Ankunft Mozarts in Wien

[128] Aus Mozarts Brief an seinen Vater;

Wien, am 17. März 1781


Mon trés cher amy!


Gestern als den 16ten bin ich Gott Lob und Dank ganz mutterseelenallein in einer Postchaise hier angekommen; kam Donnerstag, den 15ten müde wie ein Hund abends um 7 Uhr in St. Pölten an – legte mich bis 2 Uhr nachts schlafen und fuhr dann gerade bis nach Wien. – Dieses schreib ich – wo? im Meßmerischen Garten auf der Landstraße – ...

... Nun vom Erzbischof – ich hab ein charmantes Zimmer im nämlichen Hause, wo der Erzbischof logirt – Brunetti und Ceccarelli logiren in einem anderen Hause – che distinzione! – Mein Nachbar ist Herr v. Kleinmayern47 – welcher bey meiner Ankunft mich mit allen Höflichkeiten überhäufte – er ist auch in der Tat ein charmanter Mann – um 12 Uhr zu Mittage – leider für mich ein bischen zu frühe – da speisen die 2 Herrn Leib- und Seel-Kammerdiener, Herr Kontrolleur, Herr Zetti, der Zuckerbäcker, 2 Herrn Köche, Ceccarelli, Brunetti48 und – meine Wenigkeit – NB: die 2 Herrn Leibkammerdiener sitzen oben an – ich habe doch wenigstens die Ehre, vor den Köchen zu sitzen – Nu – ich denke halt – ich bin in Salzburg – bey Tische werden einfältige, [128] grobe Späße gemacht; mit mir macht keiner Späße, weil ich kein Wort rede und wenn ich was reden muß, so ist es allezeit mit der größten Seriosität – so wie ich abgespeist habe, so gehe ich meines Wegs. – Abends haben wir keine Tafel, sondern jeder bekommt 3 Dukaten – da kann einer weit springen. – Der Herr Erzbischof hat die Güte und gloriert sich mit seinen Leuten – raubt ihnen ihre Verdienste – und zahlt sie nicht davor – gestern um 4 Uhr haben wir schon Musik gehabt – da waren ganz gewiß 20 Personen von der größten Noblesse da – Ceccarelli hat schon beym Palfi singen müssen, – heute müssen wir zum Fürsten Gallizin – der gestern auch da war – itzt will ich nur abwarten, ob ich nichts bekomme; bekomme ich nichts, so gehe ich zum Erzbischof und sage es ihm ganz gerade – wenn er nicht will, daß ich was verdienen soll, so soll er mich bezahlen, daß ich nicht von meinem Gelde leben muß; – nun muß ich schließen ...

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 128-129.
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