I.

[847] (Zu Seite 7.)


»Protocoll zum Drey Räthen vom 18. Augusti 1704 bis 1. Septembr: 1753.« sign. VIII, 53. Fol. 122.


»Den 22. April 1723.


Dominus Consul Regens D. Lange truge, in Versammlung aller drey Räthe, vor, es wäre bekannt, daß man wegen der Cantor-Stelle zu S. Thomas seine Gedancken auf H. Telemann gerichtet gehabt, er hätte auch versprochen alles zu thun, jedoch aber sein Versprechen nicht gehalten. Man hätte hernach auf Hn. Graupnern, Capellmeistern zu Darmstadt, sein Absehen, jedoch privatim gerichtet gehabt, welcher aber berichtet, daß man ihn nicht laßen wolte. Hernach hätten sich Bach, Hoffmann [Kauffmann] und Schott gemeldet. Bach wäre Capellmeister zu Cöthen, undexcellirte im Clavier. Nebst der Music habe Er dieInformation und müße der Cantor in den Colloquiis Corderi und der Grammatic informiren, welches er auch thun wolte. Er habe sich reversiret, nicht alleinepublicè, sondern auch privatim, zu informiren. Wann Bach erwehlet würde, so könnte man Telemann, wegen seiner Conduite, vergeßen.

Dominus Consul D. Platz. Weil die Vacanz so lang gewesen, so hätte man Ursach zur Wahl zu schreiten. Es wäre zu wünschen, daß man es mit dem dritten träffe. Zur Information der Jugend müße er sich accommodiren. Bach wäre geschickt darzu, und wolte es thun, gab ihm also sein Votum.

Dominus Consul D. Steger. Danckte vor die Sorgfalt, und wäre vorgebracht worden, warum es sich verzogen und wes wegen Hr. Bach zu nehmen. Bachs Person wäre so gut als Graupner. Er hätte sich erklähret, nicht alleine als Cantor, sondern auch als Collega bey der Thomas-Schule seine Treue zu bezeigen. AlsCollega quartus wolte er sich mit den andern Praeceptoribus setzen, so seine Vices vertreten solten.Votirte gleichfalls auf Bachen, und hätte er solcheCompositiones zu machen, die nicht theatralisch wären.«

[847] Die übrigen Rathsmitglieder geben sämmtlich ebenfalls Bach ihre Stimme, worauf

»Dominus Consul Regens. Es wäre nöthig auf einen berühmten Mann bedacht zu seyn, damit die Herren Studiosi animiret werden möchten. Bach hätte seine Dimission zu suchen und wünschte, daß es wohl gerathen möge, wormit sich also diese Consultation geendiget.«

Für gewisse Verhandlungen des Raths scheint doppelte Protokollführung üblich gewesen zu sein. Auch über diese ist noch ein zweites, im wesentlichen übereinstimmendes, Protokoll vorhanden in »Protocoll in den Drey Räthen vom 31. Aug. 1722 bis 18. July 1736«. sign. VIII, 43. Fol. 21b ff. Die Frage des wissenschaftlichen Unterrichts wird durch dasselbe noch etwas heller beleuchtet; die Rathsmitglieder stimmen zu, daß Bach gewählt werde, äußern sich jedoch hinsichtlich der Information mit einem gewissen Mißtrauen: »man werde sehen, wie er das letzte [die Information] bewerkstelligen möchte«, »möchte er bey dem letzteren nicht allendhalben fortkommen können, würde man ihm, es durch andere person verrichten zu laßen, nicht entgegen seyn«, »er müße die Information entweder selbst bestreiten, oder sich mit iemand anders auf seine Kosten diesfals sezen.«

Quelle:
Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1880., S. 847-848.
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