Gesteigerte Gereiztheit Mozarts

[129] Aus Mozarts Brief an seinen Vater;

Wien, am 4. April 1781


Diesmal muß ich ganz kurz schreiben, aber Sonntag gehet Brunetti zurück und da werde ich Ihnen schon mehr schreiben können. –

Sie wollen wissen, was in Wien mit uns, aber hoffentlich eigentlich – mit mir vorgehet – denn die beyden andern zähle ich nicht zu mir. – Ich habe Ihnen schon letzthin geschrieben, daß mir der Erzbischof hier eine große Hinderniß ist, denn er ist mir wenigstens 100 Dukaten Schade, die ich ganz gewiß durch eine Accademie im Theater machen könnte – denn die Dames haben sich mir schon selbst angetragen, Billeters auszuteilen. – Gestern kann ich wohl sagen, daß ich mit dem Wiener Publikum recht zufrieden [129] war. – Ich spielte in der Accademie der Witwen im Kärntnerthor-Theater. – Ich mußte wieder neuerdings anfangen, weil des Applaudirens kein Ende war. – Was glauben Sie, wenn ich nun, da mich das Publikum einmal kennt, eine Accademie für mich gebe, was ich nicht da machen würde? – Allein unser Erzlümmel erlaubt es nicht – will nicht, daß seine Leute Profit haben sollen, sondern Schaden, – Doch dies kann er bey mir nicht zu Wege bringen; denn wenn ich hier 2 Skolaren habe, so stehe ich besser als in Salzburg – ich brauch sein Logis und seine Kost nicht – nun hören Sie; – Brunetti sagt heute beym Tisch, daß der Arco49 ihm vom Erzbischof aus gesagt hätte, er sollte uns sagen, daß wir das Dilligence-Geld bekommen werden und bis Sonntag abreisen sollten; – übrigens, wer noch bleiben wolle, o Vernunft! könne bleiben, doch müsse er auf seine Faust leben, er bekomme keine Tafel und kein Zimmer mehr von ihm aus. – Brunetti, qui ne demande pas mieux, leckte alle 10 Finger darnach; Ceccarelli, der gerne hier wäre, aber nicht so bekannt hier ist und den Gebrauch nicht so weiß wie ich, will poussiren, etwas zu bekommen, wo nicht, so geht er in Gottes Namen, denn er hat kein Logis und keine Tafel in ganz Wien, wo er nicht zahlen muß. – Als man mich fragte, was ich zu tun entschlossen wäre – antwortete ich: – ich ignorire noch bis dato, daß ich weg solle, denn bevor es mir Graf Arco nicht selbst sagt, so glaube ich es nicht – und ihm – werde ich mich dann schon entdecken. – schmecks. Benecke war dabey und schmunzelte; – O, ich will dem Erzbischof gewiß eine Nase drehen, daß es eine Freude seyn soll! – und mit der größten Politesse; – denn er kann mir nicht aus; – Genug, im zukünftigen Briefe werde ich Ihnen mehr davon schreiben können. [130] Seyen Sie versichert, daß, wenn ich nicht recht gut stehe, und meinen Vorteil nicht recht gut sehe – ich gewiß nicht hier bleibe. – Wenn ich aber das haben kann, was soll ich nicht davon profitieren? – Sie ziehen unterdessen 2 Besoldungen und haben mich aus dem Brot. – Bleib ich hier, so versichere ich Sie, daß ich Ihnen bald werde Geld nach Hause schicken können. – Ich rede im Ernst, und wo nicht, komme ich zurück. Nun adieu – nächstens mehr und alles ...

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 129-131.
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