Dittersdorf über Mozarts Komposition

[198] Aus Karl Ditters v. Dittersdorfs Lebensbeschreibung, seinem Sohne in die Feder diktiert;

Leipzig, 1801


  • Kaiser: »Was sagen Sie zu Mozarts Komposition?«

  • Ich: »Er ist unstreitig eins der größten Originalgenies und ich habe bisher noch keinen Komponisten gekannt, der so einen erstaunlichen Reichtum von Gedanken besitzt. Ich wünschte, er wäre nicht so verschwenderisch damit. Er läßt den Zuhörer nicht zu Atem kommen; denn kaum will man einem schönen Gedanken nachsinnen, so steht schon wieder ein anderer herrlicherer [198] da, der den vorigen verdrängt, und das geht immer in einem so fort, so daß man am Ende keine dieser Schönheiten im Gedächtnis aufbewahren kann.«

  • Kaiser: »In seinen Theaterstücken hat er den einzigen Fehler, daß er, wie sich die Sänger sehr oft beklagt haben, dieselben mit seinem vollen Akkompagnement übertäubt.«

  • Ich: »Das sollte mich wundern. Man kann ja auch Harmonie und Begleitspiel anbringen, ohne die Kantilena zu verderben.«
Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 198-199.
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