Mozarts Zärtlichkeit zu seiner Gattin

[200] Aus einem Briefe Sophie Haibels an ihren Schwager Nissen und die Schwester Konstanze; Diakovar, am 7. April 1825 ... O wie war Mozart besorget, wenn seinem lieben Weibchen etwas fehlte. So war es einmal, als sie[200] schwer krank war und ich bei ihr durch 8 volle Monate Kranken wartete. Eben saß ich an ihrem Bette, Mozart auch. Er komponierte an ihrer Seite, ich beobachtete ihren nach so langer Zeit gehabten süßen Schlummer. Stille hielten wir alles wie in einem Grabe. Plötzlich kam ein roher Dienstbote in das Zimmer. Mozart erschrak aus Furcht, seine liebe Frau würde in ihrem sanften Schlummer gestöret, wollte, stille zu sein, winken, rückte den Sessel rückwärts hinter sich weg, hatte gerade das Federmesser offen in der Hand. Dieses spießte sich zwischen den Sessel und seinen Schenkel, so daß es ihm bis an das Heft in das dicke Fleisch hineinging. Mozart, der sonst wehleidig, macht aber keine Bewegung und verbiß seinen Schmerz, winkte mir nur, ihm hinaus zu folgen. Wir gingen in ein Zimmer, in welchem unsere Mutter verborgen lebte, weil wir der guten Mozart nicht wollten merken lassen, wie schlecht sie seye, und die Mutter doch gleich zur Hilfe da seye. Die Mutter verband ihn und legte Coubey in die sehr tiefe Wunde, mit dem Johannis-Öl gelang es ihr, ihn wieder herzustellen. Und obwohl er etwas krumm vor Schmerzen ging, machte er doch, daß es verborgen blieb und seine liebe Frau es nicht erfuhr ...
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Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 200-201.
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