Sehnsucht nach Konstanze

[223] Aus Mozarts Briefen an seine Gattin; Dresden, am 13. und 16. April 1789 Liebstes Weibchen, hätte ich doch auch schon einen Brief von Dir! – wenn ich Dir alles erzählen wollte, was ich mit Deinem Portrait anfange, würdest Du wohl oft lachen – zum Beyspiel, wenn ich es aus seinem Arrest herausnehme, so sage grüß Dich Gott Stanzerl! – grüß Dich Gott Spitzbub – Krallerballer – Spitzignas – Bagatellerl – schluck und druck! und wenn ich es wieder hineintue, so lasse ich es nach und nach hineinrutschen und sage immer Nu – Nu – Nu! aber mit dem gewissen Nachdruck, den dieses so viel bedeutende Wort erfordert und bey dem letzten schnell, gute Nacht Mauserl, schlaf gesund; – Nun glaube ich so ziemlich was Dummes (für die Welt wenigstens) hingeschrieben zu haben, für uns aber, die wir uns so innig lieben, ist es gerade nicht dumm. Heute ist der [223] 6te Tag, daß ich von Dir weg bin, und bey Gott, mir scheint es schon ein Jahr zu seyn.
* ... Nun kömmt der glücklichste Augenblick für mich; ich finde einen so lange mit heißer Sehnsucht gewunschenen Brief von Dir, Liebste, Beste! – Duschek und Neumanns102 waren wie gewöhnlich da, ich ging gleich im Triumphe in mein Zimmer, küßte den Brief unzähligemale, ehe ich ihn erbrach, dann – verschlang ich ihn mehr, als ich ihn las. – Ich blieb lange in meinem Zimmer; denn ich konnte ihn nicht oft genug lesen, nicht oft genug küssen. Als ich wieder zur Gesellschaft kam, fragten mich Neumanns, ob ich einen Brief erhalten hätte, und auf meine Bejahung gratulierten sie mir alle herzlich dazu, weil ich täglich darüber klagte, daß ich noch keine Nachricht hätte ...
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Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 223-224.
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