29.

[66] Folgender Brief, welchen Joseph Haydn im Jahre 1787 an einen Freund in Prag schrieb, welcher eine Komposition für das Theater von ihm verlangt hatte, kann die vorigen Urteile des gültigen Richters bestätigen.

»Sie verlangen eine Opera buffa von mir; herzlich gern, wenn sie Lust haben, von einer Singkomposition etwas für sich allein zu besitzen.

Aber um sie auf dem Theater zu Prag aufzuführen, kann ich Ihnen dießmal nicht dienen, weil alle meine Opern zu sehr an unser Personale gebunden sind und außerdem nie die Wirkung hervorbringen würden, die ich nach der Lokalität berechnet habe. Ganz anders wäre es, wenn ich das Glück hätte, ein ganz neues Buch für das dortige Theater zu komponieren. Aber auch da hätte ich noch viel zu wagen, indem der große Mozart schwerlich einen andern zur Seite haben kann. Denn könnte ich jedem Musikfreunde, besonders aber den Großen, die unnachahmlichen Arbeiten Mozarts so tief und mit einem solchen Verstande, mit einer so großen Empfindung in die Seele prägen, als ich sie begreife und empfinde, so würden die Nationen wetteifern, ein solches Kleinod zu besitzen. Prag soll den teuern Mann fest halten, aber auch belohnen; denn ohne dieses ist die Geschichte großer Genien traurig und gibt der Nachwelt wenig Aufmunterung zum fernem Bestreben – weswegen leider so viele hoffnungsvolle[66] Geister darnieder liegen. Mich zürnt es, daß dieser einzige Mozart noch nicht bei einem kaiserlichen oder königlichen Hofe engagiert ist. Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme. Ich habe den Mann zu lieb. Ich bin etc. etc.«

Quelle:
Johann Aloys Schlosser: Wolfgang Amad. Mozart. Prag 1828 [Nachdruck Prag 1993], S. 66-67.
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