28.

[65] Don Juan gefiel anfänglich in Wien nicht besonders. Als er zum zweiten Mal aufgeführt worden war, hatte der kunstliebende Fürst R- eine zahlreiche Gesellschaft bei sich. Es waren sehr viele Musikkenner gegenwärtig, auch Joseph Haydn. Mozart war nicht gekommen. Man sprach viel über das neue Produkt. Nachdem sich die meisten Herren und Damen ausgeschwatzt hatten, nahmen einige Kenner das Wort.

Sämtliche erklärten es für ein schätzbares Werk eines reichen Genius, einer unerschöpflichen Phantasie; aber dem einen war es zu voll, dem andern zu chaotisch, dem dritten zu unmelodisch, dem vierten zu ungleich gearbeitet usw.

Es hatten alle gesprochen, nur – Vater Haydn nicht. Man forderte endlich den bescheidenen Künstler auf, auch sein Urteil zu fällen.[65]

Er sagte mit der ihm gewöhnlichen Behutsamkeit: »Ich kann den Streit nicht ausmachen, aber«, setzte er sehr lebhaft hinzu, »daß weis ich, daß der größte Komponist, den die Welt jetzt hat, Mozart ist.«

Die Herren und Damen schwiegen.

Quelle:
Johann Aloys Schlosser: Wolfgang Amad. Mozart. Prag 1828 [Nachdruck Prag 1993], S. 65-66.
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