Aus der Entstehungszeit der Zauberflöte

[240] Aus einem Briefe Ignaz v. Seyfrieds105 an einen Unbekannten;
Datum nicht bezeichnet ... Sehr wahrscheinlich begann die Composition der Zauberflöte erst im Frühjahr 1791, weil Mozart[240] nie lange an dem nehmlichen Werke und überhaupt schnell arbeite. Meistens schrieb er in Gerls106 Wohnung oder in Schikaneders Garten nur wenige Schritte vom Theater; ich selbst war oft Gast an demselben Tische und hielt viele Proben im nehmlichen Salon, oder auf deutsch: Holzhütte. Der Souffleur Haselbeck mußte Schikaneder provisorische Entwürfe versifizieren; manches mochte auch wohl aus eigener Arbeit herstammen wie solche »Schön Mädchen jung und fein – viel weißer noch als Kreide« zum hervorgehenden »Aha, hier sehe ich Leute – gewagt, ich geh hinein –«. Das Textbuch war bis zum ersten Finale vollendet, als in der Leopoldstadt: »Die Zauberzither« oder »Kaspar, der Fagottist« erschien. Perinet hat ebenfalls dasselbe Wielandsche Märchen benützt, war aber, den lokalen Zuschnitt abgerechnet, dem Originale treu gefolgt. Das genierte wohl etwas weniges unsern Emanuel; doch wußte er bald Rat dafür durch das Herumdrehen des ganzen Plans; zum Heil und Glück des Ganzen, weil uns sonst Mozart schwerlich in seinem dramatischen Schwanengesang ein also wunderherrliches, poetisch romantisches Vorbild hätte hinterlassen können.
Aus Mozarts Briefen an Konstanze; Wien, am 2. und 7. Juli 1791 ... Ich bitte Dich, sage dem Süßmayer107 dem dalketen Buben, er soll mir vom ersten Akt, von der Introduktion an bis zum Finale, meinen Spart schicken, damit ich instrumentiren kann. Gut wäre es, wenn ers heute noch zusammen machte, damit es mit dem ersten Wagen morgen früh abgehet, so bekomme ich es doch gleich Mittag ...
* ... Nun wünsche ich nichts, als daß meine Sachen schon in Ordnung wären, nur um wieder bey Dir zu seyn, Du kannst nicht glauben, wir mir die ganze Zeit[241] her die Zeit lang um Dich war! – Ich kann Dir meine Empfindung nicht erklären, es ist eine gewisse Leere – die mir halt wehe tut, – ein gewisses Sehnen, welches nie befriedigt wird, folglich nie aufhört – immer fortdauert, ja von Tag zu Tag wächst; – wenn ich denke, wie lustig und kindisch wir in Baden beysammen waren – und welch traurige, langweilige Stunden ich hier verlebe – es freuet mich auch meine Arbeit nicht, weil, gewohnt, bisweilen auszusetzen und mit Dir ein paar Worte zu sprechen, dieses Vergnügen nun leider eine Unmöglichkeit ist – gehe ich ans Klavier und singe etwas aus der Oper, so muß ich gleich aufhören – es macht mir zu viel Empfindung – Basta! – wenn diese Stunde meine Sache zu Ende ist, so bin ich schon die andere Stunde nicht mehr hier ...
Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 240-242.
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