Leopolds Dank an Baronin v. Waldstätten

[171] Brief Leopolds an die Baronin;

Salzburg, am 23. August 1782


Hochgeborene, gnädige Frau!


Danke Euer Hochgeboren verbindlichst für den besonderen Anteil, den dieselben an meinen Umständen nehmen, und sonderlich sage den verbindlichsten Dank für die außerordentliche Gnade, die Euer Hochgeb. für meinen Sohn hatte, seinen Hochzeitstag so kostbar zu verherrlichen. Als ich ein junger Bursche war, glaubte ich immer, daß diejenigen Philosophen wären, die wenig sprachen, selten lachten und gegen alle Welt eine mürrische Miene machten. Meine eigenen Begebenheiten aber haben mich nun vollkommen überzeugt, daß ich einer bin, ohne es selbst zu wissen; denn [171] da ich als ein wahrer Vater meine Schuldigkeit getan, – ihm in so vielen Briefen über alles die klaren und begreiflichsten Vorstellungen gemacht, – ich auch überzeugt bin, daß er meine mühsamen Umstände, meine bei einem solchen Alter höchst beschwerlichen Umstände kennt und meine Herabsetzungen in Salzburg einsieht, – da er weiß, daß ich sowohl im moralischen als physikalischen Verstande durch sein Betragen aufgeopfert bin, – so bleibt mir nichts anderes übrig, als (da er so wollte) sich selbst zu überlassen und Gott zu bitten, daß er ihm meinen väterlichen Segen angedeihen lassen und ihm seine göttliche Gnade nicht entziehe. Ich aber werde meine mir angeborene noch bei diesen Jahren übrige Munterkeit nicht verlieren, sondern immerhin das Beste hoffen. – ja ich würde ganz beruhigt seyn, wenn ich nur nicht bey meinem Sohn einen Hauptfehler entdeckte, und dieser ist, daß er gar zu geduldig und schläferig, zu bequem, vielleicht manchmal zu stolz, und wie Sie dies alles zusammen taufen wollen, womit der Mensch ohntätig wird: oder er ist zu ungeduldig, zu hitzig und kann nichts abwarten. Es sind zween einander entgegen stehende Sätze, die ihn beherrschen – zu viel oder zu wenig und keine Mittelstraße. Wenn er keinen Mangel hat, dann ist er allsogleich zu frieden und wird bequem und ohntätig. Muß er sich in die Aktivität setzen, dann fühlt er sich und will allsogleich sein Glück machen. Nichts soll ihm im Weg stehen: und, leyder, werden eben nur den geschicktesten Leuten, den besondern Genies die meisten Hindernisse in den Weg gelegt. Wer steht ihm in Wien im Wege, seine angetretene Laufbahn fortzugehn, wenn er wenig Geduld hat? – – Kapellmeister Bono ist ein uralter Mann, – Salieri rückt nach dessen Tod vor und macht einem andern Platz, und ist nicht Gluck auch ein alter Mann?! – Gnädige [172] Frau! Sprechen Sie ihm Geduld ein und erlauben Sie, daß ich mir die Gnade ausbitten darf, Euer Hochgeborne Meinung hierüber zu vernehmen. – Meine Tochter empfehlt sich zu Gnaden und wünscht samt mir, so glücklich zu seyn, Euer Hochgeboren die Hände küssen zu können. Sie ist sehr gerührt, ohne alle ihre Verdienste eines Andenkens von Euer Hochgeboren gewürdigt zu werden. O wären wir doch von Wien nicht so weit entfernt! Ich wünschte mit Euer Freyh. Gnaden eine Menge zu plaudern, – – und wenn wir erst in die Musik uns vertieften! – Hoffnung! Du einziger Trost unserer Wünsche beruhige mein Gemüt! – Vielleicht bin ich noch so glücklich, Euer Freyh. Gnaden nicht nur meiner zwar nicht vermögender, doch von Herzen wahren Freundschaft, sondern auch meiner innigsten Hochachtung und Ehrfurcht mündlich seinerzeit versichern zu können, da ich in der Tat bin


Euer Hochgeboren

untert. gehors. Diener

Leopold Mozart.


Salzburg, d. 23. Aug.

1782.


Mein Sohn schrieb mir vormals, daß er, sobald er sich verheyraten werde, nicht bey der Mutter wohnen wolle. Ich hoffe, er werde dieses Haus auch wirklich verlassen haben. Ist es nicht geschehen, so ist es sein und seiner Frau Unglück.

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 171-173.
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