht einmal sagen daß ich mit ihr so viel umgang habe wie mit allen andern geschöpfen gottes; denn, die kinder gehen selten aus – nirgends als in die komödie, und da gehe ich niemalen mit, weil ich meistens nicht zu hause bin zur comoedie stunde. – ein Paarmal waren wir im Prater, und da war die Mutter auch mit; und ich da ich im hause bin konnte es nicht abschlagen mitzugehen. – und damals hörte ich noch keine solche Narrens reden. Da muß ich aber auch sagen, daß ich nichts als mein en th eil zahlen durfte. – und, da die Mutter solche reden selbst gebört, und auch von mir aus [99] weis, so muß ich sagen, daß sie selbst nicht mehr will, daß wir zusammen wohin gehen sollen, und mir selbst gerathen wo anderst hin zu ziehen, um fernere verdrüsslichkeiten zu vermeiden; denn sie sagt, sie möchte nicht unschuldigerweise an meinem unglücke schuld seyn. – das ist also die einzige ursache warum ich schon längst (seitdem man so schwätzt) im sinn gehabt wegzuziehen – und in so weit wahrheit gilt, habe ich keine; was aber die Mäuler anbelangt, habe ich ursache. – und wenn diese reden nicht giengen, so würde ich schwerlich weg-ziehen. Dann, ich werde freylich leicht ein schöners zimmer bekommen, aber die comoditè, und so freundschaftliche und gefällige leute – schwerlich; – ich will auch nicht sagen daß ich im hause mit der mir schon verheyratheten Mademoiselle trotzig seye, und nichts rede – aber verliebt auch nicht; – ich Narrire und mache spaß mit ihr, wenn es mir die zeit zuläst (und das ist nur abends wenn ich zu hauß soupire – denn, Morgens schreibe ich in meinem zimmer und Nachmittags bin ich selten zu hause) und also – sonst weiter nichts; wenn ich die alle heyrathen müsste, mit den ich gespasst habe, so müsste ich leicht 200 frauen haben. – Nun auf das geld zu kommen. Meine scolarin3 blieb 3 wochen auf dem lande – ich hatte folglich nichts einzunehmen, und die ausgaben giengen aber immer fort. – mithin konnte ich ihnen nicht mehr 30 Dukaten schicken – aber 20 – weil ich mir aber hofnung gemacht wegen der souscriptionns, so wollte ich warten, um ihnen die versprochene summa schicken zu können. – Nun sagte mir aber die gräfin thun das vor dem herbst an die souscription nicht zu denken seye – weil alles was geld hat auf dem lande ist – sie hat dermalen nicht mehr als 10 Personen, und meine scolarin nicht mehr als Sieben – ich lasse nun unterdessen 6 sonaten stechen, der arteria (Musick-stecher) hat schon mit mir gesprochen; so bald sie verkauft sind, daß ich geld bekomme, so werde es ihnen schicken. Nun muß ich meine liebe schwester um verzeihung bitten, daß ich ihr nicht zu ihrem Namenstage schriftlich gratuliere. – der brief liegt angefangener im kasten. – als ich sammstags den brief anfieng, kamm der bediente der gräfin [100] Rumbeck und sagte daß alles aufs land gehen wollte, ob ich nicht auch mitkommen wollte – weil ich dem Cobenzl nichts abschlagen will, so liesse ich also den brief liegen, machte geschwind meine sachen zusamm, und gieng mit. – ich dachte mir meine schwester wird es mir nicht übel nehmen. – ich wünsche ihr also in deroctav alles mögliche gute und erspriessliche was ein aufrichtiger seine schwester von herzen liebender bruder immer wünschen kann; und küsse sie auf das zärtlichste. Ich bin heute mit dem grasen wieder herein gefahren, und morgen fahre ich wieder mit ihm hinaus. – Nun leben sie recht wohl liebster, bester vatter! – glauben sie und trauen sie ihrem sohne der gewis gegen alle rechtschafene leute die besten gesinnungen hat; – und warum sollte er sie für seinen lieben vatter und schwester nicht haben? – glauben sie ihm und trauen sie ihm mehr, als gewissen leuten – die nichts bessers zu thun haben als Ehrliche leute zu verläumden – Nun adieu – ich küsse ihnen 1000mal die hände und bin Ewig dero

gehorsamster Sohn

Wolfgang Amadè

Mozart

Fußnoten

1 Bei Frau Weber und Töchtern, (s. den Brief vom 9. Mai).


2 Konstanze.


3 Gräfin von Rumbeck


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 98-102.
Lizenz:
Kategorien: