Graf Arco verweigert die Annahme von Mozarts Entlassungsgesuch

[137] Aus Mozarts Brief an den Vater;

Wien, am 12. Mai 1781


... Ich gab den folgenden Tag dem Graf Arco eine Bittschrift, um sie S.H. Gnaden zu überreichen, und auch wieder das Reisegeld, welches in 15 fl. 40 x als das Diligence-Geld und 2 Dukaten Verzehrungsgeld besteht. – Er nahm mir beydes nicht an; sondern versicherte mich, daß ich gar nicht quittiren könnte, ohne Ihre Einwilligung zu haben, mein Vater. – Das ist[137] Ihre Schuldigkeit, sagte er mir; – Ich versicherte ihn gleichfalls, daß ich so gut als er und vielleicht besser meine Schuldigkeit gegen meinen Vater kenne – und es wäre mir sehr leid, wenn ich sie erst von ihm lernen müßte. – Gut also, sagte er; ist er damit zufrieden, so können Sie Ihre Entlassung begehren, wo nicht, so – können Sie sie – auch begehren. – Eine schöne Distinction! – Alles, was mir der Erzbischof in den drey Audienzen Erbauliches sagte, besonders in der letzten – und was mir itzt wieder dieser herrliche Mann Gottes Neues erzählte, machte eine so treffliche Wirkung auf meinen Körper, daß ich abends in der Opera mitten im ersten Akte nach Hause gehen mußte, um mich zu legen, – denn ich war ganz erhitzt – zitterte am ganzen Leibe – und taumelte wie ein Besoffener auf der Gasse – blieb auch den folgenden Tag, als gestern, zu Hause – den ganzen Vormittag aber im Bett, weil ich das Tamarindenwasser genommen. –

Der Herr Graf hatte auch die Gewogenheit, sehr viel Schönes an seinen Herrn Vater von mir zu schreiben, welches Sie vermutlich schon werden haben einschlucken müssen; – es werden freylich einige fabelhafte Stellen darin seyn – doch wen man eine Comödie schreibt, so muß man, wenn man Beyfall erhalten will, etwas utriren und nicht so genau der Wahrheit der Sache treu bleiben; – und Sie müssen auch der Dienstfertigkeit dieser Herrn etwas zu gute halten. –

Ich will nur, ohne mich zu beeifern, denn mir ist meine Gesundheit und mein Leben lieber – (ist mir leid genug, wenn ich dazu gezwungen bin) ich will also nur noch den Hauptvorwurf, den man mir über meine Bedienung machte, hersetzen. – Ich wußte nicht, daß ich Kammerdiener wäre, und das brach mir den Hals – ich hätte sollen alle Morgen so ein paar Stunden in der ante Camera verschleudern – [138] man hat mir freylich öfters gesagt, ich solle mich sehen lassen – ich konnte mich aber niemalen erinnern, daß dies mein Dienst seye, und kam nur allzeit richtig, wenn mich der Erzbischof rufen ließ. –

Nun will ich Ihnen nur kurz meinen unbeweglichen Entschluß vertrauen, so aber, daß es die ganze weite Welt hören mag; – wenn ich beym Erzbischof v. Salzburg 2000 fl. Gehalt bekommen kann, in einem andern Ort nur 1000 – so gehe ich doch in das andere Ort. – Denn für die andern 1000 fl. genieße ich meine Gesundheit und Zufriedenheit des Gemüts. – Ich hoffe also bey aller väterlichen Liebe, die Sie mir von Kindheit auf in so hohem Grade erwiesen haben und wofür ich Ihnen zeitlebens nicht genug dankbar seyn kann (am allerwenigsten aber in Salzburg), daß, wenn Sie Ihren Sohn gesund und vergnügt haben wollen, mir – von dieser ganzen Sache gar nichts zu schreiben und sie ganz in die tiefste Vergessenheit zu vergraben – denn, ein Wort davon wäre schon genug, um mir wieder neuerdings, und Ihnen selbst – gestehen Sie es nur – Ihnen selbst – Galle zu machen.

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 137-139.
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